De Nederlandsche Bank (DNB), die Zentralbank der Niederlande, meldete am 21. November, sie habe 122,5 Tonnen Gold, das bisher in New York von der dortigen Federal Reserve verwahrt wurde, nach Amsterdam verlegt. Damit lagern jetzt nicht, wie bisher, 51 Prozent, sondern nur noch 31 Prozent der niederländischen Goldreserven von insgesamt 612,5 Tonnen in New York. Die Goldquote im heimischen Amsterdam erhöhte sich dadurch von elf auf ebenfalls 31 Prozent. Den Rest lässt die DNB vorerst weiter in Ottawa von der Bank of Canada (20 Prozent) verwahren und in London von der Bank of England (18 Prozent).
Die DNB begründete ihr Vorgehen damit, dass sie die Reserven gleichmäßiger auf ihre Lagerstätten verteilen wolle. Einen höheren Anteil der Goldreserven im eigenen Land zu halten dürfte zudem einen positiven Effekt auf das Vertrauen der heimischen Öffentlichkeit haben, so die DNB. Mit dieser Argumentation schließen sich die niederländischen Notenbanker weitgehend ihren deutschen Kollegen bei der Bundesbank an. Auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, der Gold einen zeitlosen Klassiker in seiner Funktion als Tausch-, Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel nennt, sieht in dem 2013 angelaufenen Teilabzug des deutschen Goldes aus New York eine Maßnahme zur Vertrauensbildung im Inland.
Die wichtigsten Fakten zu Gold
Die gesamte Goldnachfrage im zweiten Quartal 2014 betrug 963.8 Tonnen. Damit ist die Nachfrage um 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Q2'13: 1,148.3) gefallen.
Quelle: World Gold Council
Die weltweite Nachfrage nach Schmuck betrug im zweiten Quartal 2014 insgesamt 509.6 Tonnen und ist damit um 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Q2'13: 726.7) gefallen.
Die Nachfrage des Technologiesektors belief sich im zweiten Quartal 2014 auf 101 Tonnen und blieb damit, verglichen mit den 103.8 Tonnen im zweiten Quartal 2013, nahezu unverändert.
Die Nachfrage nach Goldbarren und -münzen im zweiten Quartal 2014 deutlich gesunken – auf 275.3 Tonnen. Ein Minus von 56 Prozent im Vergleich zu 2013 (Q2: 627.9).
Dass die Gesamtnachfrage nach Gold im zweiten Quartal 2014 um 16 Prozent zurückging, ist vor allem auf die Abflüsse aus Gold-EFTs zurückzuführen, die sich auf insgesamt auf 39.9 Tonnen beliefen. 2013 waren das im zweiten Quartal noch 402.2 Tonnen.
Die Nettoeinkäufe von Zentralbanken betrugen 117.8 Tonnen. Dies entspricht einem Anstieg von 28 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal (92.1 Tonnen).
Die Goldnachfrage im Investment belief sich im zweiten Quartal 2014 auf 235.4 Tonnen. Das ist eine minimale Steigerung von vier Prozent, im Vorjahresquartal waren es 225.7 Tonnen.
Umgekehrt lässt sich diese Maßnahme auch als Misstrauensvotum gegenüber dem System der Federal Reserve auslegen. Immerhin ist die Fed New York keine Bundesbehörde der USA, sondern befindet sich formal seit ihrer Gründung 1913 im Besitz von Privatbanken. So gesehen sind die Goldreserven der Niederlande jetzt nur noch zu 31 Prozent dem Risiko des US-Bankensystems ausgesetzt.
Die Bundesbank will insgesamt 300 Tonnen Gold aus New York nach Frankfurt überführen. Für den Transport hat sie sich ein Zeitfenster bis 2020 offen gelassen. Im vergangenen Jahr sind die ersten fünf Tonnen aus New York in Frankfurt eingetroffen. Im Februar dieses Jahres stellte Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele für 2014 die Verlagerung von weiteren 30 bis 50 Tonnen aus New York nach Frankfurt in Aussicht. Trotz der jüngst anderslautenden Meldungen sei dieser Fahrplan weiter aktuell, sagt die Bundesbank auf Nachfrage von wiwo.de. Anfang 2015 werde sie die genauen Mengen veröffentlichen.
Somit dürften aktuell noch zwischen 1481 und 1501 Tonnen, also etwa 44 Prozent des insgesamt 3384,2 Tonnen schweren deutschen Goldschatzes von der New Yorker Fed verwahrt werden. Hält die Bundesbank Wort, dann reduzierte sich dieser Anteil bis 2020 auf unter 37 Prozent. Gut die Hälfte lagerte dann in Frankfurt und der Rest in London.
Ihren Bestand in der Londoner City, dem weltweit wichtigsten Handelsplatz für physisches Gold, hatte die Bundesbank schon 2000 und 2001 von vormals 1440 auf 500 Tonnen reduziert – um Lagerkosten zu sparen, so die offizielle Begründung. Während die Bundesbank für die Verwahrung in New York nichts bezahlen muss, verlangt die Bank of England 0,035 Pfund Sterling pro Barren und Nacht. Auch die jährlichen Verkäufe an das Bundesfinanzministerium zur Prägung von Goldmünzen wickelt die Bundesbank seit 2007 über London ab. Deshalb hat sich der Bestand dort weiter reduziert auf aktuell unter 440 Tonnen oder rund 13 Prozent der Gesamtreserven.
Mit der Repatriierungsaktion aus London füllte die Bundesbank ganz lautlos und diskret die Tresorräume in der Frankfurter Zentrale. Dokumentiert und inventarisiert sollten dort inzwischen mehr als 1100 Tonnen oder rund ein Drittel des Goldschatzes lagern. Vor über zehn Jahren waren es zeitweise weniger als fünf Prozent.
Ganz verabschieden will sich die Bundesbank bis 2020 gar aus Paris. Bei der Banque de France (BdF) lagerten Ende 2013 nach dem Abzug von 32 Tonnen noch etwa 342 Tonnen oder zehn Prozent der deutschen Goldreserven.
Kaum noch Gründe für die Verwahrung nationaler Goldreserven im Ausland
Die Aufbewahrung im Ausland habe sich „historisch und marktbedingt so ergeben“, weil das Gold an diesen Handelsplätzen einst an die Bundesbank übertragen wurde, sagt die Bundesbank. Doch der Kalte Krieg ist vorbei – er kehrt hoffentlich durch die Ukraine-Krise nicht wieder zurück – und mit Gold werden keine Forderungen unter Notenbanken mehr beglichen. Dieser Mechanismus zum Ausgleich von Ungleichgewichten der Zahlungsbilanzen endete 1973, als die USA den Gold-Devisen-Standard von Bretton Woods aufkündigten. Warum also nicht das Gold, das Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg dank seiner hohen Exportüberschüsse angehäuft hat, nach Deutschland zurückholen? Sicher ist sicher.
Darauf reagierte die Bundesbank in der Vergangenheit immer mal wieder anders. Lange hieß es, das Gold bleibe im Ausland, solange die Lagerung dort kostengünstiger sei als der Transport nach Deutschland und der Bau zusätzlicher Tresoranlagen. Dann wieder betonte die Bundesbank, dass die Goldbestände ihre Funktion als Währungsreserven besser erfüllen könnten, wenn sie im Bedarfsfall ohne logistische Einschränkungen in gängige Reservewährung eingetauscht werden können. Im Falle einer Währungskrise könnte etwa das Gold in New York und London rasch in Dollar oder Pfund Sterling getauscht werden.
Diese Argument zieht für Paris seit Einführung des Euro nicht mehr. Also gibt es auch keinen zwingenden Grund mehr für eine Lagerung in Frankreich.
Zudem dürfte es in Frankreich nur noch eine Frage der Zeit sein, bis der hilflose Staatspräsident François Hollande und seine Regierung das Handtuch werfen. In den Startlöchern steht der in Umfragen führende rechtsextreme und EU-feindliche Front National (FN). Ausgerechnet dessen Parteichefin Marine Le Pen fordert jetzt von der Banque de France die Rückführung der französischen Goldreserven aus dem Ausland. Das ist erstaunlich. Entweder schlachtet Le Pen das Thema Goldreserven plump nationalistisch aus oder sie weiß mehr als der Rest der Welt. Denn der ging bisher davon aus, dass das gesamte französische Gold seit der Rückholaktion von Charles de Gaulle, der es nicht „dem Zugriff einer fremden Macht preisgegeben“ wollte, schon seit Jahrzehnten ausschließlich in Frankreich verwahrt wird. Aktuell meldet Frankreich Goldreserven von 2435,4 Tonnen.
Wie Anleger die Geldanlage Gold beurteilen
Die deutliche Mehrheit – 76 Prozent – der Bürger ist der Meinung, dass Gold eine gute Ergänzung zu anderen Geldanlagen ist.
68 Prozent halten Gold für eine sichere Geldanlage.
58 Prozent finden, dass Gold für risikoscheue Anleger geeignet ist.
Der Aussage 'Gold ist zur Zeit eine lohnende Anlage, weil die Kurse steigen werden' stimmt knapp jeder zweite Bürger zu.
Gründe für die Umlagerung der nationalen Goldreserven gibt es also verschiedene, aber hinter der Entscheidung der Bundesbank und der DNB verbirgt sich auch eine ziemlich eindeutige Botschaft, die genauso für Privatanleger gilt: Wer einen Teil seines Geldes in Gold anlegen will, sollte es physisch besitzen und möglichst dort aufbewahren, wo es am wenigsten wahrscheinlich ist, dass es ihm weggenommen wird. Nur bares Gold ist wahres Gold.
Weitere Botschaft: Innerhalb des westlichen Teils des Zentralbankensystems werden Risse sichtbar. Die Notenbanken großer Schwellenländer trauen diesem schon lange nicht mehr und setzen verstärkt auf Gold. Offiziell wird das niemand einräumen, aber zugespitzt könnte man die Entscheidungen von Bundesbank und DNB nicht nur als Protest gegenüber den geldpolitischen Praktiken von Fed, Bank of England und Bank of Japan interpretieren, sondern auch gegenüber jenen der Europäischen Zentralbank (EZB).
Sicher: Die Goldbeschlüsse der Bundesbank wurden gefasst, als von Negativzinsen und europäischen Staatsanleihe-Kaufprogrammen noch keine Rede war. Trotzdem dürfte man bei der Bundesbank geahnt haben, was kommt. Mit der Einführung negativer Einlagenzinsen dürfte die EZB nun auch bei deutschen Sparern ihren Kredit endgültig verspielt haben. Weil das so natürlich alles nicht abgemacht war und aus Berlin kaum mehr mit Unterstützung zu rechnen ist, begibt sich die Bundesbank in eine Art innere Emigration. Um aber ihr wichtigstes Gut, das Vertrauen der Bundesbürger, nicht zu verspielen, wird sie weitere Mengen Gold nach Deutschland bringen. Denn wenn das System zusammenbricht, würde ihr das Gold im eigenen Tresor womöglich den Aufbau einer neuen Währung erleichtern.
Gold-Referendum in der Schweiz steht an
Aber nicht nur die EZB gerät mit ihrer Geldpolitik immer mehr zwischen die politischen Fronten. Auch in der Schweiz steht die Notenbank am Pranger. Am Sonntag entscheiden die Eidgenossen in einer Volksabstimmung über die Neuausrichtung des Mandats der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Stimmt landesweit (Volksmehr) und in mindestens der Hälfte der 26 Kantone (Ständemehr) die Mehrheit für die sogenannte „Goldinitiative“, dann darf die SNB in Zukunft kein Gold mehr verkaufen, muss sämtliche Goldreserven im eigenen Land verwahren und ist verpflichtet, stets mindestens 20 Prozent ihrer Aktiva in Gold vorzuhalten. Auch die Schweiz müsste dann Goldreserven, die heute Kanada und Großbritannien lagern, in die Heimat bringen.
Faktisch bedeutete ein „Ja“ der Schweizer zum Gold die Rückkehr zu einer teilweisen Golddeckung des Schweizer Franken. Was hierzulande kaum noch jemand weiß: Bis 1999 musste der Franken noch zu mindestens 40 Prozent mit Gold unterlegt sein. So stand es in der Verfassung. Weil die SNB ihre Goldbestände damals noch weit unter dem Marktwert bilanzierte, war der Franken faktisch gar voll durch Goldreserven gedeckt. Darum galt der Franken auch als sicherste Währung der Welt.
Doch die Goldmenge der Schweiz schmolz seit Aufgabe der Golddeckung von 2600 auf aktuell 1040 Tonnen zusammen. Diese Menge bilanzierte die SNB zuletzt mit 38,9 Milliarden Franken. Gemessen an ihrer Bilanzsumme von 522 Milliarden Franken liegt die Goldquote aktuell also bei etwa 7,5 Prozent. Sagen die Schweizer „Ja“, müsste die SNB also Gold für 65,5 Milliarden Franken kaufen. Das entspricht einer Goldmenge von 1500 Tonnen oder 57,3 Millionen Unzen und wären gut 58 Prozent des 2013 weltweit geförderten Goldes. Das ist kein Pappenstiel, selbst wenn der SNB für die Zukäufe fünf Jahre Zeit eingeräumt werden.
Seit dem 6. September 2011 darf der Euro zum Franken nicht mehr unter 1,20 Franken fallen. Diesen Mindestkurs verteidigt die SNB seither durch den Aufkauf von Euroanlagen. Mit einer Bilanzsumme, die inzwischen auf 82 Prozent der heimischen Wirtschaftsleistung angeschwollen ist, stellt die SNB alle anderen Notenbanken, die ebenfalls eine unorthodoxe Geldpolitik betreiben, weit in den Schatten. Selbst die „extremistische“ Bank of Japan bringt es nur auf etwas mehr als 40 Prozent des Wirtschaftsleistung.
Mit dem Mindestkursziel haben die Schweizer ihre Geldpolitik faktisch auf die EZB übertragen. Mit der Anbindung an den Euro hat die SNB den Franken über Nacht zu einem derivativen Instrument des Euro gemacht – ohne die Schweizer Bevölkerung zu fragen. Das Referendum am Sonntag holt das nach.
Die Schweiz ist ein Nettoimporteur von Waren und Dienstleistungen aus der Europäischen Union und verfügt nicht über ein ausreichend hohes Exportvolumen, um die negativen Auswirkungen der Bindung des Franken an den Euro auf die Kaufkraft der Bürger zu kompensieren. Die Kaufkraftverluste sind seit der Anbindung an den Euro gewaltig. In einer direkten Demokratie wie der Schweiz aber kann auch eine fehlgeleitete Geldpolitik gestoppt werden.
Die Initiative sei „brandgefährlich“ und ein „fataler Denkfehler“, stellten Politiker, aber auch SNB-Präsident Thomas Jordan fest. Doch selbst die SNB räumt ein, dass auch der Schweizer Franken in den vergangenen 100 Jahren etwa 90 Prozent seiner ursprünglichen Kaufkraft verloren hat. So gefährlich wie die eigene Notenbank kann die Goldinitiative für die Schweiz also nicht sein. Eine Erkenntnis, die sich auch in anderen Ländern durchsetzen könnte.