Pünktlich zum Start in die Weihnachtswoche ist der Ölpreis auf den niedrigsten Stand seit elf Jahren gefallen. Im Moment spiegelt sich das auch an der Tankstelle wider, Autos lassen sich so günstig betanken wie seit vielen Jahren nicht mehr. Angesichts der Weihnachtsfeiertage und den damit verbundenen Familienbesuche fürchten viele allerdings, dass die Preise in den nächsten Tagen wieder kräftig steigen.
Tatsächlich könnten die Preise auch über die Weihnachtstage schwanken - aber nicht anders als sonst. Warum ist das so?
Grundsätzlich begünstigt der niedrige Ölpreis indirekt auch die Benzinpreise. Ein Barrell der Nordseesorte Brent kostete am Dienstag nur knapp 36,50 Dollar, erst am Montag war der Preis um bis zu 70 Cent auf 36,17 Dollar gefallen - den niedrigsten Preis seit 2004. Auch die US-Leichtölsorte WTI kostet derzeit nur rund 34,60 Dollar. Auslöser für den neuen Kursrutsch sind die erneut zunehmenden Ölbohrungen in den USA. Sie erhöhen das am Weltmarkt verfügbare Öl, das ohnehin vorhandene Überangebot wird gesteigert.
Seit Monaten kämpfen die Ölhändler um ihre Marktanteile. Dabei versuchen vor allem die klassischen Ölförderländer wie Saudi-Arabien die Schieferölproduzenten aus den USA, deren Produktionskosten deutlich höher sind, vom Markt zu drängen. Diese Preiskämpfe dürften laut Marktbeobachtern auch im nächsten Jahr anhalten, die Analysten von Goldman Sachs halten für 2016 einen Preis von nur 20 Dollar je Barrell WTI-Öl für möglich.
Sorge um die Weltwirtschaft
Der niedrige Ölpreis ist Freud und Leid zugleich. Börsenhändler betrachten ihn zunehmend mit Sorge, deutet doch das Überangebot auf eine sich abschwächende Weltwirtschaft hin. Verbraucher dagegen können sich nicht beklagen, für sie ist der niedrige Preis ein zusätzliches Weihnachtsgeschenk. Nicht nur Heizöl ist billig, vor allem die niedrigen Benzinpreise machen das Autofahren derzeit erträglich. Laut dem Vergleichsportal clever-tanken.de lagen die durchschnittlichen Preise für Diesel am Montag in den 100 größten Städten Deutschlands zwischen etwas mehr als 1,04 Euro und unter einem Euro. Bei Benzin rangierten die Preise zwischen 1,28 Euro je Liter und unter 1,24 Euro je Liter - je nach Tageszeit.
Die befürchtete Preissteigerung pünktlich zu Weihnachten dürfte kommen - aber die Preise am Benzinmarkt sind mittlerweile so volatil, dass sie jeden Tag steigen und fallen, nicht nur an Feiertagen. "Eine statistisch relevante Preissteigerung bei den Durchschnittspreisen ist nicht zu erwarten", sagt Steffen Bock von clever-tanken.de. Dennoch rechnet er mit einzelnen Preiserhöhungen zu Zeiten, zu denen viele Weihnachtsbesucher unterwegs sind.
Kampf um jeden Autofahrer
Die Tankstellenbetreiber erklären die täglich schwankenden Preise mit dem hohen Wettbewerb in der Branche. Der Absatz habe zwar abgenommen, die Zahl der Tankstellen aber nicht, erklärt ein Aral-Sprecher gegenüber WirtschaftsWoche Online. Es komme daher im Laufe jedes Tages zu Preisschwankungen. Fallen die Preise im Tagesverlauf und ein Wettbewerber erhöht die Preise, dann zieht die Konkurrenz eben nach.
Aber: "Es gab in der Vergangenheit keine ferienbedingten Preisaufschläge", erklärt der Aral-Sprecher. Zu zukünftigen Preisentwicklungen dürfe er sich allerdings nicht äußern.
"Wir erhöhen wegen Weihnachten nicht den Benzinpreis", erklärt auch Wettbewerber Total. Man gehe davon aus, dass sich die üblichen Schwankungen noch lange fortsetzen werden.
Für Verbraucher kommt es damit - wie an allen anderen Tagen auch - vor allem darauf an, zu welcher Tageszeit sie die Tankstelle ansteuern. "Normalerweise ist es immer noch am Nachmittag am billigsten", sagt Bock. Zu Preisrunden seitens der Tankstellenbetreiber käme es dagegen eher abends. Neuerdings sehen Beobachter am Benzinmarkt auch zunehmend eine "Mittagsbeule", also kollektive Preiserhöhungen ab 12 Uhr mittags. Bock rät Autofahrern dazu, schon vor den Feiertagen den Tank aufzufüllen.