Niedriger Ölpreis Bleibt tanken über Weihnachten so günstig?

Der Ölpreis ist auf den niedrigsten Stand seit elf Jahren gefallen, davon profitieren vor allem Autofahrer. Vor den Festtagen bezweifeln allerdings viele Verbraucher, ob der Preis tatsächlich niedrig bleibt. Zu recht?

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Niedrige Benzinpreise erfreuen die Autofahrer. Quelle: dpa

Pünktlich zum Start in die Weihnachtswoche ist der Ölpreis auf den niedrigsten Stand seit elf Jahren gefallen. Im Moment spiegelt sich das auch an der Tankstelle wider, Autos lassen sich so günstig betanken wie seit vielen Jahren nicht mehr. Angesichts der Weihnachtsfeiertage und den damit verbundenen Familienbesuche fürchten viele allerdings, dass die Preise in den nächsten Tagen wieder kräftig steigen.

Tatsächlich könnten die Preise auch über die Weihnachtstage schwanken - aber nicht anders als sonst. Warum ist das so?

Grundsätzlich begünstigt der niedrige Ölpreis indirekt auch die Benzinpreise. Ein Barrell der Nordseesorte Brent kostete am Dienstag nur knapp 36,50 Dollar, erst am Montag war der Preis um bis zu 70 Cent auf 36,17 Dollar gefallen - den niedrigsten Preis seit 2004. Auch die US-Leichtölsorte WTI kostet derzeit nur rund 34,60 Dollar. Auslöser für den neuen Kursrutsch sind die erneut zunehmenden Ölbohrungen in den USA. Sie erhöhen das am Weltmarkt verfügbare Öl, das ohnehin vorhandene Überangebot wird gesteigert.

Diese Produkte müssten billiger sein
Öl ist momentan so billig wie lange nicht. Zwar hat sich der Preis zuletzt etwas stabilisiert, im vergangenen Jahr im Juni war Öl aber noch rund 40 Prozent teurer. Quelle: dpa
An der Tankstelle hat sich der Preissturzes beim Öl bereits ausgewirkt, Diesel und Benzin sind deutlich günstiger geworden. Allerdings nicht so stark wie es möglich gewesen wäre... Quelle: dpa
Die Verbraucherzentrale hat eine Studie in Auftrag gegeben, um zu untersuchen, wie stark Verbraucher von den niedrigeren Ölpreise profitiert haben. Ergebnis: Bei vielen Produkte war der Effekt gering. „Allein an der Tankstelle und beim Heizen hätte ein durchschnittlicher Haushalt etwa 15 Euro im Monat sparen können, wenn die gesunkenen Rohstoffpreise vollständig weitergegeben worden wären“, sagt Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale Bundesverband. Und auch bei anderen Produkten kam vom Ölpreissturz nur wenig bei Verbrauchern an. Quelle: dpa
Der Preis für einen Liter Bier hätte zum Beispiel zwischen Januar 2014 und Januar 2015 um 14 Cent sinken können, hat das Hamburger Forschungsbüro Energy Comment, das die Studie für die Verbraucherzentrale erstellt hat, berechnet. In Wirklichkeit stieg der Preis für Bier in diesem Zeitraum sogar. Quelle: dpa
Uncle Ben’s Express Nasi Goreng (Mars) Quelle: AP
Bei Laptops, die meistens in Asien gefertigt werden, sollten sich eigentlich auch die niedrigeren Transportkosten bemerkbar machen: Um 1,68 Euro hätte der durchschnittliche Preis für einen Laptop laut Verbraucherzentrale sinken sollen. Quelle: dpa
Eine 1,5 Kilogramm-Packung Teelichter hätte 29 Cent billiger sein können. Auf den ersten Blick sind das zwar nur kleine Beträge, auf ein Jahr gesehen können sie aber trotzdem einen Unterschied machen. „2014 sind dadurch ungerechtfertigte Mehrkosten von rund 100 Euro pro Haushalt entstanden“, sagt etwa Nicole Maisch, verbraucherpolitische Sprecherin der Grünen. Quelle: dpa

Seit Monaten kämpfen die Ölhändler um ihre Marktanteile. Dabei versuchen vor allem die klassischen Ölförderländer wie Saudi-Arabien die Schieferölproduzenten aus den USA, deren Produktionskosten deutlich höher sind, vom Markt zu drängen. Diese Preiskämpfe dürften laut Marktbeobachtern auch im nächsten Jahr anhalten, die Analysten von Goldman Sachs halten für 2016 einen Preis von nur 20 Dollar je Barrell WTI-Öl für möglich.

Sorge um die Weltwirtschaft

Der niedrige Ölpreis ist Freud und Leid zugleich. Börsenhändler betrachten ihn zunehmend mit Sorge, deutet doch das Überangebot auf eine sich abschwächende Weltwirtschaft hin. Verbraucher dagegen können sich nicht beklagen, für sie ist der niedrige Preis ein zusätzliches Weihnachtsgeschenk. Nicht nur Heizöl ist billig, vor allem die niedrigen Benzinpreise machen das Autofahren derzeit erträglich. Laut dem Vergleichsportal clever-tanken.de lagen die durchschnittlichen Preise für Diesel am Montag in den 100 größten Städten Deutschlands zwischen etwas mehr als 1,04 Euro und unter einem Euro. Bei Benzin rangierten die Preise zwischen 1,28 Euro je Liter und unter 1,24 Euro je Liter - je nach Tageszeit.

Wer vom billigen Öl profitiert – und wer verliert
Jemand arbeitet an einer Tragfläche eines Flugzeugs Quelle: PR
Autos Quelle: AP
Jemand greift nach Körperpflegeprodukten in einem Regal Quelle: REUTERS
Containerschiff Quelle: dpa
Lastwagen der Deutschen Post Quelle: dpa
Packungen mit Medikamenten Quelle: dpa
Anlage mit Tank, auf dem BASF steht Quelle: dpa

Die befürchtete Preissteigerung pünktlich zu Weihnachten dürfte kommen - aber die Preise am Benzinmarkt sind mittlerweile so volatil, dass sie jeden Tag steigen und fallen, nicht nur an Feiertagen. "Eine statistisch relevante Preissteigerung bei den Durchschnittspreisen ist nicht zu erwarten", sagt Steffen Bock von clever-tanken.de. Dennoch rechnet er mit einzelnen Preiserhöhungen zu Zeiten, zu denen viele Weihnachtsbesucher unterwegs sind.

Kampf um jeden Autofahrer

Die Tankstellenbetreiber erklären die täglich schwankenden Preise mit dem hohen Wettbewerb in der Branche. Der Absatz habe zwar abgenommen, die Zahl der Tankstellen aber nicht, erklärt ein Aral-Sprecher gegenüber WirtschaftsWoche Online. Es komme daher im Laufe jedes Tages zu Preisschwankungen. Fallen die Preise im Tagesverlauf und ein Wettbewerber erhöht die Preise, dann zieht die Konkurrenz eben nach.

Aber: "Es gab in der Vergangenheit keine ferienbedingten Preisaufschläge", erklärt der Aral-Sprecher. Zu zukünftigen Preisentwicklungen dürfe er sich allerdings nicht äußern.

"Wir erhöhen wegen Weihnachten nicht den Benzinpreis", erklärt auch Wettbewerber Total. Man gehe davon aus, dass sich die üblichen Schwankungen noch lange fortsetzen werden.

Für Verbraucher kommt es damit - wie an allen anderen Tagen auch - vor allem darauf an, zu welcher Tageszeit sie die Tankstelle ansteuern. "Normalerweise ist es immer noch am Nachmittag am billigsten", sagt Bock. Zu Preisrunden seitens der Tankstellenbetreiber käme es dagegen eher abends. Neuerdings sehen Beobachter am Benzinmarkt auch zunehmend eine "Mittagsbeule", also kollektive Preiserhöhungen ab 12 Uhr mittags. Bock rät Autofahrern dazu, schon vor den Feiertagen den Tank aufzufüllen.

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