Null-Komma-Nix Zinsen Das Tagesgeld-Dilemma

Die Zeiten für Tagesgeld-Anleger sind katastrophal, einige Banken zahlen sogar gar keine Zinsen mehr. Wie Anleger dennoch die besten Angebote finden und was dabei zu beachten ist.

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Viele Banken zahlen ihren Sparern gar keine Zinsen mehr aufs Tagesgeld. Quelle: Fotolia

Sparer in Deutschland sind Sicherheitsfanatiker. Am deutlichsten zeigt sich das zurzeit beim Tagesgeld. Denn obwohl die Zinsen immer weiter sinken und für Anleger dort kaum noch was zu holen ist, setzen Sparer immer stärker auf kurzfristige Geldanlagen. Eine aktuelle Erhebung der Bundesbank ergibt, dass die privaten Haushalte in Deutschland im ersten Quartal dieses Jahres noch mehr Vermögen in bar oder als Sichteinlagen halten als zuvor. Denn die Euro-Schuldenkrise hat viele Sparer stark verunsichert, deshalb ziehen sie ihr Geld aus langfristigen Sparanlagen wie Sparbriefen ab und stecken es lieber in Sparanlagen, bei denen das Geld weniger langfristig gebunden ist, wie beispielsweise Tagesgeldkonten.

Schön und gut, aber das Dilemma, welches Sparer damit eingehen, ist frappierend. Denn wer sein Geld auf Tagesgeldkonten parkt, bekommt nur noch Mini-Zinsen. Neueste Untersuchungen zeigen sogar, dass viele Geldinstitute ihren Sparern gar keine Zinsen mehr auf die kurzfristig verfügbaren Einlagen zahlen. Insbesondere Sparkassen und Volksbanken gehören demnach zu den Zins-Verweigerern. Null-Komma-Null Zinsen. Das heißt, Anleger werden mittlerweile für ihre Sparbemühungen bestraft. Denn nach Abzug der Inflationsrate ergeben sich Verluste. Das Problem: Ganz ohne kurzfristig verfügbares Geld kommt auch kein Anleger aus, denn tritt einmal ein Notfall ein, beispielsweise ein kaputtes Auto, und das Geld ist auf einem Festgeldkonto langfristig gebunden, muss im Zweifel der Dispo ausgenutzt werden oder ein neuer Kredit her. Das ist noch teurer als die Mini-Zinsen beim Tagesgeld. Also bleibt nur, aus der derzeitigen Malaise beim Tagesgeld das beste zu machen.

Hoffnung für Sparer gibt es nicht, denn beim Tagesgeld ist der Spielraum für Banken nicht besonders groß. Ausschlaggebend für die Zinsen, die die Geldinstitute ihren Kunden zahlen, ist die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Die hält zurzeit nicht nur die Leitzinsen auf einem Rekordtief von 0,5 Prozent. Auch der für Tagesgeldzinsen noch wichtigere Spitzenrefinanzierungssatz liegt nur noch bei einem Prozent. Diesen Satz zahlen Geschäftsbanken, wenn sie sich kurzfristig über Nacht Geld bei der EZB beschaffen. Entsprechend gilt der Zins als eigentliche Obergrenze für Zinsen auf Tagesgeld. Senkt die Notenbank den Spitzenrefinanzierungssatz oder auch den Leitzins, steigt auch der Druck auf Banken und Sparkassen, ihre Tagesgeldzinsen weiter zu senken.

Lang, länger, Zinstal

Entsprechend ist in der Tagesgeld-Welt kaum Besserung in Sicht. Denn nach der EZB-Ratssitzung vor rund vier Wochen verkündete EZB-Chef Mario Draghi, der Leitzins werde für eine längere Zeit niedrig bleiben. Es könnte also sein, dass die Zinsen noch weiter sinken, nur steigende Zinsen sind für die nächste Zeit erst mal ausgeschlossen. Wie lange genau dieses Tal der Zinstränen noch anhalten könnte, dazu wollte sich Draghi nicht äußern. Anleger dürfen gespannt sein, ob es nach der nächsten Ratssitzung am Donnerstag neue Hinweise gibt.

Anleger müssen flexibel sein

Die wichtigsten Fakten zum Tagesgeld
Tagesgeld gehört bei deutschen Sparern zu einer der beliebtesten Geldanlagen, schließlich gilt es als eine der sichersten Formen des Sparens. Gleichzeitig bleiben die Sparer flexibel, das Geld ist täglich verfügbar. Das ist gerade für jüngere Anleger ein entscheidender Vorteil. Drohen einmal unvorhergesehene hohe Ausgaben, kann auf die Reserven auf dem Tagesgeldkonto zugegriffen werden. Quelle: gms
Einen Haken gibt es allerdings, denn die Sicherheit des Tagesgeldkontos hat für Anleger ihren Preis. Die Zinsen sind immer weiter gesunken, zieht man die aktuelle Preissteigerung ab, bleiben für Anleger kaum Zinserträge übrig. Im Gegenteil, bei einigen Anbietern sind nach inflationsbereinigt sogar Verluste möglich. Quelle: dpa
Am Markt wimmelt es an Angeboten für Tagesgeldkonten. Mit Hilfe eines Tagesgeldrechners lassen sich die Angebote am besten miteinander vergleichen. Rechner wie der von WirtschaftsWoche Online zeigen nicht nur die besten Angebote für Neukunden, sondern auch für Kunden, die bereits ein Konto bei der jeweiligen Bank haben. Quelle: dpa
Aktuell bietet RaboDirect, die Direktbanktochter der niederländischen Rabobank, mit 1,85 Prozent die höchsten Zinsen für Bestandskunden mit einer Anlagesumme von 10.000 Euro. Für dreimonatige Einlagen in Höhe von 10.000 Euro zahlt die Bank also rund 46 Euro Zinsen und ist damit Spitzenreiter. Quelle: REUTERS
Etwas besser sieht es für Neukunden aus. Hier zahlt Wüstenrot immerhin zwei Prozent Zinsen auf die Einlagen der Sparer. Normalerweise liegen die Zinssätze für Neukunden etwas über denen für Bestandskunden. So soll den Verbrauchern die Eröffnung eines neuen Kontos schmackhaft gemacht werden. Von diesem Neukundenbonus sollten Anleger sich aber nicht blenden lassen, denn nach den ersten Monaten fällt der erzielte Zins normalerweise auf das Niveau der Bestandskunden zurück. Einziger Ausweg: Der erneute Wechsel des Anbieters. Quelle: dpa
Neben der RaboDirect bietet auch die Renault Bank einen Zinssatz von 1,85 Prozent. Erst seit wenigen Tagen bietet die Hausbank des französischen Autoherstellers über ihre deutsche Zweigstelle ein Tagesgeldkonto an. Auch andere Auto-Banken sind auf dem Markt aktiv, beispielsweise die VW-Bank oder die Hausbank von BMW. Quelle: REUTERS
Insgesamt sind auf dem Markt für Tagesgeldkonten viele Auslandsbanken aktiv. Dazu gehören neben der niederländischen ING DiBa auch die Bank of Scotland oder die ebenfalls aus den Niederlanden stammende Moneyou. Die ausländischen Banken bieten in der Regel vergleichsweise hohe Zinsen. Sie sammeln das Geld der deutschen Sparer ein und nutzen es dann zur Refinanzierung. Quelle: dpa

Das Zinstal für Sparer wird also ein langes werden. Da Anleger dennoch einen Teil ihres Vermögens in kurzfristig verfügbaren Anlagen deponieren sollten – die WirtschaftsWoche empfiehlt in ihrem Mischdepot einen Anteil von 15 Prozent für Tagesgeld – müssen sie entweder den Null-Komma-Nix Zins in Kauf nehmen, oder flexibel sein. Denn wer vergleichsweise hohe Tagesgeldzinsen kassieren will, muss seinen Anbieter öfter wechseln als den meisten Anlegern lieb ist.

Vergleichen muss sein

Vergleichsrechner im Internet bieten einen guten Überblick über aktuelle Angebote. Allerdings sollten Anleger sich auf die Zahlen nicht zu langfristig verlassen, denn viele Banken wechseln ihre Zinsen aufs Tagesgeld so oft wie der Bankberater seine Krawatte. So zahlt aktuell noch die niederländische Direktbank MoneYou mit 1,55 Prozent noch den höchsten Zins aufs Tagesgeld. Allerdings verkündeten die Tochter der ABN Amro am Dienstag, den Zins ab Donnerstag auf 1,45 Prozent zu senken.    

Seit langem werden die Tagesgeldzins-Charts von Direktbanken angeführt. Auch Töchter von Auslandsbanken finden sich zahlreich unter den führenden Anbietern. Für sie ist das eine einfache Möglichkeit, dass Geld der deutschen Sparer einzusammeln. Am heutigen Mittwoch kündigte auch die französische Großbank BNP Paribas an, ihre Präsenz in Deutschland deutlich ausbauen zu wollen. Mit ihrer Tochter Cortal Consors wollen die Franzosen bis 2017 eine Online-Bank mit 1,1 Millionen Kunden und einem Marktanteil von einem Prozent bei deutschen Privatkunden aufbauen.

Durch ihren kleineren Vertriebsapparat ist es für Direktbanken leichter, höhere Zinsen zu bieten und so neue Kunden anzulocken. Auch viele Autobanken wie die Renault Bank Direkt oder die Volkswagen Bank zahlen vergleichsweise attraktive Zinsen. Erst auf den hinteren Rängen finden sich dagegen große Filialbanken wie die Deutsche Bank, die Commerzbank oder Sparkassen und Volksbanken. Gerade Letztere zahlen ihren Kunden oft gar keine Zinsen, wie eine Umfrage der „Welt am Sonntag“ ergab.

Insgesamt bieten Tagesgeld-Indizes einen Überblick darüber, wie hoch oder eben niedrig die Zinsen im Schnitt sind. Das Ergebnis ist für Sparer ernüchternd, laut FMH-Index der Frankfurter Finanzberatung FMH liegt der Zins fürs Tagesgeld im Schnitt nur bei 0,75 Prozent. Auch das Verbraucherportal Biallo hat ein entsprechendes Barometer, hier liegt der Durchschnitt sogar lediglich bei 0,63 Prozent.

Einlagensicherung checken!

Mittlerweile sind auch Versicherer in den Markt für Tagesgeld eingestiegen, der Anbieter CosmosDirekt zahlt mit 1,3 Prozent immerhin noch etwas mehr als der Durchschnitt. Der Direktversicherer arbeitet auf dem Gebiet mit seinem Partner, der SKG Bank zusammen. Auch andere Anbieter wie Ergo Direkt sind schon vor einigen Jahren in das Geschäft mit Tagesgeldkonten eingestiegen. Gerade bei Angeboten von Versicherern müssen Anleger allerdings genau prüfen, wie die Einlagensicherung in dem Fall geregelt ist. Läuft das Konto nicht über die Versicherung, sondern über eine Partnerbank, springt in der Regel die Einlagensicherung der Partnerbank im Notfall in die Bresche. Bei Cosmos Direkt wäre das die SKG Bank, die ist neben der gesetzlichen Einlagensicherung durch die Sicherungseinrichtungen des Verbands öffentlicher Banken abgesichert.  

Wie sicher ist die Bank? 

Hat ein Versicherer allerdings keine Partnerbank an der Hand, springt die Einlagensicherung der Versicherer, genannt Protektor, ein. Hier sollten Anleger vorsichtig sein, Kritiker fürchten dass die Rettungseinrichtung noch nicht groß genug ist, um im Notfall wirklich alle Kunden auffangen und entschädigen zu können. Auch grundsätzlich gilt es, sich vor dem Tagesgeldinvestment genau mit der jeweiligen Einlagensicherung auseinanderzusetzen. Denn auch Auslandsbanken unterliegen anderen Sicherungsinstrumenten. Zwar liegt die gesetzliche Einlagensicherung in Europa im Regelfall wie in Deutschland bei 100.000 Euro, dennoch lohnt ein Blick ins Kleingedruckte, um böse Überraschungen zu vermeiden.    

Trotz der vermeintlich gesicherten Einlagen ist ein Tagesgeldinvestment längst nicht mehr so entspannt wie früher. Denn egal wie attraktiv die angegebenen Sätze aussehen, oft gelten die verlockenden Angebote nämlich nur für Neukunden, Bestandskunden müssen sich mit weniger begnügen. Bei der ING Diba beispielsweise bekommen Neukunden einen Zins von 1,17 Prozent, bei den Bestandskunden ist es dagegen nur noch ein Prozent. Hinzu kommt, dass die maximalen Zinsen bei einigen Anbietern an hohe Anlagesummen von bis zu 50.000 Euro gekoppelt sind. Wer weniger anlegen will, muss sich oft mit niedrigeren Zinsen abfinden.

Ohne Hopping geht es nicht

Einmal Geld auf einem Tagesgeldkonto parken und es dann ruhen und arbeiten lassen, das funktioniert schon lange nicht mehr. Denn wer nicht ständig auf der Hut ist, der bekommt am Ende gar keine Zinsen mehr. Weil er möglicherweise Bestandskunde geworden ist und damit für die Bank weniger interessant. Um diesem Unverständnis zu entgehen und wenigstens ein paar Zinsen zu kassieren hilft nur Tagesgeld-Hopping von einem Anbieter zum anderen. Wem das zu anstrengend ist, der muss sich langfristig überlegen, ob er zumindest einen Teil des Vermögens vom Tagesgeld- auf ein Festgeldkonto umschichtet. Da sind bei einer Laufzeit von zwei Jahren immerhin bis zu zwei Prozent Zinsen zu holen.  

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