Der Aufruhr ist groß bei vielen Anlegern von Proven OilCanada. Von „Frechheit“ bis „Husarenstück“ reichen die Kommentare, die in der vergangenen Woche bei der WirtschaftsWoche eingingen, die mehrfach vor dem fragwürdigen Abkassiermodell Proven Oil gewarnt hatte. Der Grund des Ärgers: Anfang Juli hatten Anleger, die sich an den geschlossenen Fonds des Berliner Emissionshauses beteiligt hatten, Post von Proven-Oil-Chefin Monika Galba bekommen.
Inhalt: Am 18. und 19. Juli sollen in Berlin Gesellschafterversammlungen für die sechs bisher platzierten Fonds stattfinden. Dann sollen Anleger beschließen, die kanadischen Investitionsgesellschaften der sechs Fonds zu einer Master-Gesellschaft zusammenzulegen. So soll statt sechs kleiner eine große Gesellschaft die Beteiligung der deutschen Anleger an Öl- und Gasquellen in Kanada managen.
Was Fondskäufer wissen sollten
Die Mehrheit der deutschen Anleger handeln ihre Wertpapiere über ihre Hausbank. Doch gerade bei Aktienfonds, die rasch an Wert gewinnen oder verlieren können, ist der Gang zum Bankberater nicht immer optimal. Denn einerseits gilt die Alternative zu Recht als teuer. Zahlen Anleger hier beim Kauf doch meist den vollen Ausgabeaufschlag. Dafür bleibt jedoch die Rückgabe der Anteile spesenfrei. Das Problem: Die Abwicklung kann hier deutlich länger dauern als einen Handelstag. Das kann zwar gute Gründe haben. Vorsichtige bevorzugen dennoch die Abwicklung über die Börse.
Der sicherste Variante für zeitbewusste Anleger ist der Handel über die Börse. Dabei geben Anleger wie gewohnt ihre Order beim Bankberater ab, tragen aber als Handelsplatz die Börse Hamburg an. Dadurch fallen zwar Kosten an, die je nach Fonds etwas variieren können (www.fondsboerse.de). Dafür erfolgt die Abwicklung zeitnah. Beim Kauf von Papieren ist es ohnehin meist billiger, Fonds über die Börse zu kaufen. „Wenn Sie die Bank auf diese Option nicht hinweist, macht sie sich unter Umständen eines Beratungsfehlers schuldig“, sagt Johannes Fiala, Anwalt mit dem Schwerpunkt Kapitalmarktrecht aus München.
Fondskäufer, die wissen, was sie wollen, sollten Onlinebroker oder Fonds-Supermärkte ins Kalkül ziehen. Sie bieten meist nicht nur eine Auswahl unter tausenden Fonds, die in Deutschland zum Vertrieb zugelassen sind. Oft können sie hier auch problemlos auf Sparpläne auf Wunschfonds abschließen, die sie via Hausbank nicht bekommen. Die Anbieter handeln die Fondsanteile dabei über dieselben Plattformen wie die Profis. Manche der Anbieter garantieren zudem eine taggleiche Abwicklung der Aufträge, sofern die Order vor zwölf Uhr eintrifft.
Wie bei Aktien können Fondsanleger bei manchen Anbietern zudem Limits setzen. Das bedeutet, sie beauftragen den Händler etwa mit einem Stopp-Loss den Fondsanteil zu verkaufen, sobald der Fondspreis unter eine gewisse Grenze fällt. Diese Order kostet wird dann bei steigenden Kursen nicht ausgeführt. Einige Online-Broker ziehen diese Grenze auf Wunsch bei steigenden Kursen kostenlos nach.
Proven Oil wirbt mit Synergien und Sparpotenzialen für den Deal. Die Größe sichere außerdem eine bessere Marktposition. Doch bei genauem Hinsehen wird deutlich, dass die Fonds zwar über Öl- und Gasquellen verfügen, aber offensichtlich nicht mehr über genügend Kohle. Was unter dem Deckmäntelchen der Effizienzsteigerung daherkommt, erscheint als Versuch, die Anleger in ein hoch riskantes Vabanquespiel zu treiben.
Frisches Geld
„Die Erfahrung lehrt, dass Transfers in Pool-Gesellschaften für Anleger selten etwas Gutes bedeuten“, sagt Rechtsanwalt Andreas Lang von der Frankfurter Kanzlei Nieding + Barth. „Auch bei Proven Oil drängt sich der Verdacht auf, dass hier Liquiditätslöcher gestopft werden sollen.“
Neun Gründe nennt Proven Oil für die Zusammenlegung, bei keinem einzigen tauchen konkrete Berechnungen oder wenigstens Schätzungen des Einsparpotenzials auf. Auch belastbare Angaben zur derzeitigen wirtschaftlichen Lage der Fonds, etwa zu Gewinn und Verlust, gibt es nicht.
Insbesondere die Gasquellen machen Sorgen. In Schreiben an die Anleger mehrerer Fonds heißt es: „Aufgrund des niedrigen Gaspreises wurden daher von den Banken alle Finanzierungsmöglichkeiten für Gasfördergebiete stark zurückgefahren, obwohl die Prognose
für die weitere Preisentwicklung nach einhelliger Expertenmeinung positiv ist. In den nächsten zwei Jahren wird eine Steigerung auf 5 bis 6 USD/mcf [US-Dollar pro 1000 Kubikfuß] erwartet, was eine profitable Förderung möglich macht.“ Der Umkehrschluss: Derzeit ist die Förderung nicht profitabel.
160 Millionen Dollar Kredite
Die neue Master-Gesellschaft verspricht eine Lösung. Im Gesellschaftsvertrag werden der Geschäftsführung weitreichende Kompetenzen eingeräumt, um frische Liquidität zu beschaffen. So dürfen von der Master-Gesellschaft jederzeit und ohne vorherige Zustimmung der Anleger Öl- und Gasquellen verkauft werden, was bisher nicht möglich ist.
Zudem erhält die Geschäftsführung der Master-Gesellschaft die Ermächtigung, Kredite in Höhe von 40 Prozent des Gesellschaftskapitals aufzunehmen. Rund 300 Millionen Euro haben 11 000 Anleger in die Fonds eingezahlt, deren kanadische Töchter kauften damit Quellen für 400 Millionen kanadische Dollar. Künftig könnten somit bis zu 160 Millionen Dollar an Krediten aufgenommen werden – und dafür auch Sicherheiten gestellt, sprich: die Ölquellen verpfändet werden.
Proven Oil äußert sich auf Nachfrage nicht dazu, warum die Ausverkaufsklausel und die Kreditermächtigung in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen wurden. Auch zur Liquiditätssituation macht die Gesellschaft keine Angaben.
Ob die Fonds ohne diese Maßnahmen weiterhin in der Lage wären, Auszahlungen an die Anleger zu leisten, wird ebenso wenig beantwortet.
Lang rät Anlegern deshalb, der Zusammenlegung nicht zuzustimmen. „Das wäre sehr gefährlich. Die Pool-Gesellschaft dient ganz offensichtlich der Verschleierung dessen, was bei den einzelnen Fonds passiert.“ Martin Seidel von der Düsseldorfer Anlegerschutzkanzlei Baum, Reiter & Collegen rät Anlegern ebenfalls, „auf keinen Fall der Beschlussvorlage zuzustimmen“. Er stört sich zum Beispiel daran, dass der Gesellschaftsvertrag der neuen Master-Gesellschaft nicht in voller Länge abgedruckt ist, sondern nur wesentliche Punkte beschrieben werden. „Man kann schon erwarten, dass man den Vertrag der Gesellschaft, an der man sich beteiligen soll, vorher mal lesen darf.“
Verschleierung
Noch mehr stört er sich an der Abwicklung, denn die sechs kanadischen Investitionsgesellschaften übertragen ihre Quellen nicht direkt an die neue Master-Gesellschaft. Zwischengeschaltet ist noch eine Gesellschaft mit unbeschränkter Haftung nach kanadischem Recht. Angaben zum Gesellschaftsvertrag gibt es hier überhaupt nicht – obwohl es die deutschen Fonds sind, die unbeschränkt haften. Für Seidel ein Unding: „Man packt erst mal alle Quellen in eine Black Box und schiebt sie dann weiter in die finale Master-Gesellschaft. Für Anleger sind die Risiken ohne Gesellschaftsvertrag völlig unkalkulierbar.“
Proven Oil macht auch hierzu auf Nachfrage keine Angaben. Stattdessen beglückt man die Anleger in den Erläuterungen zur Beschlussvorlage mit dieser abgegriffenen Erkenntnis: „Chance und Risiko liegen nahe beieinander – in der chinesischen Schrift beispielsweise wird für die Darstellung beider Begriffe das gleiche Zeichen verwandt.“ Bei Proven Oil stehen die Zeichen auf Krise.