Ein originelles Argument für die Aktien-Aktion präsentiert Klaus Kocks, einst Kommunikations-Vorstand bei Volkswagen, heute in Diensten von Nordic Oil: Die AG könne jetzt kräftig in Helium machen. „Mit der hauseigenen Kompetenz und dem Know-how rund um die Energiemärkte werde man zukünftig vor allem die Beteiligung im Heliumbereich vergrößern“, heißt es in einer Mitteilung. „Insofern sei der Heliummarkt besonders lukrativ, stimmt Jan Warstat mit den internationalen Marktbeobachtern überein“, schwadroniert Kocks über seinen Auftraggeber.
Meilensteine der Ölpreisentwicklung
Die ersten gewinnbringenden Erdölbohrungen finden Mitte des 19. Jahrhunderts statt. In dieser Zeit entstehen auch die ersten Raffinerien. Bis 1864 steigt der Ölpreis auf den Höchststand von 8,06 Dollar pro Barrel (159 Liter); inflationsbereinigt müssen damals im Jahresdurchschnitt 128,17 US-Dollar gezahlt werden. In den folgenden Jahrzehnten bleibt der Preis auf einem vergleichsweise niedrigen Level, fällt mitunter sogar, bedingt etwa durch den Erfolg der elektrischen Glühlampe, durch die Öl im privaten Haushalt nicht mehr zur Beleuchtung nötig ist.
Mit dem Erfolg des Automobils zu Beginn des 20. Jahrhunderts steigt die Öl-Nachfrage rasant; speziell in den USA, wo der Ford Modell T zum Massenprodukt wird. 1929 fahren insgesamt 23 Millionen Kraftfahrzeuge auf den Straßen. Der Verbrauch liegt 1929 in den Staaten bei 2,58 Millionen Fass pro Tag, 85 Prozent davon für Benzin und Heizöl. Die Preise bleiben allerdings weiter unter fünf Dollar pro Fass (nicht inflationsbereinigt), da auch mehr gefördert wird.
In den 30er Jahren kommt die Große Depression, die Unternehmenszusammenbrüche, Massenarbeitslosigkeit, Deflation und einen massiven Rückgang des Handels durch protektionistische Maßnahmen zur Folge hat. Während der Weltwirtschaftskrise verringert sich die Nachfrage nach Erdöl und der Preis sinkt auf ein historisches Tief. 1931 müssen bloß noch 0,65 Dollar pro Barrel gezahlt werden (inflationsbereinigt etwa zehn US-Dollar). So billig sollte das schwarze Gold nie wieder sei.
Nachdem sich die Weltkonjunktur erholt hat, steigt der Preise für Öl wieder, bleibt aber konstant unter fünf Dollar pro Barrel. Für die Jahre zwischen dem Ersten Weltkrieg und der Ölkrise im Herbst 1973 spricht man deshalb vom „goldenen Zeitalter“ des billigen Öls.
In den 70er und 80er Jahren kommt der Ölpreis in Bewegung. Als die Organisation der erdölexportierenden Länder (Opec) nach dem Krieg zwischen Israel und den arabischen Nachbarn im Herbst 1973 die Fördermengen drosselt, um politischen Druck auszuüben, vervierfacht sich der Weltölpreis binnen kürzester Zeit. Zum Ende des Jahres 1974 kostet ein Barrel über elf Dollar (inflationsbereinigt fast 55 US-Dollar). Dies bekommen auch Otto-Normal-Bürger zu spüren: In Deutschland bleiben sonntags die Autobahnen leer, in den USA bilden sich Schlangen vor den Tankstellen.
Während der zweiten Ölkrise in den Jahren 1979/1980 zieht der Ölpreis nach einem kurzfristigen Rückgang weiter an. Ausgelöst wird dies im Wesentlichen durch Förderungsausfälle und Verunsicherung nach der Islamischen Revolution. Nach dem Angriff Iraks auf Iran und dem Beginn des Ersten Golfkrieg explodieren die Preise regelrecht. Auf dem Höhepunkt im April 1980 kostet ein Barrel 39,50 Dollar (inflationsbereinigt 116 Dollar).
Die 80er und 90er Jahre sind – abgesehen von dem kurzzeitigen Anstieg verursacht durch den Zweiten Golfkrieg – eine Phase niedriger Ölpreise. Die Industriestaaten befinden sich in einer Rezession und suchten aufgrund vorhergehenden Ölkrisen mit besonders hohen Preisen nach alternativen Energiequellen. Weltweit gibt es Überkapazitäten. Während der Asienkrise 1997/1998 sinkt die Nachfrage weiter. Ende des Jahres 1998 werden 10,65 Dollar pro Barrel verlangt.
Nach Überwindung der Krise wachsen die Weltwirtschaft und damit auch der Ölbedarf schnell. Selbst die Anschläge auf das World Trade Center 2001 sorgen nur für einen kurzen Rücksetzer. Anfang 2008 steigt der Ölpreis erstmals über 100 US-Dollar je Barrel, Mitte des Jahres sogar fast auf 150 Dollar. Ein Grund für den Preisanstieg wist der Boom des rohstoffhungrigen China, mittlerweile zweitgrößter Verbraucher der Welt.
Die globale Finanzkrise und eine schwächelnde Konjunktur sorgen für einen Rückgang der Nachfrage. Gleichzeitig bleibt das Angebot durch die massive Förderung in den USA (Fracking) hoch. Die Folge: Der Ölpreis bricht ein. Ab Sommer 2014 rutscht der Preis für Brentöl innerhalb weniger Monate um rund 50 Prozent auf 50 Dollar. Erst im Februar 2015 erholte sich der Ölpreis leicht und schwankt um die 60 Dollar je Barrel.
Im Mai 2015 hatten sich die Ölpreise zwischenzeitlich erholt. Die Sorte Brent erreichte mit einem Preis von 68 US-Dollar je Barrel ein Jahreshoch. Von da aus ging es bis September des Jahres wieder steil bergab auf 43 Dollar. Nach einer Stabilisierung zwischen September und November nahm der Ölpreis seine wieder Talfahrt auf. Am 15. Januar hat der Ölpreis die 30-Dollar-Marke unterschritten.
Warstat und das Nordic-Oil-Management sind jetzt fein raus: Statt Anleger auszuzahlen, könnten sie bald über Kapitalerhöhungen frisches Geld einsammeln, für Helium und andere feine Sachen. „Rechtlich ist eine solche gesellschaftsrechtliche Umwandlung nicht zu packen“, sagt Adrian Wegel, Rechtsanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht in Frankfurt.
Jochen Resch, Anlegeranwalt aus Berlin, hält nichts von der Aktien-Aktion: „Wenn wie im Fall Nordic Oil drei notleidende Fonds zusammengelegt werden, dann wird daraus kein gutes Investment.“
Frisches Kapital einsammeln
Beim Fondshaus ECI bleiben die Beteiligungen noch getrennt. Frisches Geld von der Börse soll dennoch her. Die mit ECI über den Gesellschafter Kay Rieck verbandelte Deutsche Oel & Gas, in deren Auftrag unter anderem die „Furie Operating Alaska“ für ECI bohrt (siehe Kasten Seite 81), soll an die Börse. Für Anleger soll sich nichts ändern – Anleihezinsen seien gegenüber den Dividenden der Aktionäre vorrangig zu bedienen.
Vor dem Börsengang will ECI 25 Millionen Euro frisches Kapital über die Namensschuldverschreibung „US Öl und Gas NSV 6“ einsammeln. Namensschuldverschreibungen sind nicht an der Börse handelbare Anleihen, die auf die Namen der Gläubiger ausgestellt werden. Bis Ende dieses Jahres soll Furie Operating Alaska, der US-Partner von ECI, dann die ersten Kubikmeter Erdgas aus dem Meeresboden vor der Küste Alaskas pumpen – ein Jahr später als geplant.
Vermaledeites Wetter
Zu dumm aber: Die Förderplattform, die den ECI-Anlegern sprudelnde Erträge bescheren soll, liegt leider noch in einem Hafen in Alaska. Wegen des arktischen Wetters kann sie erst im Frühjahr an ihren Bestimmungsort geschleppt werden.
Der Bestimmungsort heißt „Kitchen Lights Unit“, ein Ölfeld im Gebiet Cook Inlet. Ein reichlich ausgelutschtes Ölfeld: Seit den Siebzigerjahren ist die Öl- und Gasausbeute im Gebiet Cook Inlet um etwa 90 Prozent geschrumpft. Im Feld Kitchen Lights Unit selbst wird derzeit weder Öl noch Gas gefördert. Die letzte Förderplattform wurde zur Jahrtausendwende installiert. Momentan laufen hier nur Probebohrungen.
Ob die Plattform viel Gas fördern wird, ist ungewiss: „Furie hat immer wieder angekündigt, dass sie auf ein ertragreiches Gasfeld gestoßen seien, ohne das mit verlässlichen Zahlen belegen zu können“, sagt Bradford Keithley aus Anchorage/Alaska, der Öl- und Gasunternehmen berät.
Selbst wenn es Furie gelingen sollte, die Förderplattform zu installieren, sei es schwierig, Abnehmer zu finden, so Keithley. Cook Inlet liegt ab vom Schuss, es gebe weder viele Industrie-Abnehmer noch eine Pipeline nach Kanada. ECI gibt an, es gebe einen Vertrag und einen Vorvertrag mit je einem Kunden. Namen wollte ECI jedoch nicht nennen. Noch bevor der erste Hauch Gas gefördert ist, droht noch ganz anderes Ungemach: Weil beim Schleppen der Plattform nach Alaska gegen Schifffahrtsbestimmungen verstoßen worden sei, wollen die zuständigen US-Behörden ein Bußgeld von 15 Millionen US-Dollar kassieren. Der Rechtsstreit mit den Behörden läuft noch.