




Sprudelnde Renditen mit Öl, davon träumte Daniel Hopp. Doch sein Investment brachte dem Sohn von SAP-Mitgründer Dietmar Hopp vor allem Ärger, einen bis heute laufenden Rechtsstreit inklusive. 2011 hatte Hopp eine zweistellige Millionensumme in ein „Joint Venture“ mit Furie Petroleum LLC gesteckt, einem Dienstleister der Energy Capital Invest (ECI). Schon im Jahr darauf übernahmen die Anwälte das Kommando, 2013 ließ Hopp die Grundstücke, die er als Sicherheit bekommen hatte, verwerten. Die Höhe der offenen Forderung: 23 Millionen US-Dollar.
Die Investitionen seien „nicht zur Zufriedenheit unseres Mandanten betreut worden“, teilt sein Anwalt auf Nachfrage mit. Zu den Details des Geschäfts zwischen Hopp und Furie will sich ECI nicht äußern. Sowohl Anleger als auch ECI selbst seien nicht betroffen. Umso erstaunlicher ist, dass ECI 2011 in einem Newsletter von einem „Joint Venture“ zwischen dem Family Office von Daniel Hopp und der „zur Gruppe der Energy Capital Invest gehörenden Furie Petroleum LLC“ spricht.
Fakten zum Rohölpreis
Die Fachleute unterscheiden zwischen Reserven und Ressourcen. Reserven sind Rohstoffe, die mit heutigen Mitteln wirtschaftlich gefördert werden können, also zum Verbrauch zur Verfügung stehen. Ressourcen sind weitere Vorkommen eines Rohstoffs in der Erdkruste, die aber noch nicht zugänglich sind. Die Ölreserven betragen, je nach Quelle, ungefähr 220 bis 240 Milliarden Tonnen, davon etwa ein Fünftel aus unkonventionellen Quellen wie Schieferöl und Ölsände. Den bisherigen Verbrauch seit Beginn des Ölzeitalters beziffert die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) auf 175 Milliarden Tonnen.
Bei heutigem Verbrauch noch mehr als 50 Jahre. Die Nachfrage und der Verbrauch werden jedoch in den nächsten Jahrzehnten zunehmen. Öl ist mit einem Anteil von einem Drittel der wichtigste Energieträger. Damit hat es zwar relativ an Bedeutung verloren; vor 40 Jahren hat Öl noch fast die Hälfte des weltweiten Energieverbrauchs abgedeckt. Aber der Energieverbrauch steigt weltweit weiter an und damit auch der Ölverbrauch. Nach der Prognose von BP erhöht er sich bis 2035 von heute 90 auf 109 Millionen Barrel pro Tag. Andere Prognosen sind niedriger, die Internationale Energie-Agentur (IEA) rechnet mit 104 Millionen Barrel bis 2040.
Da streiten die Gelehrten. Es gibt zwei Denkschulen. Die Anhänger der Peak-Oil-Theorie gehen davon aus, dass bei konventionellem Öl bereits das Fördermaximum erreicht ist und nur mit teuren unkonventionellen Methoden wie Fracking von Ölschiefer und Förderung von Ölsänden noch Produktionssteigerungen möglich sind. „Nur Nordamerika trug in den Jahren seit 2005 überhaupt zu einer Steigerung der globalen Ölförderung bei. Ohne Berücksichtigung der USA und Kanada ist die Welt bereits seit neun Jahren auf dem Ölfördergipfel“, heißt es auf einer Internet-Seite der Peak-Oil-Fraktion. Sie sieht stark steigende Ölpreise bereits vor 2020 voraus.
Die Peak-Oil-Theorie hat eher an Zustimmung verloren; auch weil ihre Befürworter den Zeitpunkt für den Ölgipfel schon mehrfach verschieben mussten. „Die Dinge stehen nicht still in der Energieindustrie“, sagt Daniel Yergin, einer der weltweit führenden Ölexperten. Durch technische Innovation könnten immer neue Ressourcen entwickelt und zu förderbaren Reserven werden. Für jedes geförderte Fass Öl würden so 1,5 neue Fässer den Reserven hinzugefügt. Yergin erwartet, dass sich die Ölförderung gegen Mitte des Jahrhunderts auf einem Plateau befindet, ehe dann die Förderung und die Nachfrage langsam nachgeben.
Der Wissenschaftler Leonardo Maugeri hat bereits 2012 eine Ölschwemme und fallende Preise ab 2015 vorhergesagt, weil die Kapazitäten zur Ölförderung auf der Angebotsseite erheblich ausgeweitet würden. „Der Schiefergas-Ölboom in den USA ist keine Blase, sondern die wichtigste Revolution im Ölsektor seit Jahrzehnten“, schrieb er in einer Studie. Es gebe enorme Mengen von konventionellem und unkonventionellem Öl, das zum Teil noch gar nicht entdeckt sei. Ein Fördergipfel, ein Peak-Oil, sei nicht in Sicht. So ist es gekommen. Es gibt Öl im Überfluss und die Preise sind verfallen. Das Förderkartell Opec hat sich vorläufig selbst aus dem Spiel genommen und will den Ölhahn nicht mehr zudrehen. Sondern ganz marktwirtschaftlich versuchen, seine Kostenvorteile bei der Förderung auszuspielen.
Kurzfristig ist der Ölpreis einer Vielzahl von verschiedenen Einflüssen ausgesetzt, von Kriegen oder Krisen über Handelsembargos und Finanzspekulation bis hin zu Naturkatastrophen und Wetterverhältnissen. Diese kurzfristigen Preisschwankungen kann niemand vorhersehen. Mittelfristig erwarten die meisten Experten eine Periode mit eher gemäßigten Preisen und gut versorgten Märkten für mehrere Jahre. Es gibt allerdings auch Gegenstimmen, die bereits jetzt Rohöl für deutlich unterbewertet halten und vor einem Preisanstieg warnen, etwas bei den Bankanalysten. Die BGR vertritt einen mittleren Kurs. Erdöl, so die Behörde, sei der einzige Energierohstoff, bei dem sich eine Limitierung abzeichnet.
Für die Hopps ist das Risiko überschaubar, Vater Dietmar hat es mit SAP zu einem Milliardenvermögen gebracht. Arm wird die Familie selbst dann nicht, wenn das Ölabenteuer schiefgeht. Doch in seltener Symbiose sitzen hier Großinvestor und Kleinanleger im selben Boot – und alle bekommen derzeit die Risiken von Ölinvestments im grauen Kapitalmarkt zu spüren.
Tausende Privatanleger haben ihr Erspartes auf Öl- und Gasprojekte gesetzt. Allein die Fondsinitiatoren ECI, Nordic Oil, Texxol, Proven Oil und New Capital Invest haben über geschlossene Fonds, stille Beteiligungen und Anleihen 800 bis 900 Millionen Euro eingesammelt.
Risiko Ölpreis
Das Geld ist aktuell durch den Ölpreis-Absturz – 50 Prozent seit Mitte 2014 – in Gefahr. Zyniker könnten sagen, dass dies die Anleger kalt lassen kann: Viele der Ölbuden fördern schließlich ohnehin noch nichts. ECI etwa will nach eigenen Angaben erst 2017 Öl fördern und sich vorerst auf Gas konzentrieren. Zwar hat sich auch der Gaspreis an der Börse in den vergangenen zwölf Monaten halbiert, aber laut ECI sei das lokale Angebot in Alaska eben knapp, also würden die Preise steigen.

Besonders eng wird es für Fondsinitiatoren, wenn Beteiligungen auslaufen und Anleger ihr Geld zurück wollen. Bei der Hamburger Nordic Oil wären die im Fonds „Nordic Oil USA 2“ investierten Gelder Ende 2016 fällig gewesen. Wären, denn Nordic Oil hat auf einer Gesellschafterversammlung gerade drei Fonds in die „Nasco Energie und Rohstoff AG“ eingebracht.
Fondsanleger wurden im Handstreich zu Aktionären: Erst kurz vor Weihnachten hatten sie die Einladung zur Gesellschafterversammlung am 15. Januar im Briefkasten. Viele von ihnen dürften im Skiurlaub oder anderweitig verreist gewesen sein – oder gar nicht durchschaut haben, was Nordic Oil vorhatte.
Gegner der Beschlussvorlage hatten keine Chance, ihre Mitgesellschafter zu mobilisieren: Nordic Oil gab keine Anlegerliste heraus. „Wir haben eine Umfrage unter den Kommanditisten gemacht, und eine deutliche Mehrheit hat die Herausgabe der Adressen abgelehnt“, sagt Nordic-Oil-Chef Jan Warstat.
Wann und zu welchem Preis die Neu-Aktionäre ihre Aktien verkaufen können, steht in den Sternen. Dazu braucht es erst einen Börsengang. Der könnte im Dezember 2015 oder Anfang 2016 laufen, verspricht Nordic Oil vage – das kommt aber natürlich auf die Börsenstimmung an und auf den Ölpreis.