




Glänzende Chromleisten, geschwungene Karossen, edle Stoffe im Innenraum - es sind solche Details, die Oldtimer-Fans zum Schwärmen bringen. Begeisterungsstürme dürfte angesichts niedriger Zinsen in der Vergangenheit allerdings auch die Wertentwicklung der Autos mit „H“-Kennzeichen hervorgerufen haben. Im Schnitt legten die Oldtimerpreise in den vergangenen Jahren zwischen fünf und sechs Prozent zu. Der Oldtimer-Index des Verbands der Automobilindustrie (VDA) stieg 2015 um 5,6 Prozent. Das entsprach exakt dem durchschnittlichen Plus seit Beginn der Erhebung 1999.
Oldtimer und ihre Bewertung
Bei der Oldtimerbewertung wird der Wert des Fahrzeugs ermittelt werden, der auch als Grundlage für die Versicherungseinstufung benötigt wird. Sie ist auch Voraussetzung, um ein gültiges Kennzeichen zu erhalten. Für den Kauf und Verkauf historischer Fahrzeuge bietet das Untersuchungsergebnis neben der aktuellen Ankaufsuntersuchung die gebräuchlichste und aussagekräftigste Grundlage.
Während bei einer “normalen” Gebrauchtwagenbewertung in erster Linie Baujahr und Laufleistung von Bedeutung sind, ist bei Oldtimern das entscheidende Kriterium der Pflege- und Erhaltungszustand des Fahrzeugs. Die Fahrzeugbewertung erfolgt in Form von Noten von 1 bis 5, die zuletzt 2007 von Classic Data überarbeitet wurden.
Makelloser Zustand. Keinerlei Mängel an Technik, Optik und Historie. Ein (dokumentiert!) originales Fahrzeug der absoluten Spitzenklasse. Oder ein komplett und perfekt restauriertes Spitzenfahrzeug im Zustand wie neu (oder besser). Sehr selten!
Die Anmerkung "oder besser" ist ein Hinweis auf die Möglichkeiten modernster Restaurierungsmethoden. Duch die heutigen technischen Möglichkeiten (Schweißarbeiten, computergestützte Messtechniken) sowie den veränderten Materialien (Lack, Oberflächenveredelung) und einen umfangreichen Korrosionsschutz kann ein komplett restauriertes Fahrzeug den Zustand der Erstauslieferung übertreffen. Für Originalitätsliebhaber ist dies aber nicht erstrebenswert.
Entweder seltener, unrestaurierter Original-Zustand oder fachgerecht restauriert. Technisch und optisch mängelfrei, aber mit leichten (!) Gebrauchsspuren. Keine fehlenden oder zusätzlich montierten Teile. Ausnahme: Wenn es die StVZO verlangt.
Leider kommt es gerade bei der Note 2, immer wieder zu Missverständnissen, weil viele Anbieter - teils aus Berechnung und teils aus Unwissenheit - ihrem Wagen eine viel zu gute Note geben, die vermeintlich der Schulnote "gut" entsprechen soll. Klar ist unter Experten aber, dass der "Zustand 2" ein nahezu optimal erhaltenes Fahrzeug charakterisiert.
Gebrauchter Zustand. Normale Spuren der Jahre. Kleinere Mängel, aber voll fahrbereit und verkehrssicher. Keine Durchrostungen. Kein Reparaturstau und keine sofortigen Arbeiten notwendig. Nicht schön, aber gebrauchsfähig.
Verbrauchter Zustand, eventuell teilrestauriert. Nur bedingt fahrbereit. Sofortige Arbeiten notwendig zur erfolgreichen Abnahme gem. § 29 StVZO. Leichtere bis mittlere Durchrostungen. Fahrzeug komplett in den Baugruppen aber nicht zwingend unbeschädigt. Einige kleinere Teile können aber fehlen oder defekt sein. Aber: immer noch relativ leicht zu reparieren (bzw. restaurieren).
Nicht fahrbereit Schlecht restauriert bzw. teil- oder komplett zerlegt. Größere Investitionen nötig, da umfangreiche Arbeiten in allen Baugruppen erforderlich, aber grundsätzlich noch restaurierbar. Fehlende Teile, d.h. das Fahrzeug ist nicht zwingend komplett.
Wie auch bei Schulnoten sind "+" und "-" gestattet und üblich. Alle Noten müssen durch Sachverständigen-Gutachten belegt sein, und diese sollten möglichst aktuell sein. Im Zweifelsfall lieber ein neues Gutachten beauftragen bei den bekannten Prüf-Organisationen wie TÜV, Dekra, oder Classic Data.
Die Frage, ob ein Fahrzeug durch einen schweren Defekt (nicht fahrbereit) gleich um mehrere Noten fallen kann, ist umstritten. Im Zweifelsfall ist es besser, die notwendigen Reparaturkosten zu ermitteln, um sie dann vom Kaufpreis abzuziehen. Zugrunde gelegt wird dann der Marktwert ohne den wertmindernden Schaden.
Auf den Wert eines Fahrzeuges hat auch die Art der Restauration einen entscheidenden Einfluß. Je originalgetreuer, desto höher die Chance einer Wertsteigerung. Umfangreiche Recherchen stehen am Anfang, um eine
fachgerechte Wiederherstellung zu garantieren. Eine saubere Dokumentation macht die Arbeiten transparent, die richtige Philosophie (ob in “Concours-Qualität, Wiederherstellung der technischen Funktion oder Modifikationen, um die Sicherheit etwa bei historischen Rennen zu verbessern) beeinflusst die Wertsteigerung.
Entscheidend für die Originalität ist das richtige Fahrgestell. Matching Numbers (gleiche Nummern bei Motor und Chassis) sind bei Rennfahrzeugen weniger wichtig für den Wert als bei Strassen- und Sportwagen, weil bei Rennen und Grand Prix Veranstaltungen der Verschleiß höher war und während einer Saison auch leistungsgesteigerte Aggregate eingesetzt wurden. Wichtig: Dokumentierte Historie und Wartungsunterlagen des Fahrzeugs müssen langjährig und glaubhaft belegt sein.
Der Wert jedes Fahrzeuges wird durch seine Einzigartigkeit und Geschichte jedes einzelnen Automobils geprägt. Das gilt insbesondere für historische Rennwagen, bei denen Teilnahme, Erfolg an bedeutenden Rennen und bekannte Fahrer zählen, die sie bei solchen Veranstaltungen gesteuert haben. Entscheidend bei Vorbesitzern oder prominenten Fahrern für die Wertentwicklung ist die Beziehung zum Fahrzeug im Kontext mit der Geschichte von Markt, Marke und Fahrzeug.
Zuletzt hat sich der Markt allerdings etwas abgekühlt. In den vergangenen drei bis vier Monaten habe es eine Konsolidierung gegeben, sagt Frank Wilke, Geschäftsführer der bundesweiten Schätzstelle Classic Analytics. Auch Götz Gollan, Vorstand der Privatbank Berlin, die Pfandkredite auf Oldtimer vergibt, beobachtet eine nachlassende Dynamik.
Frank Reichert, Leiter der Abteilung Klassik beim ADAC, sieht Oldtimer als reine Geldanlage ohnehin kritisch: „Die Freude am historischen Fahrzeug sollte im Vordergrund stehen. Die Wertentwicklung ist ein schöner Nebeneffekt.“ Denn wer will, dass sich der Wert seines Wagens steigert, muss auch etwas dafür tun. Und Wartung, Pflege und Unterhalt für einen Oldtimer kosten weitaus mehr als für ein halbwegs modernes Auto.





Etwa 1500 bis 2000 Euro pro Jahr müsse man für einen gut erhaltenen Mittelklassewagen der 1960er bis 1980er Jahre mit zwei Litern Hubraum einplanen, sagt Wilke. Bei einem Sportwagen könnten es schon 5000 bis 7000 Euro sein. „Nach oben sind die Grenzen offen.“ Für einen Mercedes SL, schätzt ADAC-Experte Reichert, könne die einfache Inspektion schon im vier- bis fünfstelligen Bereich liegen.
Der Flügeltürer Mercedes-Benz 300 SL erzielte laut VDA-Index in den vergangenen 16 Jahren dafür auch den höchsten Wertzuwachs gefolgt vom VW „Bully“ (VW Bus Typ 2 T2) und der „Ente“, dem Citroën 2CV6. Auf das vergangene Jahr gesehen konnte mit dem Toyota Celica Coupé aus den 1970er Jahren erstmals eine japanische Marke Platz eins bei der Wertsteigerung erobern, gefolgt vom Pontiac Firebird und dem Porsche 356 aus den 1960er Jahren.
Dabei ist der Markt dank Online-Portalen und Schätzstellen transparenter geworden. Die Stuttgarter Oldtimer-Messe Retro Classics (17. bis 20. März) legt ihrem Messemagazin in diesem Jahr erstmals eine ausführliche Bewertungsliste bei. „Das ist keine Geheimwissenschaft mehr“, sagt Wilke. „Schnäppchen sind seltener geworden.“
In den vergangenen ein bis zwei Jahren habe sich abgezeichnet, dass die Sammelfahrzeuge immer jünger werden, meint Wilke. Die Sammler erfüllten sich ihre Jugendträume aus den 1980er und 1990er Jahren.
„Was sehr selten oder exotisch ist, hat große Chancen ein Youngtimer zu werden“, sagt Reichert. Allerdings warnt der ADAC-Experte. Wer tatsächlich mit dem Gedanken spielt, sein Geld in Oldtimer oder sogenannte Youngtimer - ältere Fahrzeuge, die aber noch keine Oldtimer sind - zu stecken, sollte sich das Kaufobjekt sehr genau anschauen und im Zweifel auch den Rat eines Experten suchen. Marken- oder Typenclubs könnten Hilfestellung leisten. Denn, so Reichert: „Wo viel Geld unterwegs ist, ist Betrug nicht unüblich.“