One Belt, One Road Anlagechancen und -risiken der neuen Seidenstraße

Die Seidenstraße gilt als eine der ältesten Handelsrouten der Welt. In der Antike und im Mittelalter war sie der wichtigste Handelsweg zwischen Europa und China. Quelle: imago images

China will die legendären Handelsrouten der Seidenstraße neu beleben. Insgesamt sollen die Anrainerstaaten 900 Milliarden Dollar in das gigantische Infrastrukturprojekt investieren. Können Privatanleger mitverdienen?

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Die Neue Seidenstraße: Sie ist die Wiederbelebung von uralten Handelsverbindungen und -beziehungen. Aber nicht nur das: Selbst in finstersten Zeiten wirkte sie Frieden stiftend. Immer, wenn Menschen Geschäfte miteinander machten, mussten sie kriegerische Auseinandersetzungen einstellen und Vorurteile über Bord werfen. Profit als Treibstoff für Pazifismus, Wohlstand und Frieden: der ultimative Menschheitstraum. Kara Ben Nemsi lässt grüßen.

Mit dem Fortschreiten des in unseren Tagen laufenden und von den Chinesen angeschobenen, gewaltigen Infrastrukturpakets „One Belt, One Road“ (ein Gürtel, eine Straße) verbinden auch Anleger des 21. Jahrhunderts neue Chancen auf Rendite. Wie aber könnte das aussehen?

Die Dimensionen der chinesischen Wirtschaftsoffensive

Die Neue Seidenstraße modernster Ausführung umfasst ein Investitionsvolumen von rund 900 Milliarden US-Dollar und ist das umfangreichste Aufbauprogramm seit dem Marshallplan, den die Vereinigten Staaten nach dem 2. Weltkrieg für Europa starteten. Vorgesehen sind der Auf- und Ausbau von infrastrukturellen Projekten wie Straßen, Bahnstrecken, Flughäfen sowie Binnen- und Seehäfen. 68 Länder sind involviert, das Projekt dürfte mehrere Jahrzehnte dauern.

Chinas Weg nach Europa

Wie beim Marshallplan, der in den 50er und 60er Jahren nicht nur den Deutschen beim Aufbau des „Wirtschaftswunders“ geholfen hat, sondern auch die Ökonomie der USA aufblühen ließ, erhoffen sich die Chinesen von der Neuen Seidenstraße, sie möge die im eigenen Land entstandenen, immensen Kapazitäten (vor allem im Bausektor) weiterhin sinnvoll auslasten.

In den meisten Ländern und Regionen zwischen Westeuropa und China wird das frische Geld aus der Volksrepublik natürlich herzlich begrüßt. Zwar werden sich die Anrainerstaaten teilweise für Jahrzehnte bis zur Halskrause verschulden, aber die Regierungen sehen keine Alternative. Im Gegenteil: Schön blöd, wer da nicht mitmachte.

Investitionsmöglichkeiten für Privatanleger

Während die wirtschaftlich nicht gerade gesegneten Staaten Süd-Osteuropas, des Vorderen und Hinteren Orients sowie des westlichen Asiens nicht anders können als die Angebote der spendablen und investitionsbereiten Volksrepublik anzunehmen, muss man als deutscher Privatanleger nicht zwingend am Mammutprojekt Neue Seidenstraße teilnehmen. Möglich ist es dennoch, und - vielleicht auch ratsam. Dazu bieten sich aufgrund der breiten Streuung, die wie immer eine Reduzierung von Risiken bedeutet, Investments in spezielle und aussichtsreiche Aktienfonds an (siehe nachfolgende Charts).

Fonds für die Neue Seidenstraße

Von der eher dürftigen Performance der beiden letztgenannten Infrastrukturfonds sollten Anleger sich nicht schrecken lassen. Der Trend könnte sich bei ersten sichtbaren Erfolgen des Projekts Neue Seidenstraße sehr schnell umkehren.

Der chinesische Kapitalmarkt hat sich erst vor Kurzem westlichen Investoren geöffnet. Entsprechend vorsichtig sollte man sich als europäischer Anleger, der weder die genauen Verhältnisse im Land noch die Mentalität der dortigen Geschäftsleute kennt, im Hinblick auf Einzelinvestments verhalten.

Hinzu kommen die Unwägbarkeiten der Politik. Dabei steht vermutlich weniger zu befürchten, dass die Volksrepublik China in absehbarer Zeit eine Kehrtwende vollzieht. Vielmehr sind es die Kapriolen des unwirschen US-Präsidenten Donald Trump, der mit seinen höchst eigenwilligen, protektionistischen Eingriffen das Spiel verderben könnte. Einzelinvestments in chinesische Infrastrukturgesellschaften könnten unter Umständen auch zu großen Verlusten führen.

Risiken von Infrastrukturprojekten

Wo viel Geld hineinfließt, kann auch viel Geld verbrannt werden. Fehlkalkulationen, Planungsfehler, Großmannssucht und Korruption kommen immer wieder vor und müssen daher als Risiko berücksichtigt werden.

Vergleiche für das Risiko eines Investments in die Neue Seidenstraße finden sich auch in Deutschland. Der Rhein-Main-Donau-Kanal etwa ist eine Mahnung an Investoren. Auch er hatte einen Vorgänger, den Ludwig-Donau-Main-Kanal, der im 19. und 20. Jahrhundert den Rhein mit der Donau verband und so den Transport von Gütern von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer ermöglichte. Die Idee für den Wasserweg soll sogar aus dem Jahr 793 von Karl dem Großen stammen.

In den Jahren 1960 bis 1992 kostete der Bau der neuen, 171 Kilometer langen Bundeswasserstraße zwischen Bamberg am Main und Kelheim an der Donau 4,7 Milliarden D-Mark. Gebracht hat es wenig: Selbst nach dem Zerfall des Warschauer Pakts und der Öffnung der ehemaligen Ostblockstaaten Anfang der 90er Jahre ist das Frachtaufkommen bescheiden geblieben. Als Angler, der hier seinem Hobby frönt, wird man auch heute noch sehr selten von einem Frachtschiff sondern eher von einem Ausflugsdampfer gestört. Die Kosten des Baus wurden aus dem Steuersäckel beglichen, für die Folgekosten (Wartung und Schleusenpersonal) stehen die deutschen Steuerzahler noch heute gerade - und das sicherlich für viele weitere Jahre.

Die Chancen, dass die Neue Seidenstraße ein Erfolg wird, überwiegen allerdings die Risiken. Anleger dürfen durchaus berechtigt hoffen, dass sich ihr Investment langfristig auszahlt. Es sollte allerdings nicht die größte Position im Anlageportfolio sein.

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