Online-Banking So unsicher ist Ihr Konto

Banken und Kunden müssen ihre Konten sichern. Wer sein Vermögen vor Angriffen aus dem Netz schützen will, darf nicht bequem sein – und muss im Zweifel sogar auf Tradition setzen.

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Elf Anzeichen, dass Sie gehackt wurden
Software installiert sich selbstständigUngewollte und unerwartete Installationsprozesse, die aus dem Nichts starten, sind ein starkes Anzeichen dafür, dass das System gehackt wurde. In den frühen Tagen der Malware waren die meisten Programme einfache Computerviren, die die "seriösen" Anwendungen veränderten - einfach um sich besser verstecken zu können. Heutzutage kommt Malware meist in Form von Trojanern und Würmern daher, die sich wie jede x-beliebige Software mittels einer Installationsroutine auf dem Rechner platziert. Häufig kommen sie "Huckepack" mit sauberen Programmen - also besser immer fleißig Lizenzvereinbarungen lesen, bevor eine Installation gestartet wird. In den meisten dieser Texte, die niemand liest, wird haarklein aufgeführt, welche Programme wie mitkommen. Quelle: gms
Was zu tun istEs gibt eine Menge kostenlose Programme, die alle installierten Applikationen auflisten und sie verwalten. Ein Windows-Beispiel ist Autoruns, das zudem aufzeigt, welche Software beim Systemstart mit geladen wird. Das ist gerade in Bezug auf Schadprogramme äußerst aussagekräftig - aber auch kompliziert, weil nicht jeder Anwender weiß, welche der Programme notwendig und sinnvoll und welche überflüssig und schädlich sind. Hier hilft eine Suche im Web weiter - oder die Deaktivierung von Software, die sich nicht zuordnen lässt. Wird das Programm doch benötigt, wird Ihnen das System das schon mitteilen… Quelle: AP
Die Maus arbeitet, ohne dass Sie sie benutzenSpringt der Mauszeiger wie wild über den Bildschirm und trifft dabei Auswahlen oder vollführt andere Aktionen, für deren Ausführung im Normalfall geklickt werden müsste, ist der Computer definitiv gehackt worden. Mauszeiger bewegen sich durchaus schon einmal von selbst, wenn es Hardware-Probleme gibt. Klick-Aktionen jedoch sind nur mit menschlichem Handeln zu erklären. Stellen Sie sich das so vor: Der Hacker bricht in einen Computer ein und verhält sich erst einmal ruhig. Nachts dann, wenn der Besitzer mutmaßlich schläft (der Rechner aber noch eingeschaltet ist), wird er aktiv und beginnt, das System auszuspionieren - dabei nutzt er dann auch den Mauszeiger. Quelle: dpa
Was zu tun ist: Wenn Ihr Rechner des Nachts von selbst "zum Leben erwacht", nehmen Sie sich kurz Zeit, um zu schauen, was die Eindringlinge in Ihrem System treiben. Passen Sie nur auf, dass keine wichtigen Daten kopiert oder Überweisungen in Ihrem Namen getätigt werden. Am besten einige Fotos vom Bildschirm machen (mit der Digitalkamera oder dem Smartphone), um das Eindringen zu dokumentieren. Anschließend können Sie den Computer ausschalten - trennen Sie die Netzverbindung (wenn vorhanden, Router deaktivieren) und rufen Sie die Profis. Denn nun brauchen Sie wirklich fremde Hilfe. Anschließend nutzen Sie einen anderen (sauberen!) Rechner, um alle Login-Informationen und Passwörter zu ändern. Prüfen Sie Ihr Bankkonto - investieren Sie am besten in einen Dienst, der Ihr Konto in der folgenden Zeit überwacht und Sie über alle Transaktionen auf dem Laufenden hält. Um das unterwanderte System zu säubern, bleibt als einzige Möglichkeit die komplette Neuinstallation. Ist Ihnen bereits finanzieller Schaden entstanden, sollten IT-Forensiker vorher eine vollständige Kopie aller Festplatten machen. Sie selbst sollten die Strafverfolgungsbehörden einschalten und Anzeige erstatten. Die Festplattenkopien werden Sie benötigen, um den Schaden belegen zu können. Quelle: dpa
Online-Passwörter ändern sich plötzlichWenn eines oder mehrere Ihrer Online-Passwörter sich von einem auf den anderen Moment ändern, ist entweder das gesamte System oder zumindest der betroffene Online-Dienst kompromittiert. Für gewöhnlich hat der Anwender zuvor auf eine authentisch anmutende Phishing-Mail geantwortet, die ihn um die Erneuerung seines Passworts für einen bestimmten Online-Dienst gebeten hat. Dem nachgekommen, wundert sich der Nutzer wenig überraschend, dass sein Passwort nochmals geändert wurde und später, dass in seinem Namen Einkäufe getätigt, beleidigenden Postings abgesetzt, Profile gelöscht oder Verträge abgeschlossen werden. Quelle: dpa
Was zu tun ist: Sobald die Gefahr besteht, dass mit Ihren Daten handfest Schindluder getrieben wird, informieren Sie unverzüglich alle Kontakte über den kompromittierten Account. Danach kontaktieren Sie den betroffenen Online-Dienst und melden die Kompromittierung. Die meisten Services kennen derartige Vorfälle zu Genüge und helfen Ihnen mit einem neuen Passwort, das Konto schnell wieder unter die eigene Kontrolle zu bekommen. Einige Dienste haben diesen Vorgang bereits automatisiert. Wenige bieten sogar einen klickbaren Button "Mein Freund wurde gehackt!" an, über den Dritte diesen Prozess für Sie anstoßen können. Das ist insofern hilfreich, als Ihre Kontakte oft von der Unterwanderung Ihres Kontos wissen, bevor Sie selbst etwas davon mitbekommen. Werden die gestohlenen Anmeldedaten auch auf anderen Plattformen genutzt, sollten sie dort natürlich schnellstmöglich geändert werden. Und seien Sie beim nächsten Mal vorsichtiger! Es gibt kaum Fälle, in denen Web-Dienste E-Mails versenden, in denen die Login-Informationen abgefragt werden. Grundsätzlich ist es immer besser, ausschließlich Online-Dienste zu nutzen, die eine Zwei-Faktor-Authentifizierung verlangen - das macht es schwieriger, Daten zu entwenden. Quelle: dapd
Gefälschte Antivirus-MeldungenFake-Warnmeldungen des Virenscanners gehören zu den sichersten Anzeichen dafür, dass das System kompromittiert wurde. Vielen Anwendern ist nicht bewusst, dass in dem Moment, wo eine derartige Meldung aufkommt, das Unheil bereits geschehen ist. Ein Klick auf "Nein" oder "Abbrechen", um den Fake-Virusscan aufzuhalten, genügt natürlich nicht - die Schadsoftware hat sich bestehende Sicherheitslücken bereits zunutze gemacht und ist ins System eingedrungen. Bleibt die Frage: Warum löst die Malware diese "Viruswarnung" überhaupt aus? Ganz einfach: Der vorgebliche Prüfvorgang, der immer Unmengen an "Viren" auftut, wird als Lockmittel für den Kauf eines Produkts eingesetzt. Wer auf den dargestellten Link klickt, gelangt auf eine professionell anmutende Website, die mit positiven Kundenbewertungen und Empfehlungen zugepflastert ist. Dort werden Kreditkartennummer und andere Rechnungsdaten abgefragt - und immer noch viel zu viele Nutzer fallen auf diese Masche herein und geben ihre Identität freiwillig an die Kriminellen ab, ohne etwas davon zu merken. Quelle: dpa/dpaweb

E-Mails wie diese gehören zum Alltag: Am 20. Januar etwa schreibt eine Volksbank, das neue Datenschutzgesetz schreibe vor, dass Kunden bitte ihre Identität bestätigen sollen. Am 23. Januar will das Sicherheitssystem der Barclaycard plötzlich checken, ob Kunden legitime Eigentümer ihrer Kreditkarte sind. Und einen Tag später steht unerwartet ein Sicherheitsupdate der Commerzbank zur Betrugsprävention an: Kunden sollen ihre Mobilfunknummer hinterlegen, um eine Hürde für Betrüger aufzustellen.

Was all diesen Sicherheitsprüfungen gemeinsam ist: Sie sind plumpe Fakes. Sie stammen aus E-Mails, die Betrüger massenhaft versenden, sogenannten Phishing-Mails. Darin täuschen sie Bankkunden ein Problem mit ihrem Konto vor. Ein Link in der E-Mail soll Abhilfe schaffen. Doch wer dort Login-Daten, Transaktionsziffern oder Mobilfunknummern für seine Hausbank eingibt, landet in den Fängen der Onlinebetrüger.

Selber schuld? Verbraucherzentralen und Banken warnen ständig vor den Maschen der Diebe. Doch die werden immer perfekter. Während ihre E-Mails vor wenigen Jahren noch übersät waren mit Tippfehlern, sehen sie mittlerweile täuschend echt aus. „Sich eine Infektion über eine gefälschte E-Mail zu holen ist immer noch der prominenteste Weg für Betrug beim Onlinebanking“, sagt Thomas Hemker, Sicherheitsstratege bei Symantec. Dem Bundeskriminalamt wurden 2015 rund 4500 Fälle von Phishing im Finanzsektor gemeldet. Der Schaden: 18 Millionen Euro, im Schnitt wurde jeder betroffene Kunde um 4000 Euro gebracht. In Einzelfällen können Schäden auch Hunderttausende Euro betragen. Meist erstatten Banken das Geld den Kunden aus Kulanz und versuchen selbst, die missbräuchlich abgebuchten Beträge zurückzuholen. Denn: An der Sicherheit der Konten hängt ihr Ruf.

Sicherheit im Onlinebanking

70 Prozent der deutschen Bankkunden nutzen ein Onlinekonto, und gut jeder dritte mittlerweile auch sein Smartphone für Geldgeschäfte, zeigt eine Studie des Branchenverbands Bitkom. Apps der Banken machen es heute besonders bequem, jederzeit und überall auf sein Konto zuzugreifen. Doch wer das macht, muss wissen: Es geht um einen „Kompromiss zwischen Sicherheit und Bequemlichkeit“, sagt Heiko Wolf, Leiter des Informations-Risikomanagements der ING-Diba und Vorstand des Vereins G4C, der Präventionsmaßnahmen gegen Cyberkriminalität fördert. „Beides gleichzeitig stellt eine Herausforderung dar.“ Man könnte auch sagen: Wer faul ist, lebt unsicher.

Auf die eigene Sicherheit achten

Beide, Banken und Kunden, müssen ihre Konten sichern. Banken etwa durch Authentifizierungsmaßnahmen, wobei gilt: Login und Authentifizierung sollten immer über zwei verschiedene Kanäle erfolgen. Banking am Laptop also und Erstellung einer Transaktionsnummer (TAN) zur Bestätigung der Überweisung auf dem Smartphone. Ein Angreifer müsste dann nämlich Laptop und Smartphone eines Kunden manipulieren, um an sein Geld zu kommen. Ein erheblicher Aufwand. Kunden müssen sich stets mit mindestens zwei Faktoren ausweisen: Wissen und Besitz. Das können zum einen ein Passwort, ein Code oder die persönliche Identifikationsnummer (PIN) sein. Und zusätzlich etwas, das nur der Nutzer besitzen kann, wie etwa das eigene Mobiltelefon. Sie müssen dann dafür sorgen, dass ihnen beim Überweisen kein Gauner über die Schulter guckt:

Merkregeln für sichere Passwörter

die persönlichen Zugangscodes dürfen nicht elektronisch gespeichert werden,

- Kennwörter und TAN-Generatoren müssen getrennt voneinander aufbewahrt werden,

- der Nutzer darf jeweils nur eine TAN zur Autorisierung einer Überweisung oder anderer Aufträge nutzen,

- PIN und TAN dürfen nicht außerhalb des Onlinebankingverfahrens weitergegeben werden, also beispielsweise per E-Mail,

- das Gerät, mit dem eine TAN per SMS empfangen wird, darf nicht gleichzeitig für das Onlinebanking genutzt werden.

Das sind die zehn größten Datenschutzsünden
Jemand anderem die EC-Karten-Pin verraten, immer das selbe, einfallslose Passwort verwenden, das umstrittene Teilen von Kinderfotos über Facebook: Eine Forsa-Umfrage hat ermittelt, wie häufig welche Fahrlässigkeiten beim Datenschutz vorkommen. Dabei geben 27 Prozent an, ganz ohne Sünde zu sein. Die größte Gruppe stellen hier mit 43 Prozent die über 60-Jährigen – mit sinkendem Alter nimmt die Prozentzahl der Sündenlosen ab. Bei den 45- bis 59-Jährigen sind es noch 28 Prozent, dann folgen die 30- bis 44-Jährigen (18 Prozent ) und von den 18- bis 29-Jährigen sind nur zehn Prozent ohne Sünde. Die Frauen (30 Prozent ) stehen besser da als die Männer (24 Prozent ). Doch wo wird am meisten gesündigt?Quelle: Forsa-Studie „Die größten Sünden 2015 – Teil 5: Datensicherheit“ im Auftrag der Gothaer Quelle: dpa
Aus Versehen auf die Mail von zwielichtigen Absendern, die auf krumme Geschäfte hoffen, geantwortet – das ist doch jedem schon einmal passiert, oder? Ein Prozent der Befragten haben auf eine Spam-Mail geantwortet – vor allem machen das Männer im Alter von 45 bis 59 Jahren oder über 60 Jahre. Quelle: dpa
Die Seite sieht aus wie mit Paint gemalt und liest sich wie frisch von Google übersetzt, aber dafür kostet der Flug nach New York und zurück auf auch nur 200 Euro. Gut, vielleicht ein leicht überzogenes Beispiel. Dennoch: Drei Prozent der Befragten haben sich schon einmal durch günstige Preise dazu hinreißen lassen, einen Flug auf einem unbekannten Portal zu buchen. Vor allem bei den Unter-30-Jährigen sind derartige Seiten beliebt (acht Prozent ). Quelle: dpa
Vertrauen Sie keinen E-Mail-Anhängen von unbekannten Absendern. Denn öffnen Sie auch nur einen falschen Anhang, kann ihr Computer schon infiziert sein. Insgesamt fünf Prozent haben bereits diesen Fehler gemacht. „Dateianhang nicht öffnen“ lautet hier die Devise. Quelle: dpa/dpaweb
Auffällig ist, dass vor allem junge Menschen zwischen 18 und 29 Jahren besonders fahrlässig mit Daten umgehen. Den Pin-Code, für das Smartphone zum Beispiel, verraten 13 Prozent anderen Menschen (gesamt: sechs Prozent). Quelle: dpa
Wenn man keine Anti-Virus-Software verwendet oder diese nicht regelmäßig aktualisiert, ist das System ungeschützt vor Hackern. Auch weil es oft zu schnell gehen soll: Zwölf Prozent der Jüngeren (18 bis 29 Jahre) haben schon einmal den Virenscan abgebrochen, weil er zum Beispiel ihren Computer verlangsamte (gesamt: sieben Prozent). Quelle: dpa
Wenn Eltern unbekümmert Bilder ihrer Kinder in sozialen Netzwerken posten, kann das gefährlich werden. Zehn Prozent der Befragten scheinen sich dieser Gefahr nicht bewusst zu sein. Quelle: dpa

Wer gegen diese Pflichten verstößt, muss im Schadensfall bis zu 150 Euro selbst tragen. Um ihren Zugang so gut wie möglich zu schützen, sollten Onlinebankingkunden es deshalb vermeiden, öffentliche Internetverbindungen wie WLAN-Hotspots zu nutzen. Stattdessen, wenn nötig, das eigene mobile Internet auf dem Smartphone. Sie sollten keine Apps einsetzen, die gleich auf mehrere ihrer Konten zugreifen und keine Links in vermeintlichen E-Mails ihrer Bank anklicken, um sich als Kontoinhaber zu verifizieren. Pflichtprogramm ist außerdem, regelmäßig Updates sowie Virenscanner und Firewall zu installieren. „Viele Nutzer haben ihren heimischen PC am Schreibtisch mittlerweile gut abgesichert“, sagt Hemker. „Für Smartphones, insbesondere solche mit Android-Betriebssystem, können wir das nicht sagen. Dort ist es für Angreifer sehr leicht möglich, über infizierte Programme im App-Store Schadsoftware zu installieren.“

Der Bank ausgeliefert

Natürlich können Privatkunden ihre Bankgeschäfte auch in einer Art Fort Knox ausführen. Homebanking Computer Interface (HBCI) heißen diese Verfahren, die meist separate Kartenlesegeräte und Software benötigen, die Kunden rund 50 Euro kosten können. Diese Verfahren gelten zwar als die sichersten, sind aber eben nicht besonders nutzerfreundlich. „PushTAN, App-basierte Verfahren oder mTAN bieten einen guten Kompromiss zwischen Sicherheit und Bequemlichkeit“, sagt Wolf vom G4C. Das alles sind Verfahren, bei denen Nutzer entweder über ein Smartphone Transaktionsnummern für eine bestimmte Überweisung erzeugen können oder sie sich zum Beispiel per SMS zuschicken lassen. Die deutschen Banken bieten solche Verfahren flächendeckend an. Den Kunden bleibt überlassen, ob sie eines der besonders sicheren Verfahren nutzen.

Einige Banken entscheiden sich bewusst dazu, ihren Kunden mit zwei Apps auf dem gleichen Smartphone sowohl das Onlinebanking als auch die TAN-Vergabe zu ermöglichen. Eigentlich schon laut Geschäftsbedingungen der meisten Banken ein Tabu. „Wenn die Bank sagt, sie garantiert die Kanaltrennung, auch wenn Sie auf dem gleichen Gerät die TAN generieren und die Banking-App ausführen, dann wird sie auch für eventuelle Schäden aufkommen“, sagt Christian Leuthner, Anwalt bei Olswang und Experte für IT-Recht, „wenn der Missbrauch auf dem Versagen dieser Trennung beruht.“

Ein gewisses Risiko bleibt immer

Bei einer Umfrage der Berater von Accenture sagten 2015 zwei Drittel von 900 befragten Bankmanagern weltweit, dass ihre IT-Systeme wöchentlich bis täglich angegriffen werden. Doch: „Die etablierten Banken in Deutschland haben ein hohes Schutzniveau – auch im Vergleich mit anderen Industrien“, sagt Claus Herbolzheimer, Finanz-IT-Experte beim Berater Oliver Wyman. Dass es im Ausland für Kunden riskanter zugeht, zeigt zum Beispiel ein Fall der Tesco Bank in Großbritannien. Im November hatten sich Angreifer in das System der Bank geschlichen und Geld von 9000 Konten abgeräumt. Den Schaden von umgerechnet 2,9 Millionen Euro erstattete die Bank ihren Kunden. Das Vertrauen in ihr Finanzinstitut dürften die aber verloren haben.

Diese Branchen sind am häufigsten von Computerkriminalität betroffen

Die Daten der Schadensfälle durch Phishing-Angriffe in Deutschland zeigen: Sobald Banken neue Sicherungskonzepte umsetzen, gehen die Fallzahlen zurück (siehe Grafik). „Erfahrungsgemäß ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich die Täterseite auf die neuen Standards eingestellt hat und die Fallzahlen wieder ansteigen“, schreibt das BKA. Das Spiel beginnt von vorn.

„Es wäre wünschenswert, dass Sicherheit ein Wettbewerbsvorteil ist. Aber ich glaube nicht, dass die Kunden ihre Bank danach auswählen“, sagt Hemker von Symantec. „Sofern es irgendwo einen minimal besseren Zinssatz gibt, rückt das Schutzniveau des Kontos in den Hintergrund.“

Vincent Haupert hat bereits drei Mal bewiesen, dass Banken es Angreifern nicht besonders schwer machen, ihre Onlineangebote zu knacken. Der 27-Jährige schreibt gerade seine Doktorarbeit an der Universität Erlangen-Nürnberg zum Thema Sicherheit im digitalen Zahlungsverkehr. Und er hat dabei selbstverständlich in bester Absicht bereits die TAN-App der Sparkassen, das photoTAN-Verfahren der Deutschen Bank und der Commerzbank und die Banking-App des Start-ups N26 ausgehebelt.

Derzeit werde die Sicherheit der Nutzer bewusst hinten angestellt, meint er: „In der Finanzbranche setzt man auf Nutzerfreundlichkeit um jeden Preis.“ Zwar hätten alle Banken bestimmte Sicherheitskonzepte in ihren Onlinedienstleistungen umgesetzt. Eine Lücke lasse sich aber immer finden. „Ich war bei meinen Versuchen überrascht, wie leicht der Zugriff war.“

Von diesen Passwörtern sollten Sie die Finger lassen
Schwache Passwörter Quelle: dpa
Hacker lieben schwache Passwörter Quelle: dpa
Platz 10: hallo123Im vergangenen Jahr stand auf Platz 10 noch das Passwort "ficken" – das zehntplatzierte Passwort dieses Jahr ist deutlich jugendfreier und lautet "hallo123". Quelle: dpa
Platz 9: 111111Leicht zu merken und ebenso leicht zu hacken: "111111". Quelle: dpa
Platz 8: 1234567Bis sieben kann jedes Kindergartenkind zählen - vielleicht ist deshalb diese einfache Zahlenfolge eines der beliebtesten Passwörter der Deutschen. Quelle: dapd
Platz 7: passwortEin Passwort, das man zumindest nicht vergisst, lautet "passwort" und erfreut sich großer Beliebtheit. Quelle: dpa
Platz 6: hallo Ahoi, bonjour, Ciao, Grüß Gott, Guten Tag – es gibt viele Grußformeln, die in Deutschland geläufig sind. Als Passwort eignet sich wahrscheinlich jede davon eher als "hallo" – allerdings sind sie allesamt keine empfehlenswerten Passwörter. Quelle: dpa

Sollten Bankkunden also den Stecker ziehen? Bietet am Ende das altbewährte Sparbuch den einzigen Schutz vor Cyberangriffen, wenn es unbemerkt hinter dem Schrank verstaubt (siehe auch Seite 75)? „Gebundene Sparbücher sind Urkunden und damit Beweismittel im Sinne der Zivilprozessordnung“, heißt es offiziell vom Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken. Kunden können allein mit Vorlage des Sparbuchs ihre Ansprüche gegenüber der Bank geltend machen. Ein Kontoauszug ist dagegen nur ein Informationsschreiben.

Ist das Geld der Onlinekunden verloren, wenn Hacker angreifen und das zentrale Register einer Bank samt digitaler Sicherungen manipulieren? Eine Urkunde zum Nachweis der Höhe ihrer Einlagen besitzen sie im Gegensatz zu Sparbuchinhabern schließlich nicht mehr.

Angriffsziele von aufsehenerregenden Cyberangriffen

Peter Balzer ist Partner der Kanzlei Sernetz Schäfer und Experte für Bank- und Kapitalmarktrecht. Für ihn macht es aus rechtlicher Sicht keinen Unterschied, ob Guthaben lediglich auf einem Girokonto verbucht sind oder – wie bei einem Sparbuch – eine Urkunde über die Forderung existiert. „Selbst wenn Bankenserver ausfallen sollten, hat dies auf den Bestand der Forderung gegenüber der Bank keine Auswirkungen“, sagt er. Kunden könnten sich etwa auf das Guthaben im letzten Rechnungsabschluss oder Kontoauszug berufen, selbst wenn das nur als PDF-Datei vorliegt. „In der Praxis kommt es auch einfach nicht vor, dass die Forderung des Kunden aufgrund von EDV-Problemen erlischt“, sagt er. IT-Experten halten es zwar für möglich, dass auch Sicherungen der Banken von Cyberangriffen betroffen sein könnten und jegliche Einträge zu Guthaben der Kunden ausgelöscht werden. „Aber wir sprechen dann wirklich von einem Katastrophenszenario“, sagt Hemker.

Für Balzer, der Banken in Prozessen vertritt, stellt sich vielmehr die Frage, ob die Kundenkonten tatsächlich geknackt wurden, wenn Geld abgebucht wurde, ohne dass es jemand veranlasst haben will. „Oder haben die Kunden entgegen der vertraglichen Vereinbarungen ihre Zugangsdaten bewusst oder in fahrlässiger Weise weitergegeben? Danach richtet sich letztlich, wer den Schaden trägt.“ Da die Rechtsstreitigkeiten in diesem Bereich deutlich zugenommen haben, dürfe der Kunde auch nicht mehr ohne Weiteres auf die Kulanz der Bank hoffen. Denn die kennen die alte Hacker-Weisheit: Organisationen stecken Millionen in Sicherheitssysteme und verschwenden ihr Geld, da keine dieser Maßnahmen das schwächste Glied der Sicherheitskette berücksichtigen kann: die Anwender.

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