Paradoxe Präferenzen Generation Z will „Sparbuch mit Lotto-Effekt“

Zwischen Freiheit und Sicherheit: Für die Generation Z ist es schwer, passende Finanzprodukte zu finden. Quelle: Getty Images

Sie spart mehr als ihre Eltern, Sicherheit ist ihr wichtiger als hohe Renditen und trotzdem sehnt sie sich nach Freiheit. Kein Wunder, dass es der Generation Z schwerfällt, geeignete Finanzprodukte zu finden.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

„Kind, du musst sparen“ – ein gut gemeinter elterlicher Ratschlag, der bei der Generation Z längst überflüssig geworden ist. Jeder Zweite der unter 25-Jährigen spart regelmäßig: Durchschnittlich 179 Euro legen die jungen Deutschen monatlich zur Seite. Das sind 42 Euro mehr als noch vor drei Jahren. Das hat der Bundesverband deutscher Banken in seiner Jugendstudie „Wirtschaftsverständnis, Finanzkultur und Digitalisierung bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen“ im November 2018 erhoben.

Dafür verantwortlich ist ein erstaunliches Sicherheitsdenken unter den „Z-lern“, denn: So selbstbewusst sie sich durch digitale Sphären bewegen, so unsicher sind sie, was ihre wirtschaftlichen Zukunftschancen anbelangt. 85 Prozent der nach 1995 Geborenen betonen, dass es für sie „sehr wichtig“ oder „wichtig“ sei, im Leben nach Sicherheit zu streben. Anders als ihre Vorgänger aus der Generation Y, die in den boomenden 2000er Jahren groß geworden sind, sind sie risikoaverser und weniger experimentierfreudig, wenn es um Geldfragen geht.

Das Paradoxe: Zwar wünschen sich die „Z-ler“ eine strukturierte und sichere Umgebung, an ihrer Freiheit möchten sie dafür aber nichts einbüßen. Das bestätigt die Studie „Junge Deutsche 2019“, im Rahmen derer Jugendforscher Simon Schnetzer insgesamt 1007 Vertreter der Generation Z und Y zu ihren „wichtigsten Werten“ befragt hat. 69 Prozent der 14- bis 21-Jährige geben demnach an, dass ihnen Freiheit „sehr wichtig“ sei. Zum Vergleich: Leistung und Karriere spielen nur für jeden dritten jungen Menschen eine wichtige Rolle. Sicher auf der einen, frei auf der anderen Seite - ein Widerspruch, der den „Z-lern“ vor allem in Sachen Geldanlage zum Verhängnis wird.

Generation X, Y, Z: Das sind die wichtigsten Merkmale

Oliver Tabino, Geschäftsführer der Q Agentur für Forschung in Mannheim, untersucht regelmäßig für Banken und Finanzdienstleister das Anlageverhalten der „Digital Natives“. Er glaubt zu wissen, warum die jüngste Generation der Zukunft pessimistisch entgegenblickt: „Die Generation Z ist mit Negativschlagzeilen wie Finanz-, Währungs- und Schuldenkrise aufgewachsen“, erklärt Tabino. Selbst wenn die Jahrgänge 1995 und jünger diese Krisen nur indirekt durch Eltern oder Bekannte miterlebt hätten, beeinflusse sie deren Anlageverhalten nachhaltig, ist Tabino überzeugt: „Wer in unsicheren Zeiten aufwächst, der verspürt schon in jungen Jahren, das Bedürfnis finanziell vorzusorgen.“

Tatsächlich ist eine sichere Geld- und Sparanlage der Generation Z wichtiger als hohe Renditen. So erwartet sich mehr als jeder Zweite unter 25-Jährige vor allem Einlagensicherheit von seiner Bank, hohe Zinsen sind hingegen nur für 21 Prozent „sehr wichtig“.

Und so nutzt die Generation Z vor allem niedrig- oder festverzinsliche Anlageformen: 76 Prozent der unter 25-Jährigen bunkern ihr Vermögen auf dem Girokonto, knapp die Hälfte besitzt ein Sparbuch. Einen Bausparvertrag besitzt laut Studie des Bundesbankenverbands etwa jeder Fünfte. In Aktien investieren hingegen nur neun Prozent und auch in Sachen Kryptowährungen sind die „Digital Natives“ nicht ganz so digital-affin, wie ihr Name vermuten lässt: Bitcoin & Co haben es nur bei etwa sechs Prozent der Junganleger ins Portfolio geschafft.

Gamifizierung ist nicht alles

Auch innovative Finanzprodukte und schicke Apps beeindrucken die jungen Investoren nicht. Während sich die Generation Z in Sachen Fashion, Lifestyle und Ernährung fast schon reflexartig Influencern fügt, liegt die Hemmschwelle bei Geldfragen deutlich höher. „Bei Anlagethemen sind junge Menschen auf der Suche nach konkreten Informationen und fundierten Meinungen“, sagt Jugendforscher Schnetzer.

Bei Fin-Techs sieht er folgendes Problem: Zwar würden diese spielerische Lösungen versprechen und sich am digitalen Mindset junger Menschen orientieren, indem sie Geldanlage per Smartphone oder Tablet anbieten, aber: Gamifizierte Angebote erzeugen offenbar einen Widerspruch in den Köpfen der jungen Investoren. „Hier prallt ihre harmlose App- und Online-Welt mit ernsten, finanziellen Risiken und möglichen Verlusten zusammen“, erklärt Schnetzer. „Hübsche Benutzeroberflächen ziehen nicht in allen Lebensbereichen“ – selbst bei den Digital Natives nicht.

Hinzu kommt, dass die Generation Z in Punkto Finanzwissen deutlich Aufholbedarf hat. In Schnetzers Studie „Junge Deutsche 2019“ geben knapp 45 Prozent der „Z-ler“ an, in Sachen Geldanlage, Steuern und Altersvorsorge „schlecht“ oder „sehr schlecht“ auf die Zukunft vorbereitet zu sein. Die Umfrage des Bundesverbands deutscher Banken bestätigt dieses Bild: Sieben von zehn jungen Menschen können demnach nicht erklären was ein Investmentfonds ist, jeder Zweite kennt das Prinzip der Risikostreuung nicht. Etwa zwei Drittel geben an, kaum Wissen über das Börsengeschehen zu haben. „Ihr dadurch eingeschränktes Urteilsvermögen in Finanzfragen sorgt dafür, dass die Generation Z die scheinbar extra auf sie zugeschnittenen Digital-Produkte nicht so leicht annimmt, wie es Anbieter gerne hätten“, sagt Schnetzer.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%