Portfoliostrategie in Krisenzeiten Zu wenige Körbchen für die Anlage-Eier

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Moderne Portfoliotheorie

Welche Dax-Aktien ihre Rekorde schon geknackt haben

Die Portfoliostrategie von Nobelpreisträger Harry M. Markowitz gehört längst zum Standardrepertoire eines jeden Vermögensverwalters. Der US-Wissenschaftler gilt als Vater der Modernen Portfoliotheorie, deren Grundzüge er bereits in den 50er Jahren entwickelt hat. 1990 erhielt er dafür den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften gemeinsam mit zwei weiteren Ökonomen. Auf seinen Lehren basieren bis heute die Anlageentscheidungen von Versicherungen, Pensionskassen, Fondsmanagern und Vermögensverwaltern.

Sein Verdienst lag vereinfacht ausgedrückt vor allem in der Suche nach dem optimalen Verhältnis von Chancen zu Risiken. Da sich jedes Wertpapier und jede Anlageklasse anders als erwartet entwickeln kann, nutzte Markowitz die Abweichungen vom Erwartungswert – mit Ausreißern nach oben wie nach unten -, um das Chance-Risiko-Verhältnis einer Anlage zu bestimmen. Um in einem Portfolio zu einer optimalen Gewichtung der Investments zu gelangen, betrachtete der US-Ökonom zudem die Korrelation zwischen den verschiedenen Wertpapieren. So korreliert beispielsweise der Ölpreis mit der Kursentwicklung von Aktien der Mineralölgesellschaften positiv, das heißt die Aktien entwickeln sich tendenziell in die gleiche Richtung wie der Ölpreis. Ein Wertpapierdepot, das ausschließlich auf Anlagen setzt, deren Renditen und Verlustrisiken derart miteinander verbunden sind, lässt also nicht zu, dass Verluste des einen Investments durch Gewinne einer anderen Anlage abgefedert werden. Nach Markowitz empfiehlt sich daher idealerweise ein Portfolio mit Investments, die sich weder im Gleichschritt noch komplett entgegengesetzt entwickeln, also überhaupt nicht miteinander korrelieren. Je unabhängiger die Investments voneinander sind, umso besser für das Gesamtportfolio.

Die Moderne Portfoliotheorie stellt somit die Risikostruktur eines Wertpapierportfolios in den Mittelpunkt. Markowitz Verdienst besteht vor allem darin, den Beweis dafür geführt zu haben, dass sich durch Streuung der Investments in einem Portfolio bei gegebenen Renditeerwartungen das Risiko soweit senken lässt, dass es geringer als das Risiko der einzelnen Anlagen ausfällt. Anders gesagt: Das Verlustrisiko sinkt, ohne das die Ertragschancen gemindert werden. Das geht natürlich auch umgekehrt: Anleger, die ein gewisses Verlustrisiko nicht überschreiten wollen, können damit ihre Renditechancen erhöhen. Effiziente Portfolien haben bei einem begrenzten Risiko die maximale Renditeerwartung erreicht. Es gibt also keine andere Portfoliostruktur, die bei gleichem Risiko einen höheren Gewinn verspricht.

Finger weg von Finanzprodukten, wenn...

In der Praxis ist das allerdings nicht so einfach. Zwar ist die Schwankungsbandbreite der Kurse über einen bestimmten Zeitraum, die sogenannte Volatilität, ein passables Indiz für das Verlustrisiko einer Aktie oder Anleihe. Auch die Gewinnerwartung – etwa einer Aktie - lässt sich noch ganz gut anhand der Unternehmensprognosen oder durchschnittlichen Analystenerwartungen bestimmen. Aber in Zeiten wie diesen, in denen politische Entscheidungen von Regierungen und Staatengemeinschaften sowie die Maßnahmen von Notenbanken die Kapitalmärkte und die konjunkturelle Entwicklung massiv beeinflussen, wird die Risikosteuerung zur Tortur. Bei der Bestimmung der Chance-Risiko-Verhältnisse einer komplexen Vermögensstruktur aus Aktien, Staats- und Unternehmensanleihen, Immobilien, Rohstoffen und Gold mit Anteilen in verschiedenen Branchen, Ländern und Regionen stoßen Privatanleger schnell an ihre Grenzen.

Sind also die Grundsätze der Markowitz‘schen Portfoliotheorie derzeit ausgehebelt?

Matthias Steinhauer von Concept Vermögensmanagement in Bielefeld ist da kritisch. „Das Bonmot ‚Etliche Staatsanleihen bieten inzwischen renditefreies Risiko‘ ist bezeichnend und charakterisiert die Situation vielerorts zutreffend. Die Bonität von öffentlichen Schuldnern schwindet, die von Unternehmen verbessert sich relativ dazu. Selten war das Chancen-Risiko-Verhältnis von Aktien im Vergleich zu Anleihen so deutlich attraktiver als jetzt." Steinhauer erwartet, dass dieser Zustand noch länger bestehen bleibt. "Die Tatsache, dass Politik und Notenbanken weiterhin lediglich ihrem Reflex folgen, ohne eine nachhaltige Perspektive zu entwickeln, lässt erwarten, dass diese Entwicklung solange anhält, bis die Märkte die Verschiebung der Relationen hinreichend eingepreist hat."

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