
Wie schnell Hoffnung an den Börsen wieder in Angst umschlagen kann, haben die Bemühungen um eine Rettung Zyperns in den vergangenen zwei Wochen deutlich gezeigt: Als nach einigem Hin- und Her um die Beteiligung der zyprischen Sparer an der Bankenrettung schließlich eine Lösung seitens der zyprischen Regierung und der europäischen Staatengemeinschaft präsentiert wurde, reagierten die Börsen zunächst erleichtert und mit steigenden Kursen. Als Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem die Beteiligung der Sparer jedoch als Modell für andere Staaten bezeichnete, verpuffte die gute Stimmung binnen weniger Stunden. Es kam zu Bewegungen auf allen Märkten: die Preise für Aktien, Anleihen und Rohstoffe reagierten prompt. Die Kurse reagierten nicht nur in Europa, sondern auch in Amerika und Asien umgehend.
Für Anleger sind solche Tage purer Stress. Risiken, derer man sich entledigt glaubt, tauchen plötzlich wieder auf, sicher geglaubte Gewinne verschwinden binnen weniger Minuten wieder. Ein öffentlich geäußerter Satz eines politischen Würdenträgers kann die Rendite von Wochen und Monaten zunichte machen. Ähnliches erlebten Anleger nur wenige Wochen zuvor mit dem Streit um die Fiskalklippe in den USA. Auch hier gaben sich Hoffen und Bangen die Hand.
Damit Anleger solche plötzlichen Ereignisse und Schwankungen an den Märkten besser abfedern und einen Komplettverlust vermeiden können, gibt es eine alte und einfache Börsenweisheit, die einem gerade an den Osterfeiertagen wieder bildhaft ins Gedächtnis gerufen wird: „Lege nie alle Eier in einen Korb“. Die Grundidee: Anleger sollten ihr Geld nicht ausschließlich in eine Anlageklasse wie etwa Aktien oder Staatsanleihen investieren, sondern immer über möglichst viele Anlageklassen streuen. Damit sollen Verluste begrenzt, Risiken gestreut und auch Nerven geschont werden.
Aber gilt dieser alte Grundsatz auch noch in Zeiten, in denen die Krisen immer schneller aufeinander folgen, die Geldschwemme der Notenbanken Märkte künstlich aufbläht und zum Spielball politischer Entscheidungen macht und eine risikofreie Rendite aufgrund niedriger Zinsen und anhaltender Inflationsrisiken nicht mehr möglich ist? In der zentrale Ereignisse unmittelbar auf die Börsen und Märkte rund um den Globus wirken? Hat sich unser Anlageuniversum so verändert, dass eine simple Verteilung der Anlageeier auf verschiedene Körbe nicht ausreicht, um Verlustrisiken zu minimieren?
Die zehn wichtigsten Aktien-Regeln
Gegen die größer werdenden Unwägbarkeiten sollte man sich zuallererst mit einer Strategie wappnen: Wer an kräftiges Wachstum in Deutschland glaubt, an einen anhaltenden Boom der Schwellenländer und hohen privaten Konsum, kann weiter am Aktienmarkt investieren. Wer skeptisch ist, sollte seine Bestände hingegen nicht aufstocken.
Eng verbunden mit der ersten Regel: Immer wieder kommt es vor, dass sich Dinge anders entwickeln, als man erwartet hat. Es ist wichtig, sich selbst immer wieder zu hinterfragen und nicht jeder Entwicklung hinterherzulaufen. Eine solche Reaktion zeugt nicht von einem geringen Vertrauen in die eigene Strategie. Es kostet meist auch Geld, weil die Masse schon vorher diese Richtung eingeschlagen und das Gros an Rendite eingefahren hat.
Groß oder klein, spekulativ oder konservativ, liquide oder illiquide, dividendenstark oder dividendenschwach, Substanz oder Wachstum: Bei Aktien ist die Auswahl riesig. Der richtige Mix aus spekulativen und konservativen Titeln hilft, Schwankungen zwischen guten und schlechten Zeiten auszugleichen. Nicht zu unterschätzen sind starke Dividendenzahler, die Jahr für Jahr den Grundstock für eine solide Rendite legen.
Keine Frage, die Börsen haben in den vergangenen zehn Jahren stärker geschwankt als in allen Dekaden zuvor. Das wird so bleiben, mit wachsendem Computerhandel sogar noch zunehmen. Wer sein Risiko minimieren will, baut Barrieren ein – sogenannte Stopps. Gerne werden Stopps bei 20 Prozent über und unterhalb des aktuellen Kurses gewählt. Dann wird automatisch verkauft, wenn diese Grenzen erreicht sind. Kommt eine Phase überraschend steigender Kurse mit anhaltendem Aufwärtstrend, lässt sich die Barriere leicht nach oben verschieben. Wichtig ist dann, auch die Barriere am unteren Ende nachzuziehen.
Wichtig in Phasen überraschender Kurssteigerungen oder -stürze ist es, das Verhalten der Masse zu beobachten. Ist es noch nachvollziehbar oder völlig irrational? Häufig ist es irrational. Dann hilft meist die zweite Regel: Widerstandskraft zeigen. Nach einigen Monaten kehrt die Rationalität von ganz allein zurück. Der Kurssturz aus dem vergangenen Jahr und die jüngste Entwicklung beweisen das gerade wieder.
Sind Aktien wie seit Jahresbeginn schon um 30, 40 oder gar 50 Prozent gestiegen, dann sind Anschlussgewinne in der Regel nur noch schwer zu erzielen. Phrasenverdächtig ist zwar die alte Weisheit: „An Gewinnmitnahmen ist noch niemand zugrunde gegangen.“ Richtig ist sie trotzdem.
Firmenchefs haben einen gewaltigen Vorteil gegenüber normalen Aktionären. Sie wissen weit mehr als jeder Analyst oder Kommentator, wie es in ihrem Unternehmen aussieht. Insider nennt man sie deshalb. Sie melden ihre Orders innerhalb von fünf Handelstagen an die Börsenaufsicht Bafin. Das Handelsblatt veröffentlicht alle zwei Wochen das sogenannte Insider-Barometer, das aus der Summe aller Kauf- und Verkaufsorders Schlüsse für den weiteren Verlauf in Dax & Co. zieht. Jüngste Tendenz: Vorstände und Aufsichtsräte verkaufen mehr als sie kaufen. Vorsicht also!
Terroranschläge und Naturkatastrophen kommen unerwartet. Politische Konflikte wie aktuell zwischen Israel und dem Iran schwelen meist länger. Entscheidende Wahlen wie jüngst in Russland und in diesem Jahr noch in Frankreich und den USA sind vorhersehbar und haben immer Einfluss auf die Börse. Dabei gilt generell: Wahljahre sind gute Börsenjahre.
Mit Optionsscheinen oder Bonus-Zertifikaten lässt sich zwar aus einem Aufwärtstrend ein noch größerer Profit schlagen. Dies sind jedoch in der Regel Wetten ohne realen Hintergrund. Aktien sind reale Werte.
Vor allem Aktien einzelner Branchen unterliegen immer wieder gewissen Moden. Doch die wechseln wie im realen Leben, und manchmal geht das schneller, als man denkt. Das bekommt gerade die einst angesehene Solarenergie-Branche bitter zu spüren.
Für Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Geschäftskunden der Deutschen Bank, hat sich das Anlageuniversum in den vergangenen Jahren nicht geändert. Schließlich seien keine neuen Anlageklassen hinzugekommen. „Sehr wohl hat sich jedoch die Gewichtung zwischen den verschiedenen Anlageklassen geändert. Aufgrund der Niedrigzinsen beobachten wir eine Umwälzung von den festverzinslichen Investments in volatilere Anlageklassen, also zum Beispiel von Staatsanleihen in Unternehmensanleihen, von dort in Schwellenländeranleihen und so weiter. Die Investoren klettern die Risikoleiter immer weiter hinauf.“