Es gibt gute Argumente für Gold als Geldanlage: Gold ist knapp, endlos wiederverwertbar und taugt seit Jahrtausenden weltweit als Zahlungsmittel. Auch wenn eine Volkswirtschaft zusammenbricht, alle Banknoten und Wertpapiere wertlos werden und die Inflation galoppiert, wird Gold immer noch wertvoll sein. Gold ist als Schutz vor dramatischen Wirtschafts- und Finanzkrisen eine wichtige Versicherung.
Aber seinen Glanz aus Zeiten der Finanz- und Schuldenkrise hat Gold inzwischen verloren, sogar das Image als unbestechliche Krisenwährung hat Risse bekommen. Und nicht nur der Goldpreis, sondern auch bei den anderen Edelmetallen Silber, Platin und Palladium gingen die Preise auf Talfahrt. Und nun senken auch noch einige Banken ihre Preisprognosen deutlich.
Dabei hat der Goldpreis in diesem Jahr nicht so reagiert, wie es gemeinhin erwartet worden war. Viele Marktbeobachter gingen davon aus, dass der Goldpreis mit dem erneuten Zahlungsverzug Griechenlands, der Schließung der griechischen Banken, den Notfallkrediten der Europäischen Zentralbank (EZB) und der eingeschränkten Verfügbarkeit von Bargeld in dem Mittelmeerstaat wieder anziehen würde. Angesichts des drohenden Grexit rechneten sie damit, dass der Goldpreis deutlich und womöglich dauerhaft steigen würde.
Genau das Gegenteil ist eingetreten: Der Goldpreis fiel mit weniger als 1080 Dollar je Feinunze auf das niedrigste Niveau seit fünfeinhalb Jahren. „Die kontinuierliche Aufwertung des US-Dollar aufgrund der näher rückenden Zinswende in den USA und der Aussicht auf eine anhaltend ultra-lockere Geldpolitik der EZB setzte dem Goldpreis ebenso zu wie die weiterhin niedrige Inflation“, analysiert Eugen Weinberg, Rohstoffexperte der Commerzbank, die Situation. Auch der Einbruch an Chinas Aktienmarkt seit Mitte Juni habe den Goldpreis nicht steigen lassen. „Da der Verkauf von Aktien durch Restriktionen seitens der Behörden massiv erschwert wurde, haben offensichtlich viele chinesische Investoren Industrie- und Edelmetalle verkauft, um ihre Aktienportfolios abzusichern“, vermutet Weinberg. Andere Experten sprechen davon, dass viele chinesische Anleger Aktien auf Kredit gekauft haben und nun Geld nachschießen müssen, um die Kredite abzusichern. Zu diesem Zweck würden chinesische Anleger große Mengen Gold verkaufen.
Meilensteine des Goldpreises
Die Goldgewinnung beginnt.
Rund 6.000 Jahre alt sind Funde aus Ägypten, die eine Bearbeitung des Edelmetalls belegen. Im Land der Pharaonen entsteht die erste große Goldkultur. Ein Großteil der Techniken, die zur Verarbeitung des Goldes notwendig sind, wird im antiken Ägypten entwickelt.
Gold gilt den Ägyptern als „Sonnenmetall“. Sowohl die Sonne als auch das Gold werden mit derselben Hieroglyphe bezeichnet. Ursprünglich kommt das Gold der alten Ägypter aus dem Nil, an dessen Ufern es in Form von Waschgold gewonnen wird. Später betreibt man in Nubien, Ägyptens Goldland, Bergbau, um an das kostbare Metall zu kommen.
Nach dem Ende der Spätantike um 600 bleibt der Solidus im Oströmischen Reich die wichtigste Währung. Sie ist bis zum beginnenden 12. Jahrhundert die Leitwährung in Europa, Nordafrika und Vorderasien. Gründe dafür sind der hohe Goldgehalt und die daraus folgende Stabilität der Goldwährung. Mit dem Niedergang von Byzanz verfällt auch dessen Währung.
Die Goldzirkulation im Rahmen der staatlichen Institutionen nimmt im frühen Mittelalter ab. Andererseits entwickelt sich das Geld in zunehmendem Maße zu einem Tauschmittel, welches dem Handels- und Marktgeschehen dient. Die ursprüngliche Goldwährung verliert als Zahlungsmittel an Bedeutung und wird nur noch als eine Art Wertspeicher gehortet. Die meisten Wohlhabenden wechseln zur Silberwährung, da Gold seltener und teurer ist als Silber. Silber weist lediglich den reinen Rechenbezug zum Gold auf.
Portugals Entdeckungsfahrten und die nachfolgende Kolonialisierung bringen afrikanisches Gold nach Europa. Jedoch gelingt es Portugal nicht, Goldvorkommen unter seine Kontrolle zu bringen. Die eingeführten Goldvorräte von von etwa 700 Kilogramm im Jahr kommen durch Tauschhandel zustande.
Funde belegen, dass in Westafrika seit mindestens 2.000 Jahren Gold gewonnen wird. Neben dem Königreich Mail (Gebiet im nordöstlichen Guinea) verfügt das Ashanti-Reich auf dem Territorium des heutigen Ghana, das vom Ende des 17. bis zum ausgehenden 19. Jahrhundert besteht, über reiche Goldvorkommen. Die 1897 gegründete Ashanti Goldfields Corporation ist unter dem Namen AngloGoldAshanti noch heute einer der größten Goldproduzenten der Welt.
Das 19. Jahrhundert steht im Zeichen des Goldes. Der Goldrausch beginnt in den 1820er Jahren in Russland, wo im Uralgebirge und später auch in Sibirien Goldvorkommen entdeckt werden. Im Januar 1848 findet man im kalifornischen Sacramento Valley Gold. Viele Menschen aus aller Herren Länder kommen in die Region, um ihr Glück zu versuchen. Weiter geht es 1851 mit der Entdeckung von Goldlagerstätten in Australien, wo in verschiedenen Gebieten in den folgenden Jahrzehnten weitere Lager erschlossen werden. Im März 1886 stößt man im südafrikanischen Transvaal, am so genannten Witwatersrand, auf die ergiebigste Goldlagerstätte der Welt. Der letzte Goldrausch des Jahrhunderts spielt sich in Alaska ab, wo im August 1896 am Mündungsgebiet des Klondike River in den Yukon River Gold gefunden wurde. Die reichen Vorkommen, die den Goldrausch ausgelöst haben, gewinnen erhebliche Bedeutung für die Wirtschaftskraft des jeweiligen Landes.
In den Jahren 1944 bis 1971 ist der US-Dollar an Gold gebunden. Jedes Land, das dem so genannten Bretton Woods System beitritt, hat das Recht, Dollar-Reserven zu einem fixen Preis von 35 USD je Unze in Gold umzutauschen. Vorrangige Ziele der Konferenz in Bretton Woods, New Hampshire, sind die Wiederherstellung der Wirtschaftsmacht Europa und die Belebung und Vereinfachung des Welthandels. Zu diesem Zweck sollen die Wechselkurse zwischen den Währungen stabilisiert werden. Trotz wirtschaftlicher Erfolge treten in der Folge die Mängel der Währungsordnung immer deutlicher zutage. Das Fehlen von Mechanismen der Zahlungsbilanzanpassung und die Vormachtstellung des US-Dollars lassen das System bröckeln...
Im August 1971 beendet US-Präsident Richard Nixon eine Ära: Er hebt die Bindung des US-Dollars an Gold auf und beendet das in Bretton Woods festgezurrte Weltwährungssystem.
Im März 1973 werden die Devisenbörsen in vielen Ländern Europas geschlossen, da das Bretton Woods System zusammenzubrechen droht. In der Folge wird das System offiziell außer Kraft gesetzt. Die Mehrzahl der großen Industrienationen geht zu einem System flexibler Wechselkurse über. Den Anfang machen die Schweiz und Großbritannien.
Zu Beginn des Jahres 1980 steigt der Goldpreis erstmalig auf 850 US-Dollar (inflationsbereinigt 2.100 US-Dollar). Steigende Ölpreise und die damit verbundene hohe Inflation, der sowjetische Einmarsch in Afghanistan und die Revolution in Iran treiben Anleger weltweit in den "sicheren" Hafen Gold.
In der Folge schaffen es die USA, die Inflation stark zu verringern. In einer langjährigen Phase des Aufschwungs sinkt der Goldpreis. Spekulationen über eine Reduzierung der Gold-Reserven der Notenbanken drücken ihn im August 1999 auf 251,70 US-Dollar.
Nur zwei Monate später einigen sich 15 europäische Zentralbanken auf eine Begrenzung der Gold-Verkäufe. Die Folge: Der Goldpreis steigt auf ein Zwei-Jahres-Hoch von 338 US-Dollar.
Seit Beginn der 2000er-Jahre steigt der Goldpreis stetig. Experten sind der Meinung, der Anstieg hängt mit der wachsenden Schuldenlast der USA und der Schwächung des US-Dollars gegenüber anderen Währungen zusammen. Der Einmarsch der US-Truppen in den Irak und die damit verbundene Angst vor einem Flächenbrand in der Region treibt Gold auf den höchsten Stand seit viereinhalb Jahren: 388,50 Dollar.
In den folgenden beiden Jahren nimmt der Goldpreis die Marken von 400 und 500 US-Dollar.
Der schwächelnde Dollar, steigende Ölpreise und der Atom-Konflikt mit Iran treiben Gold auf 730 US-Dollar. Das ist der höchste Stand seit 26 Jahren. Im Juni drücken Gewinnmitnahmen den Preis wieder auf 543 Dollar.
Der Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers verändert die globale Finanzwelt - und beschert dem Goldpreis den größten Tagesgewinn der Geschichte: Am 17. September 2008 steigt Gold binnen 24 Stunden um 90 Dollar.
Im Zuge der weltweiten Finanzkrise erreicht der Goldpreis ungeahnte Höhen. Im Februar 2009 schießt Gold über 1.000 US-Dollar. Drastische Kursverluste an den internationalen Aktienmärkten und die Gefahr einer weltweiten Rezession lassen Anleger in den sicheren Hafen flüchten.
Von Januar bis März 2009 verbuchen börsennotierte Gold-Fonds (ETFs) Rekord-Mittelzuflüsse. Die Goldbestände des weltgrößten Gold-Fonds, SDPR Gold, steigen um 45 Prozent auf 1127,44 Tonnen.
Ende 2009 verliert der Dollar weiter an Boden. Zudem sorgen Spekulationen um eine Ausweitung der Gold-Reserven durch Notenbanken dafür, dass der Goldpreis auf über 1.200 US-Dollar steigt.
Der Goldpreis steigt von Rekord zu Rekord. Vor allem die Angst vor einer Ausweitung der europäischen Schuldenkrise treibt das Edelmetall. Die Nachfrage der Anleger beschert Gold im Gesamtjahr ein sattes Plus von fast 30 Prozent. Ende des Jahres lässt das milliardenschwere Fed-Anleihenkaufprogramm den Goldpreis auf über 1.400 Dollar steigen.
Im August beschleunigt sich die Rekordjagd des Goldpreises. Einbrechende Aktienkurse weltweit verstärken die Flucht in Sicherheit. Binnen weniger Wochen legt der Goldpreis kräftig zu und steigt bis auf 1912 Dollar. Ein Anstieg über 2.000 Dollar gilt für die meisten Experten als ausgemacht. Doch tatsächlich folgt erst einmal ein langer Kursrutsch.
Die Spekulationen auf eine nachlassende Schwemme billigen Notenbank-Geldes aus den USA setzen den Edelmetallen zu. Der Preis für Gold fällt in Richtung 1200 Dollar je Feinunze. Es droht der größte Quartalsverlust seit dem Zusammenbruch des Währungssystems von Bretton Woods Anfang der 1970er Jahre.
Der Goldpreis erleidet den ersten Jahresverlust seit 13 Jahren. Der Preis des Edelmetalls gibt um 28 Prozent nach und fällt auf 1201 Dollar. Die Goldrally findet ihr vorläufiges Ende. Und die Analysten bleiben skeptisch. Sie prognostizieren weitere Verluste: So rechnet Goldman Sachs bis Ende 2014 mit einem Preis von 1050 Dollar. Einer Morgan Stanley-Studie zufolge wird sein Preis 2014 im Schnitt 1313 Dollar pro Unze betragen - und damit niedriger ausfallen als die Prognose von 1420 Dollar für 2013. Grund ist die Geldpolitik der Fed: Investoren fürchten, dass die Rücknahme der Bondkäufe durch die Notenbank „verschoben, aber nicht aufgehoben” sei, was wenig Aufwärtspotenzial für das Edelmetall verspreche.
Der Goldpreis kann in den ersten zwei Monaten des Jahres 2014 wieder etwas an Boden gewinnen. Er steigt von Anfang Januar bis Ende Februar um zehn Prozent auf 1330 Dollar pro Feinunze. Vor allem die steigende Nachfrage nach börsengehandelten Gold-Indexfonds, die das Edelmetall physisch erwerben, führt zu dem Preisanstieg. Zudem notiert der Goldpreis wieder über der wichtigen 200-Tage-Linie. Für technisch orientierte Investoren gilt dies als wichtiges Signal für eine Trendwende.
Als der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine Mitte März zu eskalieren droht, suchten Anleger wieder verstärkt den sicheren Hafen Gold. Am 14. März stieg der Preis für eine Feinunze Gold bis auf 1383 Dollar an. Seither ging es aber permanent abwärts. Ende Mai liegt der Preis für eine Feinunze Gold mit 1294 Dollar leicht unter seinem Stand Ende Februar. Hedgefonds haben in der Woche zum 13. Mai ihre Wetten auf steigende Goldpreise (Netto-Long-Positionen) um 8,3 Prozent auf 94.329 Kontrakte reduziert, wie Zahlen der U.S. Commodity Futures Trading Commission zeigen. Short-Positionen legten dagegen um zehn Prozent auf 31.283 zu und markierten damit den höchsten Stand seit Februar.
Anfang 2015 stieg der Goldpreis wieder auf 1.300 Dollar. Doch die Wirtschaft in den USA läuft rund und die Wachstumszahlen für 2015 sind erfreulich. Anleger gehen deshalb von einer baldigen Zinserhöhung der US-Notenbank Fed aus. Das würde den Dollar stärken und den Goldpreis belasten. Dementsprechend ging der Goldpreis im Vorfeld der Entscheidung seit Januar auf Talfahrt und notierte Ende März bei 1.190 Dollar.
Münzen bleiben gefragt
Dabei spürten auf der Nachfrageseite zumindest die Händler von Münzen und Barren, also physischem Gold, positive Impulse. So kaufen Griechen offenbar verstärkt in Großbritannien Goldmünzen, auch in Deutschland, Australien und den USA nahmen die Verkäufe zu. In den USA etwa erreichten die Verkäufe den höchsten Stand seit mehr als zwei Jahren.
Den Käufen physischen Goldes standen jedoch deutliche höhere Verkäufe seitens der börsengehandelten Goldfonds - kurz Gold-ETFs - gegenüber, mittels derer Anleger auf einen steigenden Goldpreis setzen können. Die Goldbestände der ETF sind inzwischen auf den niedrigsten Stand seit dem Frühjahr 2009 gesunken. Hinzu kommt, dass erstmals seit neun Jahren spekulative Anleger mehrheitlich auf einen fallenden Goldpreis setzen.
Fed im Fokus
Vor diesem Hintergrund ist es vor allem die bevorstehende Leitzinserhöhung der US-Notenbank Fed, die Goldanleger pessimistisch und unruhig macht. Je höher der Leitzins, desto unattraktiver erscheint ihnen das Edelmetall. Dabei hat der Markt längst die ersten Zinsschritte in diesem und im folgenden Jahr im Preis für Gold berücksichtigt. Die Marktteilnehmer prüfen jedoch permanent die volkswirtschaftlichen Daten daraufhin, ob sie eine Planänderung bei der US-Notenbank und womöglich ein Vorziehen des ersten Zinsschrittes begründen können. „Solange die Unsicherheit darüber anhält, dürfte sich der Goldpreis nicht nennenswert erholen“, konstatiert Rohstoffexperte Eugen Weinberg.
Prognosen gesenkt
Die Aussichten sind tatsächlich eher trübe. Die Großbanken senken daher reihenweise ihre Goldpreisprognosen. Die Schweizer Bank UBS erwartet bis zum Jahresende einen Goldpreis von nur 1.180 Dollar je Feinunze, die Weltbank senkt wie Goldman Sachs das Kursziel auf 1.000 Dollar und auch die Commerzbank kappt ihre Prognose von 1250 auf 1150 Dollar – und hält dabei Rückschläge sogar auf 1000 Dollar für möglich. Auch Citigroup und die australische Macquarie senkten ihre Voraussagen. Bei Macquarie hieß es zur Begründung, Gold habe seine Anziehungskraft als Rohstoff und als Alternative zu Währungen verloren.
Besonders pessimistisch für Goldanleger ist die Deutsche Bank. Sie erwartet einen Rückgang des Goldpreises bis auf 750 Dollar in diesem Jahr. Ihr Argument ist die historische Preisentwicklung. Demnach müsste der Goldpreis um weitere 30 Prozent fallen, damit der inflationsbereinigte langjährige historische Durchschnittspreis wieder erreicht würde. Mit der Preiskorrektur rechnen die Analysten der Deutschen Bank bereits in den kommenden Monaten. Ähnlich pessimistisch äußerte sich die niederländische Bank ABN Amro, die ein Kursziel von 800 US-Dollar ausgab.
Was spricht für einen Anstieg des Goldpreises?
Zur Erinnerung: Auf dem Höhepunkt der Schuldenkrise, im September 2011, hatte Gold sein Allzeithoch bei 1900 Dollar je Feinunze markiert. Aus heutiger Sicht war das zweifelsohne eine Übertreibung. Beim aktuellen Goldpreis von weniger als 1100 Dollar pro Feinunze spricht hingegen einiges dafür, dass dieses Preisniveau zu niedrig ist. Was also spricht für einen wieder steigenden Goldpreis?
Zum einen ist die Nachfrage nach Münzen und Barren in Europa robust oder nimmt sogar zu. Der niedrige Goldpreis befeuert die Nachfrage der Privatanleger. Ähnliches gilt für Asien: In China dürfte die Nachfrage nach Gold wieder zunehmen, nachdem der Aktienboom dort lange die Goldnachfrage gehemmt hatte. Wenden sich in China wieder mehr Anleger von Aktien ab und Gold zu, sollte das den Preis treiben. In Indien, dem anderen Milliarden-Einwohner-Land, steigt die Goldnachfrage schon wegen der im Herbst bevorstehenden Feiertags- und Hochzeitssaison regelmäßig an. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass zumindest die chinesische und die russische Zentralbank ihre Goldreserven weiterhin deutlich aufstocken – auch wenn die jüngst veröffentlichten Zahlen zu den Goldkäufen der Bank of China deutlich unter den Erwartungen lagen. Chinas Zentralbank wird dennoch auf der Käuferseite bleiben.
Günstiger Einstiegszeitpunkt
Noch ein Argument: die Goldförderung einiger Minen ist im Grenzkostenbereich mit rund 1300 Dollar je Feinunze deutlich teurer als der erzielbare Preis. Die Goldförderung könnte daher zurückgehen und so mit einem verringerten Angebot den Preis des knappen Edelmetalls stützen.
Für Eugen Weinberg von der Commerzbank ist den Goldpreis vor diesem Hintergrund zu billig. Kommt die US-Zinswende, rechnet er mit höherem Druck auf dem Aktienmarkt, der dann Gold zugutekommt.
Silber, Platin und Palladium zu niedrig bewertet
Gleiches dürfte auch für die anderen gebeutelten Edelmetalle Silber, Platin und Palladium gelten. Dabei konnte sich Silber zuletzt ohnehin besser behaupten als Gold. Und das, obwohl seit Juni spekulative Anleger umgerechnet 8.600 Tonnen Silber auf dem Papier verkauft haben, was ungefähr der Hälfte der jährlichen Industrienachfrage nach Silber entspricht. Den Preisdruck gemildert hat dabei ein gestiegenes Interesse der ETF-Anleger, die seit Juni für Käufe von etwa 320 Tonnen Silber verantwortlich sind. Die Nachfrage nach Silbermünzen war sogar so groß, dass die Münzhändler zeitweise ausverkauft waren.
Bleibt die Konjunkturentwicklung positiv, ist mit einer steigenden Industrienachfrage zu rechnen, die den Silberpreis hebt. Auf der anderen Seite könnte auch Preisunterstützung durch eine Einschränkung der Produktion folgen, da sich aufgrund des niedrigen Silberpreises für einige Minen die Förderung nicht lohnt.
Absturz bei Platin und Palladium
Noch schlechter als bei Gold und Silber verlief die Preisentwicklung für Platin und Palladium. Platin sank zeitweise sogar um 140 Dollar unter den Goldpreis je Feinunze, seit Jahresbeginn ist der Platinpreis um 20 Prozent gefallen. Palladium verlor im gleichen Zeitraum sogar 24 Prozent. Beide Edelmetalle sind außer für Schmuck vor allem für die Automobilindustrie, genauer die Herstellung von Katalysatoren, von großer Bedeutung. Ausgehend von einer sich abzeichnenden Schwäche des Automobilmarktes in China haben auch hier nach Einschätzung der Commerzbank vor allem spekulative Anleger die Preise auf Talfahrt geschickt, indem sie weit mehr verkauften, als die Produktion der beiden Metalle im gleichen Zeitraum zurückging. „Insbesondere Platin kann bei derzeitigen Preisen von weniger als 1000 Dollar je Feinunze kaum noch kostendeckend produziert werden“, sagt Weinberg. Die Grenzproduktionskosten lägen bis zu 40 Prozent über dem Marktpreis, so dass auf diesem Preisniveau mehr als jede zweite Mine Verluste schreiben würde. Insofern wären die Preise für Platin und Palladium auch fundamental betrachtet viel zu niedrig.
Der brummende US-Automarkt und die immer noch - wenn auch langsamer - steigende Nachfrage nach Autos in China dürfte demnach das Interesse an den seltenen Metallen wieder steigen lassen. Dennoch reduziert die Commerzbank das Kursziel für Platin auf 1100 Dollar je Unze und für Palladium auf 700 Dollar bis zum Jahresende. 2016 sollen die beiden Preise dann aber wieder schneller ansteigen.
Für Anleger könnte das jetzige Preisniveau bei Edelmetallen daher ein günstiger Einstiegszeitpunkt sein. Und wer glaubt, dass Wirtschaft und Währung doch noch vollends zusammenbrechen, kommt um Goldkäufe ohnehin nicht herum, wenn er sich gegen Vermögensverluste schützen will. Mit Käufen sollten Edelmetallfreunde allerdings noch warten, bis sich Chinas Aktienmarkt etwas stabilisiert und die US-Notenbank ihre Pläne bekanntgegeben hat. Am Mittwochabend äußert sich Notenbank-Chefin Janet Yellen wieder einmal - mehr oder weniger konkret.