Prozessfinanzierung Renditechancen dank Klagen mit Kalkül

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Debatte um Prozessfinanzierung

Die Aktivitäten von US-Finanzierern in Europa sehen die hiesigen Anbieter mit gemischten Gefühlen. Die Aufmerksamkeit für das Geschäftsmodell steige zwar, sagt Thomas Kohlmeier, Vorstand bei der Ergo-Tochter Legial. Aber: „Wenn Prozessfinanzierer aktiv Klagen und Kläger einwerben, sehe ich das kritisch.“ Legial verstehe sich als Dienstleister von Anwälten. Hinter der Kritik steckt mehr als die Sorge vor unliebsamer Konkurrenz. Auch in den USA tobt eine Debatte um den Boom der Prozessfinanzierung. „Der Trend zur Spekulation im Justizwesen ist alarmierend“, sagt Chuck Grassley, Vorsitzender des Rechtsausschusses im US-Senat. Grassley hat großen Prozessfinanzierern einen Brief mit Fragen zum Geschäftsgebaren geschrieben. Vorgehen und Verträge der Konzerne seien „intransparent“, ihr Einfluss auf das Rechtswesen besorgniserregend.

James Batson, Rechtsanwalt bei Bentham, widerspricht. Einfluss habe man keinen. Bentham schreibe Klienten nicht vor, mit welchen Anwälten sie arbeiten oder wann sie einen Vergleich annehmen sollten: „Wir stellen nur das Geld zur Verfügung.“

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Damit machen es sich die Finanzierer aber etwas zu einfach, sagt der deutsch-amerikanische Rechtsanwalt Reinhard von Hennigs, Büroleiter von BridgehouseLaw in Charlotte, North Carolina: „Sie haben keinen Einfluss auf Urteile – aber sie entscheiden mit, ob Gerichtsverfahren stattfinden oder nicht“, sagt er. Bentham etwa nimmt maximal 20 Fälle pro Jahr in den USA an, den Großteil der über 200 Anfragen lehnt das Unternehmen ab. „Wie die Rolle der Investoren zu bewerten ist, hängt für mich von zwei Faktoren ab“, sagt von Hennigs. „Welche Fälle nehmen die Prozessfinanzierer an, und woher kommt ihr Geld?“

Über beides will Bentham-Anwalt Batson nicht so genau sprechen. Ob ein Fall finanziert werde, hänge an einer „Vielzahl von Kriterien“. Ein Aspekt seien natürlich die Erfolgsaussichten. Bekannt ist auch, dass Prozessfinanzierer auf die erwarteten Kosten in Relation zum Streitwert und auf die Finanzstärke des Anspruchsgegners achten. Schließlich nützt es ihnen wenig, wenn ihr Kläger vor Gericht zwar gewinnt, sein Geld aber nicht eintreiben kann. Andere Kriterien will Anwalt Batson nicht enthüllen: Geschäftsgeheimnis. Nur so viel: Ein Team von Anwälten prüfe die Anfragen. Interventionen von außen gäbe es nicht.

Aber ist es wirklich vorstellbar, dass Firmen und Vermögensverwalter, die große Anteile an Bentham oder Burford halten, Klagen gegen Konzerne zulassen, deren Aktien sie ebenfalls im großen Stil im Depot haben? Oder ist umgekehrt ein Prozessfinanzierer besonders klagewillig, wenn ein Konkurrent der eigenen Geldgeber geschädigt werden kann? Rechtsanwalt von Hennigs glaubt, dass nur mehr Transparenz diese Zweifel aus der Welt räumen kann.

Bentham-Anwalt Batson wischt die Bedenken beiseite: Die Firma habe kein Interesse an Industriepolitik, sondern wolle Geld verdienen. Für seine Wetten strebe Bentham eine Rendite von mindestens 200 Prozent für das eingesetzte Geld an.

Das ist doch mal ein Wort.

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