
In Wirtschaftskrisen und Zeiten hoher Arbeitslosigkeit gilt die Kreditaufnahme für den Konsum als verpönt. Älteren Generationen wurde schon früh eingebläut, dass man nur kaufen soll, wofür man vorher auch gespart hat. Lediglich bei großen und besonders teuren Anschaffungen war ein Kredit ein annehmbares Übel, etwa beim Kauf einer Immobilie. Aber wachsender Wohlstand, geringere Arbeitslosigkeit, eine sich immer schneller drehende Konsumwelt und nicht zuletzt die niedrigen Zinsen sorgen für eine schleichende Abkehr von dieser scheinbar altmodischen Ansicht. Die Verbraucher in Deutschland nehmen immer häufiger einen Kredit auf, weil sich Sparen nicht mehr lohnt.
Das bestätigen auch neue Daten der Kreditauskunftei Schufa. Demnach laufen derzeit etwa 17,4 Millionen Ratenkredite – rund 50 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Ende März beliefen sich die offenen Forderungen aus Ratenkrediten und damit die Summe all dessen, was Verbraucher noch bis zur Schuldenfreiheit abstottern müssen, auf 146,5 Milliarden Euro. Gegenüber 2012 ist das ein Anstieg von 1,1 Prozent. Laut Stephan Moll vom Bankenfachverband, einem Zusammenschluss der spezialisierten Ratenkredit-Anbieter, ist das zwar ein leichter Anstieg, aber "im Rückblick der vergangenen drei Jahre ist das Volumen der Ratenkredite relativ konstant auf hohem Niveau." Bereits in den Jahren 2004 bis 2008 lag das Kreditvolumen bei rund 130 Milliarden Euro.
Die Schufa gibt dementsprechend teilweise Entwarnung. Nach Angaben der Auskunftei sind die Deutschen zuverlässige Schuldner. Unverändert werden 97,5 Prozent der Kredite reibungslos zurückgezahlt. Das ergibt sich aus einer Zehnjahresübersicht der Schufa. „Den Banken und Händlern sagt diese hohe Quote, dass ihr Risikomanagement stimmt. Und die Verbraucher sind in der Lage, ihr Budget richtig einzuschätzen“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Schufa, Michael Freytag.
Auch die Gefahr, dass sich junge Menschen verschulden, sieht er nicht. Ihr Anteil an den Kreditnehmern sei über die Jahre eher gesunken. Dagegen finanzieren seinen Angaben nach immer mehr Menschen von über 60 Jahren ihren Konsum auf Pump. „Sie zahlen am zuverlässigsten zurück, zu über 98 Prozent“, sagte der ehemalige Hamburger Finanzsenator Freytag.
Trend: Kürzere Laufzeiten, kleinere Summen





Seinen Daten zufolge gehe der Trend zu Krediten mit kürzeren Laufzeiten und kleineren Summen. Positiv wertete Freytag, dass Verbraucher bei Krediten verstärkt weitere Angebote einholten. 2002 gingen bei der Schufa durchschnittlich 1,5 Anfragen ein, bevor ein Kreditvertrag geschlossen wurde; 2012 waren es 1,9 Anfragen. Die Schufa hat Daten über 66 Millionen Verbraucher und 4 Millionen Firmen in Deutschland gespeichert und erteilt Auskünfte über deren Bonität.
In der Beliebtheitsskala der Kredite rangiert nach Zahlen der Gesellschaft für Konsumforschung der Dispo-Kredit mit einem Anteil von 16 Prozent an erster Stelle. Aber die Plätze zwei bis vier entfallen auf Ratenkredite: dem Konsumkredit von einer Bank (15 Prozent) folgen der Ratenkredit beim Autohändler (elf Prozent) und der Ratenkredit von Einzel- und Versandhandel (acht Prozent). Inklusive der sonstigen Ratenkreditmodelle liegt der Anteil jener, die einen Ratenkredit zum Abzahlen ihrer Käufe nutzen, bei rund einem Drittel der Verbraucher.
Freytag sieht das positiv: „Das ist eine gute Nachricht für den Wirtschaftsstandort Deutschland. 58 Prozent des Bruttoinlandsprodukts werden durch den privaten Konsum bestimmt.“ Auch mit Blick auf die hohe Zahl an Verbraucherinsolvenzen sieht er keinen Grund zur Panik. „Man muss die Relation sehen. Selbst wenn es im Jahr bedauerlicherweise 100.000 Verbraucherinsolvenzen gibt, können 99 Prozent der Verbraucher mit ihrem Geld umgehen, ohne zahlungsunfähig zu werden.
Gewarnt hingegen hat die Schufa Mitte August erneut vor zweifelhaften Kreditversprechen. Eine von ihr beauftragte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Angebote „schufa-freier Kredite“ in der Regel unseriös seien. Dabei locken die Anbieter mit unbürokratischen Krediten ohne Prüfung der Bonität des Kreditkunden. Die Angebote richten sich vor allem an Verbraucher in akuter Finanznot.
Geldanlage
Tatsächlich würden Verbraucher jedoch allzu oft übervorteilt. Bei 177 Testanfragen an 69 Anbieter wäre es laut Schufa-Studie nur in zwei Fällen tatsächlich zu einer Kreditvergabe gekommen und dies mit extrem hohen Effektivzinsen. Einer der beiden gewährten Kredite verlangte einen effektiven Jahreszins von 25,5 Prozent. Die Erfolgsquote der Anfragen liege insgesamt gerade einmal bei einem Prozent. Zudem versuchten offenbar viele Anbieter von „schufa-freien Krediten“ mit anderen Tricks, den Verbrauchern das Geld aus der Tasche zu ziehen. So können etwa Vorabgebühren erhoben, Vertragsunterlagen per Nachnahme verschickt oder teure Beratungshotlines vorgeschrieben. Die Schufa-Studie wurde bereits im Oktober 2012 vorgelegt.
Verbrauchern, denen finanzielle Schwierigkeiten drohen, empfiehlt die Schufa daher, sich an Verbraucherzentralen oder ausgewiesene Schuldenberatungsstellen zu wenden.