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Erste die Rendite, dann die Moral: Wenn Geldanlage andere Ziele erfüllen soll, als Rendite zu bringen, geht das oft schief. Quelle: imago images

Erst die Rendite, dann die Moral

Hauke Reimer
Hauke Reimer Stellvertretender Chefredakteur WirtschaftsWoche

Wenn Geldanlage andere Ziele erfüllen soll, als Rendite zu bringen, geht das oft schief – für den Einzelnen und am Ende auch für das Finanzsystem.

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Klima entscheidet Wahlen, alle finden Greta toll und wollen sein wie Robert Habeck – in Berlin, in Brüssel und auch in der Finanzbranche. Da vor allem wird es kritisch: Wenn Geldanlage andere Ziele verfolgt, als Rendite zu bringen, wenn Risiken nicht vom Markt, sondern politisch bewertet werden, geht das schief.

Förderung von Ostimmobilien schuf keine blühenden Landschaften, sondern Einkaufscenter-Ruinen und überteuerte Schrottimmobilien. Das politische Ziel, armen Amerikanern zum Eigenheim zu verhelfen, mündete in hochriskanten Krediten, Bankenpleiten und der Finanzkrise. Und die Energiewende mit den gelenkten Preisen für Ökostrom hat idealistische Anleger Milliarden gekostet, so sie den Versprechungen von Prokon Windkraft, Solar Millennium oder German Pellets geglaubt hatten.

Systemgefährdend wird es, wenn die Politik Banken dazu drängt, an Sicherheiten auch noch andere Kriterien anzulegen als die, ob sie ihr Geld wiederbekommen. Heute werden Staatsanleihen politisch bevorzugt, per se als besonders sicher eingestuft. Die Griechenland-Pleite hat gezeigt, wie falsch das ist. Grüne Anleihen, mit denen Klimaschutzprojekte finanziert werden, sollen ähnlich privilegiert werden. Doch was politisch gewollt ist, ist noch lange nicht weniger riskant. Nur auf das Risiko aber kommt es an, wenn Bankgeschäfte abgesichert werden sollen.

Zu glauben, dass der Staat und nicht der Markt private Kapitalflüsse steuern sollte, ist vermessen, zumal oft unklar ist, was nun nachhaltig ist. Wie dreckig darf eine Mine produzieren, die Kobalt für saubere E-Autos abbaut? Was ist, wenn ein Kohlekraftwerk viel weniger CO2 ausstößt als andere? Ist Atomkraft, weil klimaschonend, nun gut oder böse? Werden die üblichen Kriterien, nach denen Kapital verteilt wird, ausgehebelt, können Schönfärber und Betrüger daraus Kapital schlagen: Fonds, die mit dem Label Klimaschutz ein neues Marketinginstrument in die Hand bekommen, mit dem sie Anleger einfangen. Unternehmen, die Großprojekte leichter finanzieren, wenn sie sich bescheinigen lassen, diese seien grün. Irgendeine Agentur wird schon den Nachhaltigkeitsstempel draufsetzen.

Investoren machen schon von allein Druck, wenn sie bei schmutzigen Technologien auf Sicht Renditenachteile befürchten. Dass in 20 Jahren vielleicht niemand mehr Öl kauft, ist ein Argument gegen Ölaktien. Ein wichtiges Anlagekriterium, aber keines, das alle anderen aussticht. Anleger wissen: Konzerne, die permanent gesellschaftlich erwünschte Ziele ignorieren, die Umwelt schädigen oder Arbeitnehmer ausbeuten, sind am Ende nicht erfolgreich. Auch nicht an den Finanzmärkten.

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