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ARCHIV - 28.12.2018, Hessen, Frankfurt/Main: Das Wort

Kapital in Bürgerhand!

Hauke Reimer
Hauke Reimer Stellvertretender Chefredakteur WirtschaftsWoche

Mit Zinsanlagen wird auf Jahre nichts zu verdienen sein. Nur zu kritisieren, dass die Deutschen keine Aktien haben, reicht nicht.

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Deutschlands Industrie ist top. Die meisten im Land verdienen gut. Aber es bleibt zu wenig hängen. Relativ zur Wirtschaftsleistung besitzen Franzosen, Briten, Italiener und sogar die Einwohner des gerade noch bankrotten Griechenlands im Schnitt mehr Vermögen als die Deutschen. Das liegt vor allem am Sparverhalten. Weil Mieter gut geschützt und Renten- und Sozialsysteme üppig dotiert sind, haben die Deutschen weniger Immobilien und Aktien als andere. Und nichts davon, wenn diese an Wert gewinnen. 25,5 Prozent plus hat der Dax 2019 gemacht, doch zu 85 Prozent ist der in Händen ausländischer Investoren. Auch wenn die oft zitierte Zahl dramatisiert – an ausländischen Fonds sind ja auch heimische Anleger beteiligt –, die Aussage stimmt: Gewinne von SAP oder Daimler helfen US-Pensionären und norwegischen Bürgern. Nicht denen, die sie erwirtschaftet haben. Was müssten wir ändern?

Zuerst: die Einstellung. Anleger sollten nicht als Spekulanten verteufelt werden, wie zuletzt durch Finanzminister Olaf Scholz und seine Finanztransaktionsteuer. Selbst wenn die Steuer nicht kommt, Tiger Scholz als Bettvorleger landet, der Eindruck bleibt: Aktionäre unerwünscht.

Langfristsparer unterstützen. Mit Einführung der Abgeltungsteuer wurde die Regel gekippt, dass Kursgewinne nach einem Jahr steuerfrei sind. Die aber hatte das Langzeitsparen mit Aktien gefördert – und verhindert, dass Privatanleger, die den Steuervorteil behalten wollten, bei jedem Kurseinbruch verkauften. Es spricht nichts dagegen, die Frist auf fünf Jahre zu verlängern.

Mehr Mitarbeiterbeteiligung. Wer Aktien seines Unternehmens lange hält, sollte ebenfalls begünstigt werden. Firmen bekämen so auch ein Instrument im Wettbewerb um Talente. Das Silicon Valley hat das vorgemacht. Auch Mittelständler könnten Mitarbeiteraktien nutzen. Dazu müssten sie aber an die Börse. Was nicht schlecht wäre, ist doch die Zahl der Unternehmen an der Börse seit 2000 um 40 Prozent gefallen.

Ein neues Anlagevehikel. Alle, die sich nicht um ihr Geld kümmern wollen, sollten in einen Staatsfonds einzahlen. Bei Riester haben Staat und Finanzbranche versagt: zu kompliziert, zu teuer, unrentabel. Der Staatsfonds sollte dennoch privat gemanagt, das Mandat aber regelmäßig neu ausgeschrieben werden. Was Singapur oder Norwegen gelingt, sollte auch hier möglich sein: Investments in Produktivkapital, zum Nutzen aller.

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