Herr Kreuzburg, in den vergangenen Jahren gehörte Sartorius immer wieder zu den wenigen deutschen Aktien, die es im Ranking von Boston Consulting unter die besten Aktien der Welt schafften. Arbeiten Sie bewusst darauf hin, die Erträge ihrer Aktionäre zu maximieren?
Statt auf die kurzfristigen Erträge der Anleger achten wir in erster Linie darauf, langfristig unsere unternehmerische Strategie umzusetzen. Das unterscheidet uns in der biopharmazeutischen Industrie mit sehr langen Produktzyklen vermutlich von anderen Branchen. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass wir automatisch auch gute Erträge für Aktionäre erwirtschaften, wenn wir es schaffen, unsere Kunden über viele Jahre mit passenden und innovativen Produkten zu bedienen.
Warum klappt das bei Ihnen so gut, während andere deutsche Aktiengesellschaften im internationalen Vergleich nur noch mittelmäßige Erträge bringen?
Wir sehen weltweit einen erheblichen ungedeckten Bedarf an Medizin. Unser Ziel ist es, dieses Potenzial auszuschöpfen und zusätzlich mit neuen Technologien zu wachsen.
Das klingt sehr vage.
Konkret helfen wir unseren Kunden dabei, Biopharmaka zu entwickeln und zu produzieren. Unsere Bioreaktoren und Fermenter können beispielsweise Arzneimittelchargen von bis zu 2000 Litern herstellen. In einem solchen Bioreaktor schlummern also Millionenwerte. Und wenn wir es schaffen, diesen Herstellungsprozess um ein paar Prozent effizienter zu machen, sind unsere Kunden bereit, dafür angemessene Preise zu zahlen.
Mehr Produkte verkaufen und mit jedem Produkt einen höheren Gewinn erwirtschaften – darauf zielt jedes Unternehmen ab. Nur wenige schaffen es. Bei Sartorius haben Sie die Gewinnmarge im operativen Geschäft (Ebitda) seit 2013 von 19,5 auf 25,1 Prozent erhöht – und gleichzeitig die Umsätze von 845 Millionen Euro auf 1,4 Milliarden gesteigert. Was ist ausschlaggebend dafür?
Das funktioniert nur mit einer gut überlegten Strategie und deren konsequenter Umsetzung, die insbesondere von zwei Faktoren abhängt: Nicht nur neue, attraktive Märkte identifizieren, sondern auch in den Marktzugang investieren. Und Mitarbeiter mit den passenden Kompetenzen und dem nötigen Kampfgeist und Spirit. Dass ein Plan funktioniert, hängt immer vom Menschen ab.
Sie spielen auf die USA an. 2011 haben Sie erklärt, das US-Geschäft ausbauen zu wollen – und das in den vergangenen Jahren auch umgesetzt. Ist es ein Vorteil, wenn CEOs solche Pläne über viele Jahre begleiten können? Sie stehen bei Sartorius bereits seit 2003 an der Spitze. Auch andere Konzerne unter den erfolgreichsten im BCG-Ranking halten jahrelang an ihren Chefs fest.
Ich hoffe natürlich, dass ich positiv zur Wertentwicklung unseres Konzerns beitrage. Aber ich bin unentschieden, ob es eine grundsätzliche Voraussetzung für besonders erfolgreiche Konzerne ist, dass sie lange von der gleichen Person geführt werden. Wer lange dabei ist, kennt die Prozesse im Unternehmen und die Gesetze im Markt zwar sehr gut, geht aber auch das Risiko ein, träge und bequem zu werden und nötige Veränderung zu verschlafen.
In diesem Jahr gehören kaum deutsche oder europäische Aktien zu denen, die Anlegern die besten Erträge brachten. Fällt Europa im Zweikampf zwischen USA und Asien zurück?
Auch deutsche Konzerne haben in den vergangenen Jahren gezeigt, dass sie profitabler werden können. Und die gute Konjunktur hat zusätzlich dafür gesorgt, dass viele ihre Umsätze deutlich gesteigert haben. Ich würde auch sagen, dass einige deutsche und europäische Konzerne ihre Marktanteile ausbauen oder halten konnten. Insofern sehe ich nicht, dass Europa den Anschluss verliert.

Sie fürchten keine Konkurrenz aus Asien?
Grundsätzlich sind die Pharmazie und die Medizintechnik Branchen, die ihre Wurzeln in Deutschland und Europa haben. Hier sitzen bis heute starke Unternehmen, allerdings sind einige von ihnen nicht börsennotiert, was einen Vergleich der Erträge aus Anlegersicht erschwert. Unsere größten Konkurrenten wie zum Beispiel Thermo Fisher oder GE stammen aber aus den USA. Asiatische Konzerne spielen in unserer Branche derzeit kaum eine Rolle. Wir sehen Asien ohnehin vielmehr als Chance für uns, weil sich neue Märkte öffnen und stark wachsen.
Um zu wachsen, haben Sie seit 2011 auch elf Unternehmen übernommen. Inwiefern sind Sie bereit, für Zukäufe ihre Schuldenquote, also das Fremdkapital im Verhältnis zum Eigenkapital zu erhöhen?
Derzeit haben wir eine Schuldenquote von etwa zweieinhalb, liegen also in unserem Zielkorridor. Ich halte diesen Wert für eher konservativ, glaube aber nicht, dass wir durch zu geringe Schuldenquoten Wachstumspotenzial ungenutzt lassen. Allerdings möchte ich nicht ausschließen, dass wir für weitere Übernahmen auch neue Schulden aufnehmen und temporär mit einer höheren Quote zurechtkämen, wenn wir die Akquisition für besonders attraktiv hielten.
Wie wichtig ist es Ihnen, Aktionäre über Dividenden direkt am Unternehmenserfolg zu beteiligen?
Unsere Ausschüttungsquote ist mit rund 25 Prozent niedriger als in anderen, reiferen Branchen und seit vielen Jahren stabil. Den größeren Teil unserer Überschüsse wollen wir im Unternehmen halten und weiter in profitables Wachstum investieren. Dass wir auch mit dieser Strategie deutlich höhere Erträge für Anleger schaffen konnten, zeigt der Kurs unserer Aktie.
Der sich seit Anfang 2013 mehr als versechsfacht hat. Das Ranking der besten Aktien zeigt in diesem Jahr erneut, dass Konzerne weltweit sehr hoch bewertet sind. Auch Sartorius wird von Anlegern mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 53 für 2018 sehr teuer gehandelt. Finden Sie das noch angemessen?
Wir müssen einfach festhalten, dass die Bewertungsfaktoren in unserer gesamten Branche überdurchschnittlich hoch sind. Dabei dürfen wir auch das Umfeld nicht aus den Augen verlieren: Sehr niedrige Zinssätze, die uns in Europa wohl noch einige Zeit erhalten bleiben, machen Aktien fast zur alternativlosen Anlageklasse. Sind die aktuellen Bewertungen in diesem Umfeld also angemessen oder zu hoch? Das kann ich nicht beantworten. Wir sind der Meinung, dass unsere Branche langfristig stabil wachsen wird.
Ist die Eigentümerstruktur Ihres Konzerns eine Hilfe für langfristige Strategien? Die Mehrheit der Stammaktien liegt in den Händen der Familie Sartorius.
Natürlich ist es von Vorteil, eine stabile Aktionärsstruktur zu haben. Wir können unsere Strategie langfristig umsetzen und müssen uns nicht nur an Quartalszahlen messen lassen. Aber wir sind natürlich dennoch in jeder Hinsicht 100-prozentig transparent und kapitalmarktorientiert.