Rendite-Ranking Wirecard ist die beste deutsche Aktie

Wirecard AG Quelle: PR

Nur vier deutsche Aktien zählen zu den besten ihrer Branche weltweit. Das zeigt ein Ranking der Boston Consulting Group, das die WirtschaftsWoche exklusiv veröffentlicht. Die Spitzenaktien und ob der Einstieg noch lohnt.

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Am liebsten handeln die deutschen Anleger Technologiewerte aus den USA. Apple und auch Amazon stehen bei ihnen laut Handelsdaten der Börse Tradegate hoch im Kurs. Ob in den vergangenen Monaten oder den letzten Jahren.

Kein schlechter Schachzug, schließlich brachten Technologieaktien aus aller Welt den Anlegern in den vergangenen fünf Jahren die höchsten Erträge. Das zeigt die Studie zu den besten Aktien der Boston Consulting Group, die die WirtschaftsWoche seit 1999 jedes Jahr exklusiv veröffentlicht.

2400 Aktien aus aller Welt untersucht ein Team von Analysten bei BCG darauf, wie viel Erträge sie ihren Anlegern pro Jahr brachten. Maßgeblich sind dafür unter anderem, wie viel Wert über Kursgewinne und Dividenden an die Anleger flossen.  Die Analysten blicken dafür auf einen Zeitraum von fünf Jahren zurück. Im aktuellen Ranking auf die Zeit von Anfang 2013 bis Ende 2017.

Deutsche Aktien konnten sich im internationalen Vergleich kaum durchsetzen. Im Mittel brachten die Dax-Konzerne von 2013 bis 2017 zwölf Prozent pro Jahr. Für alle 2400 Konzerne im BCG-Ranking liegt der Wert bei 15 Prozent.

„Die deutschen Konzerne haben nur relativ betrachtet verloren“, sagt Hady Farag, Experte für Shareholder Value, der die Studie bei BCG in New York betreut. „Sie haben ihren Aktionären ebenfalls überdurchschnittliche Erträge gebracht“, schließlich kommen Aktien weltweit im historischen Schnitt nur auf zehn Prozent Ertrag pro Jahr.  „Die deutschen Aktien fallen vor dem Hintergrund der außergewöhnlich starken Performance der Spezialisten in den USA und Asien aber im Ranking zurück.“

Bei den heimischen Aktien beweisen die Deutschen Anleger noch nicht den richtigen Riecher. Bei Tradegate setzten sie seit 2013 immer wieder am liebsten auf die Aktien von Daimler und Volkswagen. Doch die Autobranche gehört im aktuellen Ranking nur zum Mittelmaß: mit 15 Prozent Ertrag pro Jahr. Keiner der deutschen Autobauer taucht unter den Top Ten der Branche auf. Anleger fuhren etwa mit Tesla aus den USA oder Eicher Motors aus Indien und Geely aus China besser.

Welche deutschen Konzerne den höchsten Ertrag brachten

Neben den besten Autoherstellern errechnet BCG in seiner Studie die Top Ten für 32 weitere Branchen. Und nur vier deutsche Aktien schafften es auf diese Listen. In den Branchen Finanztechnologie, Chemie, Medizintechnik und Fashion.

Mit 38,8 Prozent Ertrag pro Jahr ist Zahlungsdienstleister Wirecard im aktuellen Ranking die beste deutsche Aktie. Danach folgen Medizintechniker Sartorius, Wacker Chemie und Adidas. Keiner der Konzerne landete jedoch auf dem Spitzenplatz seiner Branche.

Neben Adidas brachten auch die Dax-Konzerne Infineon, Continental und Deutsche Post außergewöhnliche Erträge. Sie schafften es aber nicht unter die besten zehn der Welt ihrer Branchen.

Doch können Anleger aus den Erträgen der vergangenen fünf Jahre auch ableiten, dass die Aktien ihnen künftig noch besonders gute Rendite bieten?  Bei zwei der drei besten deutschen Aktien aus den Branchenrankings sieht es gut aus. Dafür müssen Anleger Premium-Preise zahlen.

Wirecard

Beste deutsche Aktie im Ranking, aber wohl immer noch wenigen Anlegern ein Begriff. Die Deutschen hingen in den vergangenen Jahren an den Aktien der Großbanken Deutsche Bank und Commerzbank, zeigen die Handelsumsätze von Tradegate.

Dabei bedient Wirecard den Zahlmarkt der Zukunft. Das wertvollste Fintech der Welt, die chinesische Bezahl-App Alipay nutzt Wirecard etwa, um seinen Zahlungsdienst auch in den Kassen der deutschen Händler zu integrieren. Denn chinesische Touristen sollen mit ihrer heimischen App, die über Barcodes Zahlungen abwickelt, bequem in aller Welt bezahlen können. Und anders als die Bargeld-Fans in Deutschland, nutzen die Chinesen mit Vergnügen ihre Smartphones an der Kasse. Zuletzt hat die Kaufhauskette Breuninger Alipay über Wirecard integriert.

Auch deutsche Kunden nutzen Wirecard, ohne es zu merken, wenn sie den Zahldienst Google Pay über die App Boon nutzen, die von Wirecard stammt.

Einige Analysten gehen bereits davon aus, dass Wirecard ob seines Erfolgs an der Börse im Herbst in den Dax aufsteigen könnte. Das dürfte für weitere Kursfantasie sorgen.

Stabile Geldströme aus dem operativen Geschäft und eine Gewinnmarge von knapp 18 Prozent sprechen ebenfalls für Wirecard. Doch die hohen Erwartungen an das schnelle Wachstum des mobilen Zahlungsmarkts schlagen sich bereits in der Bewertung der Aktie nieder. Wer jetzt noch auf Wirecard setzt, kauft sich mit einem geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 37 für 2019 teuer ein.

Sartorius

Keine Eintagsfliege, sondern Wiederholungstäter im Ranking von BCG. In den vergangenen Jahren tauchte Sartorius immer wieder unter den zehn besten Aktien der Medizintechnik auf, im letzten Jahr war es die beste deutsche Aktie. In diesem Jahr reicht es mit 36,6 Prozent Ertrag nur für Rang zwei.

Der Konzern aus Göttingen liefert Laborbedarf wie Pipetten, Gewichte und Wagen. Aber auch Bioreaktoren und Fermenter, in denen die Pharmaindustrie Arzneimittel produziert.

Wachsende Umsätze gepaart mit einer gestiegenen Marge sorgten dafür, dass die Aktie in den vergangenen Jahren die Kassen der Anleger füllen konnte. Doch mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 55 für 2019 ist sie entsprechend hoch bewertet. Sartorius-Chef Joachim Kreuzburg hält das nicht zwingend für ein Problem: „Unsere gesamte Branche ist überdurchschnittlich bewertet“, sagt er im Gespräch mit der WirtschaftsWoche.

„Dabei dürfen wir das Umfeld nicht aus den Augen verlieren: Sehr niedrige Zinssätze, die uns in Europa wohl auch noch einige Zeit erhalten bleiben, machen Aktien fast zur alternativlosen Anlageklasse.“ Zwar plant der Konzern, seinen Umsatz von aktuell 1,4 Milliarden Euro bis 2025 fast zu verdreifachen. Und die Pharmaindustrie scheint auch langfristig attraktiv. Doch für Anleger ist die Aktie derzeit schlicht zu teuer.

Wacker Chemie 

Der Chemiekonzern aus München gehört nicht nur zu den besten Aktien aus dem BCG-Ranking. Bei Naturwissenschaftlern zählt er auch zu den 50 beliebtesten Arbeitgebern Deutschlands, zeigt das aktuelle Arbeitgeberranking der WirtschaftsWoche. 

Anleger fühlten sich mit dem Konzern in den vergangenen Monaten nicht so wohl, wie dessen Mitarbeiter. Nach 28,6 Prozent Ertrag pro Jahr seit 2013 steht die Aktie in diesem Jahr unter Druck, büßte seit Jahresanfang knapp 30 Prozent an Wert ein.

Grund dafür sind unter anderem die Pläne der chinesischen Regierung, subventionierte Solarkraftwerke nur noch in geringerem Tempo auszubauen. Der chinesische Markt war 2017 für fast 50 Prozent der weltweiten Nachfrage nach Solaranlagen verantwortlich. Wacker Chemie stellt bereits seit fast 60 Jahren Polysilicium her, das heute wichtigster Rohstoff für Solarzellen ist.

40 Prozent seiner Umsätze macht Wacker in Asien. So leidet der Konzern darunter, dass die Preise für Polysilicium von Mai bis Mitte Juni bereits um 22 Prozent nachgaben.

In den anderen Sparten des Konzerns belasten höhere Rohstoffpreise die Erträge. Entsprechend gehen Analysten davon aus, dass Wacker seine Marge aus dem operativen Geschäft in diesem Jahr kaum wird steigern können und sie bei knapp 20 Prozent stabil hält. Der Konzern rechnet damit, dass er seine Umsätze im niedrigen einstelligen Prozentbereich wird steigern können. Verantwortlich dafür soll vor allem das Chemiegeschäft sein, in dem er etwa Harze, Bindemittel und Beschichtungen für Bau, Industrie oder die Gesundheitsbranche herstellt. Die Sparten Silicones und Polymers sollen im aktuellen Jahr um ein paar Prozentpunkte zulegen.

Nach der Kurskorrektur ist Wacker jetzt mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 15 für 2019 moderat bewertet. Andere überzeugende Argumente für einen Einstieg gibt es derzeit aber kaum.

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