Rentenfonds "Die großen Kursbewegungen bei Anleihen sind vorbei"

Der Fidelity-Rentenfondsmanager Andy Weir über die Aussichten am Rentenmarkt, seine Managementstrategie im Zinstief und warum er kein Inflationsproblem sieht, aber dennoch auf Inflationsschutz setzt.

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Andy Weir ist bei Fidelity Worldwide Investment in London als Fondsmanager für die Anlage von 4,3 Milliarden Euro zuständig – unter anderem für den Fidelity Global Strategic Bond Fund, den er seit der Auflage im Jahr 2011 betreut. Die Commerzbank verkauft den Fidelity-Fonds für heimische Anleger seit diesem Jahr unter dem Namen Fidelity Rentenanlage Klassic. Die Anlagestrategie entspricht der des Originals. Mit dem Fidelity Global Strategic Bond Fund will das US-Haus Anschluss finden an Häuser wie Templeton oder auch Pimco, die zeitweise sehr erfolgreich waren mit Rentenfonds, deren Manager in das gesamte Anleihenspektrum investieren können. Quelle: Presse

WirtschaftsWoche: Durch die niedrigen Renditen, aber zwischenzeitlich stark steigende Zinsen ist der Rentenmarkt inzwischen für Anleger ein gefährliches Pflaster geworden. Beunruhigen Sie die weiteren Aussichten?

Andy Weir: Nein. Zwischen Ende Mai und August war es am Rentenmarkt stürmisch, aber ich gehe davon aus, dass sich der Markt wieder beruhigt. Mit dem Renditeanstieg zehnjähriger US-Staatsanleihen von 1,62 Prozent auf 2,99 Prozent von April bis August haben wir eine extreme Bewegung hinter uns. Auslöser für die Turbulenzen war die US-Notenbank Fed mit ihrer Ankündigung, dass sie die Wertpapierkäufe zurückfahren könnte. Das wurde in den Markt kommuniziert, jetzt ist es bekannt und wird akzeptiert. Wird es ein leichtes „Tapering“ geben, ist das kein großer Schock mehr für die Märkte. Das war bei dem Anleihencrash im Jahr 1994 der Unterschied: Damals wurde nichts zuvor angedeutet, die Kommunikation war viel schlechter und als die Fed plötzlich die Zinsen erhöhte gab es einen Anleihencrash.

Was halten Sie jetzt von US-Staatsanleihen?

Ich erwarte bei US-Staatsanleihen noch weitere, jedoch leichtere Kursverluste und meide sie. Die jüngsten wirtschaftlichen Daten aus den USA sind wegen des kompletten Verwaltungsstillstands im Oktober, dem „Shutdown“, etwas verwirrend und schwer zu interpretieren, aber die wirtschaftliche Erholung deutet sich an und dann könnten auch die Zinsen weiter steigen – und bekanntlich fallen dann die Kurse der ausgegebenen Anleihen. Dafür entschädigen die aktuellen Renditen nicht.
Bundesanleihen sind etwas positiver, denn die wirtschaftlichen Aussichten der Eurozone sind insgesamt nicht ganz so rosig. Viel Rendite werfen sie nach der jüngsten Zinssenkung der Europäischen Zentralbank auch nicht ab. Ich rechne aber in der Eurozone weder mit stärkerem Preisauftrieb noch mit Zinserhöhungen.

Wie wappnen Sie sich gegen Verluste?

Vor allem durch eine sehr breite Streuung des Fondsvermögens auf viele verschiedene Anleihearten und Laufzeiten und Währungen wie US-Dollar, Euro, Yen sowie britisches Pfund und Kanadische Dollar und viele hunderte an Einzelinvestments. Oberste Priorität hat es bei dem Fonds Verlustrisiken zu begrenzen und die Kursschwankungen so gering wie möglich zu halten. Ich muss aktiv auf die Marktlage reagieren, indem ich die Gewichtung der verschiedenen Anleihearten, in die ich investieren kann, immer wieder taktisch verändere. Anfang Juni habe ich zum Beispiel das Risiko drastisch reduziert, indem ich den Anteil von Hochzinsanleihen im Fonds gegen kurz laufende Bundesanleihen getauscht habe. Erst nach der Stabilisierung am Markt ab Ende August habe ich wieder Hochzinsanleihen aufgebaut.

Inflationsgeschützte Anleihen sind günstig

Wie die Deutschen ihr Geld anlegen
Im Jahre 2012 hatten die deutschen Bürger ein Gesamtvermögen von rund 4,94 Billionen Euro. Bis auf die Jahre 2002 und 2008 stieg das Vermögen der Deutschen stetig. Wie stark es zugenommen hat, zeigt ein Vergleich mit dem Jahr 1991. Zu dieser Zeit kumulierten die privaten Haushalte ein Kapital von gerade einmal 1,9 Billionen Euro. Die Übersicht zeigt, wo sich das Geld der Deutschen befindet. Quelle: dpa
In festverzinsliche Wertpapiere wurden im vergangenen Jahr nur 238 Milliarden Euro investiert. Zwar gelten zum Beispiel Staatsanleihen aus Deutschland als besonders sicher, doch die Rendite bewegt sich oft sogar unter dem Inflationsniveau. Staatsbonds aus den Euro-Krisenländern Spanien und Italien werfen hingegen recht hohe Zinsen ab, doch das Verlustrisiko ist dementsprechend hoch. Quelle: dpa
Seit 2007 nimmt das angelegte Geld in festverzinsliche Finanzprodukte ab. 2011 lagen noch 247,1 Milliarden Euro in Staats-, Wandel, und Indexanleihen, um nur einige festverzinsliche Anlagemöglichkeiten zu nenne. Indexanleihen werden in Deutschland bisher allerdings nur selten vergeben. Emissionen solcher Anleihen erfolgen nur unter Genehmigung der Bundesbank. Quelle: dpa
Rund 259 Milliarden Euro liegen in Aktien. In Relation zum Gesamtvermögen sind das gerade einmal fünf Prozent. Anfang der 1960er-Jahre betrug der Aktienanteil noch 20 Prozent. Die Scheu, Geld in Aktien anzulegen, kann nicht mit den Renditen erklärt werden. Denn 1987 notierte der Dax noch bei 1.000 Punkten, mittlerweile hat sich der Kurs, trotz mehrfacher Rückschläge, mehr als verachtfacht. Keine andere Analagemöglichkeit bietet langfristig so hohe Renditen. Quelle: dpa
Die Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt aber, dass der Aktienanteil zyklischer Veränderung unterliegt. Je nach Börsengeschehen verändert sich der Anteil. Während 2007 knapp 371 Milliarden Euro in Aktien investiert waren, verringerte sich das Volumen im darauffolgenden Jahr auf 182 Milliarden Euro. Die Veränderung von 2011 auf 2012 hingegen war von 222 Milliarden auf 259 Milliarden Euro wieder eine positive. Quelle: dpa
Investmentfonds unterliegen den gleichen Schwankungen wie Aktien. Im vergangenen Jahr investierten die Deutschen rund 420 Milliarden Euro in solche Fonds und damit knapp 25 Milliarden mehr als noch 2011. Doch bereits 2007 lagerten die Bundesbürger über 467 Milliarden Euro in Investmentfonds. Quelle: dpa
Geldanlagen bei Versicherungen stehen bei den Deutschen hoch im Kurs. Rund 1,5 Milliarden Euro des Geldvermögens liegen bei den Versicherungen. Besonders beliebt sind Lebensversicherung, Pensionskassen und Versorgungswerke. Quelle: dpa

Wo sehen Sie jetzt Chancen?

Die Inflation ist derzeit im angepeilten Korridor, es gibt kein wirkliches Inflationsproblem, aber die so genannten inflationsgeschützten Anleihen, die an einen Verbraucherpreisindex gekoppelt sind, halte ich derzeit für eine der Anleihenarten, die günstig sind. Steigen die Verbraucherpreise und damit der Index, erhöht sich der niedrige Grundzins der Anleihe um die Inflationsrate. Sobald die Inflation beispielsweise in Europa über die vom Markt erwarteten 0,7 Prozentpunkte, also über den Breakeven, steigen sollte, dann gewinnen wir mit inflationsindexierten Bundesanleihen. Ich erwarte auf Dreijahressicht eine Inflation von 1,5 Prozent und da die eingepreiste Inflationsrate wesentlich darunter liegt, sind sie interessant. Zudem schützen diese Anleihen natürlich vor dem Randrisiko einer steigenden Inflation, das zunimmt, je länger die lockere Geldpolitik anhält. Inflationsindexierte Anleihen machen derzeit rund ein Drittel des Portfolios aus, ein weiteres Drittel sind Staatsanleihen, ein Viertel Unternehmensanleihen mit Bestnoten von Ratingagenturen und etwa 15 Prozent Unternehmens-Hochprozenter ausfallgefährdeter Unternehmen.

Schwellenländer-Anleihen sind gefallen, sind sie nicht interessant für einen Einstieg?

Die Kurse von Schwellenländer-Anleihen sind derzeit gut für einen Einstieg, aber sie sind wenig liquide. Und die Lokalwährungsanleihen sind noch immer unter Druck. Ich bin in den Schwellenmärkten untergewichtet. Bei Hochzinsanleihen, High Yields von ausfallgefährdeten Schuldnern, sehe ich Chancen. Die Pleiterate ist sehr niedrig und wird auch noch niedrig bleiben, wenn die Wirtschaft weiterhin gut läuft. Davon gehe ich aus, denn es gibt aus den USA, Japan und China gute Anzeichen dafür.

Wo sind Ihnen die Risiken derzeit zu hoch?

Durch die Liquidität, die die Zentralbanken in den Markt geben, brauen sich Inflationsrisiken zusammen und der Schutz vor der zukünftigen Inflation ist derzeit mit den inflationsgeschützten Anleihen sehr günstig zu haben. Die Eingriffe der Notenbank haben die Reaktion der Märkte auf die ökonomischen Daten verändert. Die US-Notenbank setzt quasi die Preise und ist bei den US-Staatsanleihen der dominante Spieler im Markt. Risiken sehe ich am Markt der Asset-Backed-Securities. Die bringen Renditeaufschläge zum Geldmarkt von 0,25 Prozent. Auch manche speziellen nachrangigen Bankanleihen sehe ich kritisch. Sie sind in der Finanzkrise um teilweise 60 Prozent im Wert gefallen, zahlen heute aber wieder sehr niedrige Zinsen. Ich schaue gern auf die Verluste in der Vergangenheit und frage mich dann, ob ich die Risikokompensation in Form von Zinsen akzeptieren kann. Und dann ist die Antwort meistens Nein. Besser geschützte Senior-Anleihen von Banken haben Renditeaufschläge, die sie akzeptabel machen, aber ich bin bei Finanzanleihen untergewichtet, mir gefallen Industrieunternehmen besser. Die Gefahr ist nur, dass der Kredithebel zu stark wird. Anzeichen dafür gibt es schon, wenn Unternehmen Schulden machen, um Dividende zahlen zu können. Aber da ist die Ampel trotzdem noch nicht auf Rot gesprungen.

Wie wollen sie bei den niedrigen Renditen die laufenden Kosten des Fonds von jährlich etwa 1,5 Prozent verdienen?

Im Schnitt bieten die Anleihen, die wir im Fonds haben, eine Rendite von drei Prozent und hinzu kommen mögliche Kursgewinne. Ich habe mit meinem Ansatz deutlich weniger Kursschwankungen als die Vergleichsgruppe und das ist das Ziel. Es gibt Fonds, die eine höhere Performance erzielen, bei denen Anleger aber auch eine viel höhere höhere Volatilität haben, weil sie stärker auf Schwellenländer gesetzt haben oder auf Hochzinsanleihen. Es kommt darauf an, was der Anleger wünscht. Unser Fonds eignet sich für sicherheitsorientierte Anleger.

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