Rentenfonds Templeton-Anleger müssen um Ukraine-Gelder zittern

Der Ukraine geht das Geld aus. Ein Schuldenschnitt auf Staatsanleihen wird wahrscheinlich. Betroffen sind auch Franklin-Templeton-Rentenfonds die bei deutschen Anlegern beliebt sind.

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Fondsmanager Michael Hasenstab von Franklin Templeton investierte unter anderem in ukrainische Staatsanleihen. Die Regierung in Kiew hat nun ein Gesetz erlassen, um die Rückzahlungen auszusetzen. Quelle: Presse

Europa blickt auf das schlingernde Griechenland, aber in der Ukraine könnte es noch schneller zu einem Zahlungsausfall für Gläubiger kommen und davon sind auch viele deutsche Fondsanleger betroffen. Das Parlament in Kiew hat am Dienstag ein Gesetz beschlossen, das es ermöglicht, Zins- und Tilgungszahlungen an ausländische Gläubiger auszusetzen. Es geht um insgesamt 23 Milliarden Dollar, die umgeschuldet werden könnten. Die aktuelle Regierung sieht sich nicht in der Pflicht, Anleihen zurückzuzahlen, die noch unter dem früheren Präsidenten Janukowitsch ausgegeben wurden.

Fonds mit Russland in einem Boot

Einer der größten Gläubiger ist Russland. Und auf das Land zielt auch die jetzige Formulierung, dass Rückzahlungen an „gewissenlose Gläubiger“ zurückgehalten werden sollen. Doch das ist auch ein Tritt vors Schienbein der US-Fondshäuser, die sich ebenfalls stark engagiert haben. Der harten Haltung der Ukraine fallen auch Anlegergelder zum Opfer, die etwa bei Fondsgesellschaften wie Franklin Templeton, dem größten privaten Gläubiger der Ukraine, angelegt wurden. Ebenfalls mit kleinen Anteil sollen Investoren wie Pimco, Blackrock, Fidelity und T. Rowe Price betroffen sein.

Mehr als 40 Prozent Minus

Um mehr als 40 Prozent ist der Wert der Ukraine-Anleihen allein in diesem Jahr in den Anleihenportfolios gesunken. Größter Verlierer ist Franklin Templeton-Fondsmanager Michael Hasenstab. Er ist verantwortlich für insgesamt 190 Milliarden Dollar, die das US-Haus weltweit in Anleihen investiert. Und einst hat er massiv mit über sechs Milliarden Dollar auf die Ukraine-Papiere gewettet. Die seit dem Kauf der Anleihen erfolgten Kursverluste ließen die Positionen in den Fonds schmelzen.

1,3 Milliarden Dollar im Feuer

Es geht für deutsche Anleger vor allem um zwei Fonds, in die sie Milliarden investiert haben. Noch sind 1,9 Prozent der insgesamt 32 Milliarden Dollar des Templeton Global Total Return (LU0029871042) in Ukraine-Papieren investiert, beim Templeton Global Bond sind es zwei Prozent von den 34 Milliarden Dollar (LU0029871042). Hasenstab hat selbst nach den hohen Kursverlusten allein bei diesen beiden Fonds etwa 1,3 Milliarden Dollar im Feuer.

Was Analysten für 2015 erwarten
Deutsche BankDie Anlagestrategen sind verhalten optimistisch, zumindest was den deutschen Aktienmarkt angeht. Ende 2015 sehen sie den Dax bei 11.500 Punkten. Während die USA mit einem prognostizierten Wachstum von 3,5 Prozent zur Lokomotive werden dürfte, rechnen die Analysten für Deutschland nur mit einem Plus von 0,8 Prozent. Zugewinne könnte es dank des schwachen Euro bei exportorientierten Industrien geben. Ende 2015 sieht die Deutsche Bank den Euro bei 1,15 Dollar. Anleihen werden dagegen nicht mehr so attraktiv sein. Die Renditen bleiben extrem niedrig, Chancen gibt es lediglich bei US-Unternehmensanleihen mit guter Bonität. Auch Schwellenländeranleihen könnten für Risikofreudige interessant werden. Insbesondere Indien wird für die Deutsche Bank zur attraktiven Region. Quelle: REUTERS
Der Vermögensverwalter Allianz Global Investors ist ein Tochterunternehmen der Allianz. Quelle: imago images
CommerzbankDie Commerzbank sieht den Dax Ende 2015 bei 10.800 Punkten, ist also nicht ganz so optimistisch wie die Deutsche Bank, was den Leitindex angeht. Einig sind sich beide aber, was mögliche Staatsanleihekäufe der EZB angeht. Mit einem sogenannten Quantitative Easing (QE) rechnen beide Institute in der ersten Jahreshälfte. Anschieben könnten den Dax steigende Unternehmensgewinne dank des schwächeren Euro. Das könnte auch Dividenden begünstigen. Die Bank rechnet für den Dax mit einer Dividendenrendite von knapp über drei Prozent. Besonders hohe Dividendenrenditen erwarten die Analysten bei Medienpapieren wie Freenet und RTL sowie Immobilienkonzernen wie DIC Asset oder TAG. Als negative Einflussfaktoren verweist die Commerzbank nicht nur auf die wahrscheinliche Zinserhöhung der Fed, sondern auch auf niedrigere Wachstumsraten in China. Quelle: dpa
Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba)Was den Dax betrifft ist die Landesbank etwas pessimistischer als die Großbanken. Relativ konservativ rechnet sie mit einer Spanne zwischen 8300 und 10.000 Punkten. Zwar erwarten die Analysten eine leichte Erholung der Weltwirtschaft, einen breiten Aufschwung sehen sie allerdings nicht. Lediglich hinsichtlich der USA scheinen sich alle einig zu sein, auch die Helaba erwartet ein Wachstumsplus von rund drei Prozent für die größte Volkswirtschaft. Für Deutschland erwartet die Landesbank ein Plus von 1,3 Prozent - mehr als die Deutsche Bank. Im Portfolio rät die Helaba zu einer leichten Anhebung der Aktienquote. Anleihen sollten dagegen zugunsten von Immobilien leicht reduziert werden. Quelle: dpa
Julius BärDie Schweizer Privatbank sieht die Devisenmärkte und Wechselkursentwicklungen ebenfalls im Fokus der Entwicklungen des nächsten Jahres. Auch die Schweizer sehen die USA als Wachstumsanführer, während die Euro-Zone mit einem Plus von nur 0,8 Prozent eher ein Bremsklotz ist. Die schwächelnde Nachfrage der Euro-Zone sei vor allem für die Schweiz ein Nachteil, heißt es. Für Investoren dagegen gelte es, Kurs zu halten, liquide zu bleiben und nach Wachstumsthemen Ausschau zu halten, so die Analysten. Mögliche Bereiche für Wachstumsthemen sind laut den Privatbankern E-Autos, digitale Technologien, Energieinfrastruktur und Bildung. Quelle: REUTERS
FidelityDie Fondsgesellschaft gibt sich optimistisch, auch für Deutschland. "Wenn die geopolitischen Risiken in den Hintergrund treten und die Notenbanken die Wirtschaft weiter unterstützen, hat Deutschland beste Voraussetzungen, um 2015 an den moderaten Aufwärtstrend anzuknüpfen", schreibt Fondsmanager Christian von Engelbrechten. Auch Fidelity sieht Impulse seitens des Euro für die exportorientierten Unternehmen. Eigentliche Stütze der Konjunktur sei aber der heimische Konsum - der Verbraucher, der konsumiert statt spart, treibt die Wirtschaft an. Durch die steigenden Gewinne sieht Fidelity auch am Aktienmarkt gute Chancen und rechnet mit einer Dividendenrendite von im Schnitt drei Prozent. Quelle: REUTERS
DZ BankAktuell sei das Gewinnwachstum der Dax-Unternehmen noch zu hoch geschätzt, sagen die Analysten der DZ Bank. Die Rahmenbedingungen für Aktien bleiben dennoch dank expansiven EZB-Maßnahmen und einem Mangel an Anlagealternativen positiv. Trotzdem erwarten die DZ Banker keine großen Kurssprünge, der Leitindex habe kaum noch Potenzial. Bis zum Jahresende 2015 rechnet die Bank nicht mit einem Anstieg über 9500 Punkte - und auch schwankungsanfälliger könnte der Index werden. Konservativen Anlegern raten die Experten daher zu "Dividendenaristokraten". Risikofreudigere Investoren könnten dagegen im ersten Quartal Chancen bei den Zyklikern haben. Quelle: REUTERS

Fondsmanager verstummt

Deshalb holt man sich Verstärkung, um zu retten, was zu retten ist. Bei den Verhandlungen mit der Ukraine und Gläubigern hat Franklin Templeton den Investor Blackstone als Berater ins Boot geholt. Blackstone hatte ich auch schon bei der Griechenland-Rettung für Gläubiger engagiert.

Templeton und Hasenstab sind in der Sache verstummt. Ob aus taktischen Gründen, um etwa die Verhandlungen im Verbund anderer Gläubiger nicht zu gefährden, oder aus Scham? Auch die WirtschaftsWoche bekam Fragen nach den Auswirkungen eines Schuldenschnitts auf die Ukraine-Anteile in den Fonds nicht beantwortet. Auch in den Videos, die Franklin Templeton gerne von dem Manager veröffentlicht, kein Wort mehr zu den Perspektiven der Ukraine.

Glänzende Performance

Bislang hat das Minus bei der Ukraine in den Fonds unterm Strich keinen dramatischen Schaden verursacht. Die Fonds zählen noch immer mit einem hohen Kursplus in den vergangenen Jahren zu den besten ihrer Klassen. Um knapp 20 Prozent sind beide Fonds in einem Jahr gestiegen. Die Mischung vieler Anleihen in den weltweit investierenden Fonds hat sich also bewährt. Kursgewinne in anderen Bereichen wie bei Währungen und in anderen Schwellenländern haben das Minus der Ukraine mehr als wett gemacht.

Gegen den Strom ging mehrfach gut

Hasenstab gehört zu den Investoren, die gerne gegen den Strom schwimmen und dann Chancen ergreifen, wenn die Kurse am Boden sind. Das ist vielfach gut gegangen. Etwa in Irland ist er in die Staatsanleihen eingestiegen, als die Euro-Rettung voll im Gange war und die irischen Bonds am Boden. Das Land hat sich schnell erholt, die Kursgewinne waren fantastisch. Aber so einfach läuft es mit der Ukraine nicht. Politische Börsen haben in diesem Fall keine kurzen Beine.

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Vom Retter zum Beschimpften

Hasenstabs Team analysierte die Ukraine schon lange bevor die Russen die Krim annektiert haben und sich die Krise zugespitzt hat. Hasenstab schwärmte noch im April 2014 über die geringe Verschuldung des Landes, die gut ausgebildete Bevölkerung, den Reichtum und die strategisch wichtige Position. Doch dann kam die Krise. Die Devisenreserven des Landes sind geschrumpft und die Schuldenquote stark gestiegen. Hasenstab lobte auch guten Umgang der aktuellen Regierung mit der Krise und die Gesetzgebung. Aber das hat nichts genützt, jetzt wendet sich die Regierung, die die Anleihenkäufer vor einem Jahr noch benötigt hat, um zu überleben, von ihnen ab und beschimpft sie auch noch als „gewissenlose Gläubiger“.

Zu viel von IWF und Weltbank erwartet?

Hasenstab hatte sich offenbar darauf verlassen, dass sich die Ukraine mit Hilfe vom Internationalen Währungsfonds, den USA und der Weltbank wieder leicht zu einem stabilen Staat formen lasse würde. Und sich am Ende auf längere Sicht für alle ein Gewinn erzielen ließe. „Ein enger Dialog und Reform-Pakete sollten nicht nur kurzfristige Liquiditätsprobleme lösen können, sondern auch die Volkswirtschaft und den Finanzsektor stabilisieren können“, schrieb er 2014. Er hatte sich offenbar auch auf die Prognose der Weltbank

verlassen, die vor einem Jahr glaubte, „ein angemessener Politik-Mix könne das Wirtschaftswachstum fortsetzen.“

Das hat sich dann aber alles als viel zu optimistisch herausgestellt.

Fondsmanager auf die Finger schauen

Es ist ein Beispiel dafür, wie schnell ein politisch unerfahrener Geldmanager aufs Glatteis internationaler Beziehungen gerät und irgendwie zwischen den Stühlen sitzt. Dumm nur, das die Anleger dafür zahlen müssen. Mancher, der schon lange in den Fonds investiert war, wird den Flop verschmerzen. Jahrelang waren die unkonventionellen Strategien von Hasenstab Geldbringer. In den vergangenen drei Jahren erzielte der Templeton Global Bond im Schnitt pro Jahr 10,6 Prozent und in zehn Jahren 8,9 Prozent pro Jahr. 10,4 Prozent pro Jahr gab es seit Mai 2012 beim Total Return Bond-Fonds und seit Mai 2004 pro Jahr elf Prozent. Anleger sollten die Ukraine-Gelder als Hilfsgelder abschreiben und Hasenstab mehr auf die Finger schauen, aber weitermachen lassen.

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