"Gerade im aktuellen Niedrigzinsumfeld ist es für den Vermögenserhalt wichtig, dass Sparer zumindest teilweise zu Anlegern werden", sagt Sponer von der Commerzbank. Andernfalls frisst die Inflation das Vermögen klammheimlich auf. Die Geldanlage der Wahl muss also "eine Rendite oberhalb der Inflationsrate erwirtschaften." In diesem Punkt haben die risikoreicheren Produkte den konservativen einiges voraus: Je höher das Verlustrisiko, desto höher ist die Rendite. Je sicherer ein Produkt, desto weniger bleibt nachher beim Sparer hängen. Trotzdem sollten sich auch risikoaffine Anleger nicht einfach auf Produkte mit Traumrenditen stürzen. "Die Kenntnisse des Kunden spielen eine große Rolle: Nur was er kennt und versteht, soll er auch kaufen", bestätigt auch Sponers Kollegin Anja Czysch. Kennt der jeweilige Kunde ein Produkt nicht, dass ihm der Berater empfiehlt, müsse es dementsprechend ausführlich erklärt werden - auch über das Beratungsprotokoll hinaus.
Worauf Sie beim Protokoll achten müssen
Tätigen Sie keine Geschäfte, bevor Sie nicht das Beratungsprotokoll bekommen und gelesen haben.
Wenn im Protokoll Dinge stehen, die in der Beratung nicht zur Sprache kamen, bitten Sie Ihren Berater um Änderung beziehungsweise konkretere Angaben. Gleiches gilt für Phrasen, die Sie nicht verstehen.
Wissen Sie, was Onepager sind? Oder was es mit der „Anlage von Liquiditätsüberschüssen“ auf sich hat? Wenn Sie solchen Formulierungen in Ihrem Protokoll begegnen und diese nicht verstehen, bestehen Sie auf einer schriftlichen Änderung. Wenn Sie auch bei Nachfrage kein Protokoll bekommen, oder es nicht korrekt ausgefüllt ist, sollten Sie das der Bafin oder der Verbraucherzentrale melden.
Unterschreiben Sie das Protokoll nicht – auch nicht als Empfangsbestätigung – aber überprüfen Sie, dass der Berater unterzeichnet hat.
Leider hält sich nicht jeder Finanzberater an diese Aufklärungspflicht: Gegen Anlageberater von Banken und Sparkassen sind bis Ende Juni 2013 deshalb 7443 Beschwerden von Privatkunden bei der Finanzaufsicht Bafin angezeigt worden. Private Banken waren mit 3462 Beschwerden am meisten betroffen. Es folgen Sparkassen (2293), Genossenschaftsbanken (640) und Finanzdienstleister (48). Wegen Verstößen gegen Beratungsprotokoll-Pflichten habe die Behörde bisher sechs rechtskräftige Bußgeldbescheide erlassen - gegen fünf Privatbanken und eine Sparkasse. Weitere 28 Bußgeldverfahren seien anhängig. Seit Einführung der Beratungsprotokolle 2010 habe sich die Anlageberatung verbessert.
Was muss im Protokoll drinstehen?
Seit dem 1. Januar 2010 muss die Bank ein Protokoll über jede Anlageberatung erstellen. Darin muss stehen, wer um die Beratung gebeten hat. Wollte der Kunde einen Termin, hat der Berater ein Gespräch vorgeschlagen? Auch ob der Berater auf Wunsch seines Arbeitgebers bestimmte Produkte ansprechen soll, muss unter diesem Punkt aufgeführt sein.
Der Berater muss vermerken, wie lange das Gespräch gedauert hat.
Im Protokoll muss stehen, wie groß das Vermögen des potenziellen Kunden ist, ob er Schulden hat und falls ja, wie hoch sie sind. Außerdem gehört hinein, wie hoch das Einkommen ist.
Damit dem risikoaversen Investor nicht hochspekulative Papiere angedreht werden und es nachher heißt, man hätte von nichts gewusst, gehören die Kundenwünsche ins Protokoll: Welche Risikoneigung hat der Investor, wie viel Rendite will er – und: wie hat der Berater die Entscheidung beeinflusst. Wer wenig Risiko und wenig Rendite will und abschließend ein Pendant der Lehman-Zertifikate kauft, wurde höchstwahrscheinlich falsch beraten.
Alle Produkte, die ein Banker empfiehlt, müssen im Protokoll aufgeführt sein, auch wenn der Investor sich dagegen entscheidet. Außerdem müssen die Gründe, die laut Berater für ein Produkt sprechen, aufgelistet werden.
Die Spitzenverbände der Kreditwirtschaft sprachen von einer relativ geringen Zahl im neu geschaffenen Beschwerderegister bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Dies sei der Beleg für die weiter verbesserte Beratungsqualität: „Das gilt umso mehr, da bei der Bafin die gesamte Bandbreite von Beschwerden - von Kritik, über Reklamationen bis hin zu tatsächlichen Beschwerden - registriert werden, ganz gleich, ob berechtigt oder unberechtigt.“
Aber spätestens seit Ausbruch der Finanzkrise seien Investoren vorsichtiger geworden, so Sponers Einschätzung. Man kaufe nicht mehr einfach so blind drauf los. Auch die Erfahrung, dass Finanzmärkte stark reagieren können, habe in den letzten Jahren zu Verunsicherung geführt. Das Resultat: "Wenn Kunden sich zwischen zwei Produkten entscheiden, wählen sie tendenziell eher das konservativere." Grundsätzlich müssen Anleger sich aber immer vor Augen halten, dass letztlich sie die Kaufentscheidung treffen - nicht die Bank oder der Berater.