Robo Advisor Boomende Fintechs verbrüdern sich mit Banken

Skyline des Frankfurter Bankenviertels. Quelle: dpa

Nach der ING-Diba bietet jetzt auch die Volkswagen Bank ihren Kunden eine digitale Vermögensverwaltung an. Beide Institute verlassen sich dafür auf junge Fintechs und deren Robo-Adviser für die Anlageberatung.

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Eigentlich galten die Münchener als das erfolgreichste deutsche Finanz-Start-up. Denn Scalable Capital hatte es geschafft, ohne große Partner aus der Finanzbranche neue Kunden zu locken. Ihr digitaler Vermögensverwalter (Robo-Advisor) investierte im Frühjahr bereits 200 Millionen Euro für Kunden.

Ob digitale Zahlungen oder andere Bankdienstleistung, keine andere Fintech-Sparte hat in Deutschland so schnell unabhängig eigene Kunden gewonnen, wie die Robo-Adviser.

Statt Endkunden direkt anzusprechen, haben sich die meisten Fintechs deshalb für Kooperationen mit den Finanzinstituten entschieden. Die bringen Kunden mit, und die Fintechs das innovative Digitalangebot.

Die Investoren hinter ausgewählten deutschen Robo-Advisors und Produkte, die Anleger bei ihnen bekommen

Nur die Robo Adviser hatten bislang den Anschein erweckt, dass sie weiterhin im Angriffsmodus den etablierten Instituten ihr Geschäft streitig machen wollen.

Bis zu dieser Woche.

Denn Scalable bietet seine digitale Vermögensverwaltung nun auch gemeinsam mit der ING-Diba an. Der eigene Erfolg reichte nicht aus. Und die Kunden der Volkswagen Bank können ihr Geld jetzt beim Robo Whitebox anlegen.

Damit signalisieren zwei wichtige Größen der jungen deutschen Robo-Szene: der Angriff ist vorbei, Innovationen künftig lieber gemeinsam mit den Banken. Denn Kunden bringen denen weiterhin ungebrochen ihr Vertrauen entgegen. Auch der Robo Vaamo hatte sich schon im letzten Jahr darauf spezialisiert, seine digitale Anlageverwaltung künftig eher an Banken statt Endkunden zu vertreiben. Und Investify nutzt seit dem Sommer eine Kooperation mit der Hamburger Sparkasse, um mehr Kunden zu gewinnen.

Für Anleger muss das kein Nachteil sein. Denn, wie der deutsche Präsident des Internationalen Olympischen Komitees diese Woche deutlich machen wollte: Manchmal können auch drei Parteien von einer Entscheidung profitieren.

Nach der Doppelvergabe der olympischen Sommerspiele waren es nach Bachs Meinung das IOC und die Ausrichterstädte Paris und Los Angeles. Er prägte dafür den Ausdruck Win-Win-Win-Situation.

Und die könnte sich durch die Kooperationen in der Finanzbranche nun auch für Kunden, Banken und Robos einstellen.

Der Kunde profitiert.

Weil immer mehr günstige und individualisierte Anlageangebote verfügbar sind, die einen harten Wettbewerb unter den Banken und Vermögensverwaltern auslösen, haben Kunden Vorteile.

Wer dem Robo Whitebox über die Volkswagen Bank sein Geld anvertraut, zahlt für Anlagen bis 10.000 Euro etwa in den ersten sechs Monaten keine Verwaltungsgebühr. Die beträgt bei Whitebox üblicherweise für Anlagen von 5.000 bis 30.000 Euro 0,95 Prozent im Jahr.

Und auch für die digitale Altersvorsorge von Whitebox gibt es für einige Kunden einen Gebührenvorteil, wenn sie bei der VW Bank abschließen.

Die Robos profitieren

Weil sie über die Großbanken Zugang zu deren Kundenstamm bekommen. Whitebox wird durch die Kooperation plötzlich bei über einer Million Kunden der Volkswagen Direktbank sichtbar.  Im Falle von Scalable Capital werden die rund acht Millionen Kunden von ING-Diba auf das Angebot des Start-ups aufmerksam. Nach Angaben des Robos will die ING-Diba künftig täglich 100 neue Kunden für die Depots von Scalable gewinnen.

Diese Sichtbarkeit bei den Kunden zu erreichen, dauert für die Fintechs sonst Jahre. Sie müssten in Fernseh- oder Onlinewerbung investieren. Dazu fehlt vielen schlicht das Geld.

Doch schnelles Wachstum entscheidet, welcher Robo überleben wird. Denn viele der jungen Robos, die oft nicht länger als ein oder zwei Jahre am Markt sind, leben aktuell noch von wenigen hundert oder tausend Kunden.

Und weil die noch nicht wissen, ob sie den Start-ups ihr Vermögen anvertrauen sollen, testen sie die Angebote mit Anlagen von wenigen Tausend Euro. Mit den Summen können die Start-ups nicht lange überleben. Sie verdienen erst an Kunden mit größeren Anlagesummen im unteren fünfstelligen Bereich.

Schließlich profitieren auch die Banken

Weil sie ihren Kunden innovative und digitale Anlagen bieten können, ohne dafür Zeit und viel Geld investieren zu müssen.

von Yvonne Esterházy, Sebastian Kirsch, Stefan Hajek

Bis Ende des Jahres dürften Anleger in Deutschland den Robos rund eine Milliarde Euro anvertrauen, schätzen die Analysten vom Berater Oliver Wyman. Ein winziger Teil des globalen Volumens, das bei rund 170 Milliarden Euro liegt.

Doch schon in den nächsten fünf Jahren wird der Markt auch in Deutschland so stark wachsen, dass der Anteil auf vier bis fünf Prozent steigt, schätzen die Analysten.

Ohne Kooperationen mit den Banken wären diese Zahlen für die Robos wohl kaum erreichbar.

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