Herr Berlenbach, nach der Wahl von Donald Trump zum wahrscheinlich nächsten US-Präsidenten hat alle Welt mit einem steigenden Goldpreis gerechnet. Das Gegenteil ist passiert, der Preis ist gefallen. Woran lag es?
Trump will ein großes Konjunkturpaket auflegen über Steuersenkungen und Investitionen in Infrastruktur und Rüstung. Das schürt Erwartungen nach einer höheren Inflation und folglich steigenden Zinsen. Letztere haben den Dollar aufwerten lassen. Dadurch ist Gold in Dollar gefallen.
Steigende Inflationserwartungen sollten eigentlich positiv sein für Gold?
Ich gehe deshalb auch davon aus, dass der Goldpreis wieder nach oben dreht. Dazu kommt die US-Entscheidung zugunsten von wahrscheinlich höheren Zinsen am 7. Dezember. Erinnern Sie sich an vergangenes Jahr. Nachdem die US-Notenbank Ende 2015 die Zinsen angehoben hat, ist der Goldpreis stark gestiegen. Das könnte sich nach dem nächsten Zinsentscheid im Dezember wiederholen. Es gibt auch sonst zu viele Unsicherheiten, um den sicheren Hafen Gold zu ignorieren.
Zur Person
Joachim Berlenbach, 55, ist promovierter Geologe. Der gebürtige Rheinländer lernte den Bergbau aus allen Perspektiven kennen – aus der eines Geologen und Explorers, aus der eines Minenanalysten und aus der eines Fondsmanagers. Nach 20 Jahren in Südafrika gründete Berlenbach 2006 die Earth Resource Investment Group (ERIG) in Zug (Schweiz). ERIG steuert zwei Aktienfonds für Universal-Investment mit einem Fondsvolumen von mehr als 100 Millionen Euro.
Zum Beispiel?
So droht die Türkei, drei Millionen Flüchtlinge nach Europa zu senden. Die Anti-Establishment-Kräfte gewinnen in Europa zusehends die Oberhand. Trump fordert von Europa höhere Beitrage zur westlichen Militärallianz. Mehr Verteidigungsausgaben setzten die Staatshaushalte in Europa unter Druck. Für Gold sprechen auch die Käufe von Zentralbanken, die zunehmen könnten. Wollten etwa China, Indien, Russland und Brasilien den Goldanteil an ihren Währungsreserven auf 20 Prozent bringen, bedeutete das eine zusätzliche Goldnachfrage von gut 17 500 Tonen. Das entspricht mehr als fünf Jahresproduktion der Minen.
Gegen Gold sprechen aktuell die rekordhohen Tagesabflüsse aus börsennotierten Goldfonds.
Die zuletzt an einen Tagen teilweise panikartigen Verkäufe geben aus meiner Sicht eher ein Signal zum antizyklischen Einstieg in Gold.
Die wichtigsten Fakten zu Gold
Die gesamte Goldnachfrage im dritten Quartal 2014 betrug 929,3 Tonnen. Damit ist die Nachfrage um 2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Q3'13: 952,8) gefallen.
Quelle: World Gold Council
Die weltweite Nachfrage nach Schmuck betrug im dritten Quartal 2014 insgesamt 534,2 Tonnen und ist damit um vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Q3'13: 556,3) gefallen.
Die Nachfrage des Technologiesektors belief sich im dritten Quartal 2014 auf 97,9 Tonnen und fiel, verglichen mit den 103,1 Tonnen im dritten Quartal 2013, um fünf Prozent.
Die Nachfrage nach Goldbarren und -münzen ist im dritten Quartal 2014 deutlich gesunken – auf 245,6 Tonnen. Ein Minus von 21 Prozent im Vergleich zu 2013 (Q3: 312,3).
Dass die Gesamtnachfrage nach Gold gefallen ist, ist auch auf die Abflüsse aus Gold-EFTs zurückzuführen. Im dritten Quartal 2014 beliefen sich diese auf 41,3 Tonnen. Allerdings ist das deutlich weniger als im Vorjahr. Im dritten Quartlal 2013 betrugen sie noch 120,2 Tonnen.
Die Nettoeinkäufe von Zentralbanken betrugen im dritten Quartal 2014 92,8 Tonnen. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einem Rückgang von neun Prozent (Q3'13: 101,5).
Die Goldnachfrage im Investment belief sich im dritten Quartal 2014 auf 204,4 Tonnen. Das ist eine minimale Steigerung von sechs Prozent, im Vorjahresquartal waren es 192 Tonnen.
Auch in Goldminenaktien?
Ja, auch deren Korrekturphase geht vorbei und es wird mindestens zu einer starken Gegenbewegung kommen. Insgesamt hat der Goldbergbau seine Kosten massiv reduziert und die Margen verbessert. Viele Minen erzielen positive freie Mittelzuflüsse und schütten Dividenden aus...
...aber investieren zu wenig.
Richtig. Das ist langfristig ein großes Problem. Die weltweiten Goldreserven reichen noch etwa 12 bis 15 Jahre. Seit zwei Jahren werden keine nennenswerten neuen Goldvorkommen mehr entdeckt. Und in den bestehenden Minen geht der Goldgehalt im abgebauten Erz zurück. Während die reinen Produktionskosten im Goldbergbau in den vergangenen Jahren weitgehend stabil blieben, strichen die Minen die Budgets zusammen für den Bau neuer und die Erweiterung bestehender Minen, sowie der Exploration. Das Verhältnis dieser Kapitalkosten zu den Produktionskosten ist auf den tiefsten Stand seit 2000 gefallen. Damals markierte dieser Wert allerdings den Tiefpunkt und der Bullenmarkt startete.
Welche Minen sind interessant?
Wir setzen vor allem auf mittlere und kleinere Firmen. Deren Aktien sind teilweise weniger stark gefallen als jene der großen Produzenten, aus dem Bewertungsblickwinkel aber trotzdem preiswerter. Neben anderen operativen und geologischen Kriterien ist für uns ein hoher Goldgehalt in den Vorkommen wichtig. Wir schauen uns die Minen vor Ort an. Stock-Picking ist der Schlüssel zum Erfolg.
"Anleger wetten auf einen Infrastrukturboom"
Gold ist gefallen, Kupfer und andere Industriemetalle haben trotz Dollaraufwertung stark zugelegt. Das ist ungewöhnlich.
In der Tat. Die Anleger wetten auf einen Infrastrukturboom und damit auf steigende Nachfrage nach Industriemetallen wie Kupfer.
Auf die USA entfallen nur acht Prozent des weltweiten Kupferverbrauchs, auf China 46 Prozent.
China ist wesentlich bedeutender für die Nachfrage, das stimmt. Die jüngste Entwicklung ist tatsächlich etwas rätselhaft angesichts des globalen Angebotsüberschusses. Denkbar, dass sich hier kurzfristig eine Blase aufgebaut hat. Die Daten aus China sind allerdings sehr intransparent. Wir warten deshalb hier momentan ab wie sich der Kupferpreis entwickelt. Es gibt auch sehr große spekulative Positionen.
Was Sie über den Ölpreis wissen müssen
Da Öl ursprünglich in Fässern abgefüllt wurde - Barrel im Englischen -, wird diese Maßeinheit in der Branche bis heute verwendet. Ein Barrel sind 159 Liter.
Die steile Talfahrt begann Mitte 2014, bis Anfang 2016 hatte sich der Preis mehr als gedrittelt. Seitdem hat sich der preis wieder erholt, bleibt aber weiter weit hinter früheren Niveaus zurück. Hintergrund ist ein knallharter Wettbewerb zwischen den klassischen Ölförderern wie Saudi-Arabien und neuen Konkurrenten, die Rohöl mit der aufwendigen Fracking-Methode aus Schiefergestein lösen, allen voran in den USA.
Rohöl ist nicht gleich Rohöl. Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Sorten – je nach Region. Alleine der Finanzinformationsdienst Bloomberg listet mehr als 100 Stück auf, wovon allerdings nur wenige große Bedeutung haben. Als Richtwert am Finanzmarkt gilt das US-Rohöl West Texas Intermediate (WTI). Eine weitere wichtige Sorte ist das Nordsee-Öl Brent.
Bei den Ölsorten gibt es gravierende Unterschiede bei der Qualität, was auch zu merklichen Preisunterschieden führt. So kann etwa die Sorte North Dakota Sour in der Raffinerie nur schwer verarbeitet werden, weil sie stark schwefelhaltig ist. Das schlägt sich auch im Preis nieder.
Für US-Öl und Brent-Öl werden die Preise über das Spiel von Angebot und Nachfrage gebildet. Aber auch diese Sorten können eine Vielzahl von unterschiedlichen Preisen haben, was daran liegt, dass sie in sogenannten Future-Kontrakten gehandelt werden. Der Käufer erwirbt dabei Rohöl mit unterschiedlichen Lieferdaten. Der am meisten gehandelte und damit für die Anleger wichtigste Future-Kontrakt läuft über einen Monat.
Auch die Ölsorten des Ölkartells Opec (Organisation erdölexportierender Länder) sind für die Weltwirtschaft von hoher Bedeutung. Von der Opec-Zentrale in Wien wird einmal täglich der sogenannte Opec-Korbpreis ermittelt. Hierfür melden alle Mitgliedstaaten des Ölkartells ihre jeweiligen Ölpreise, dann wird der sogenannte Korbpreis aller 13 Opec-Sorten errechnet. Dieser Durchschnittspreis wird allerdings immer mit einem Tag Verzögerung veröffentlicht und spiegelt daher nicht die neueste Entwicklung wider.
Was könnte gegen ein Preisblase sprechen?
China baut derzeit Schmelzkapazitäten auf. Die Schmelzen benötigen Kupferkonzentrat, das sie von den Minen beziehen, etwa für den zunehmenden Ausbau des Stromnetzes oder den Bau von Elektroautos. Die Kosten, die Raffinerien den Minen für die Verarbeitung von Konzentrat berechnen, fallen derzeit. Das spricht für einen enger werdenden physischen Markt.
Und das Minenangebot?
Das ist die Frage. Die Bergbauindustrie setzt große Hoffnungen in das so genannte „Block Caving“. Das ist ein kostengünstiges Verfahren, das vor allem bei Erzen mit niedrigem Erzgehalt angewandt wird. Hierbei werden im Untertagebau große Blöcke aus dem Lagerstättenverband herausgeschält, um mit deren Eigengewicht anderes Gestein, das darunter liegt, zu zerkleinern. Das beim Zusammenbrechen der Blöcke anfallende Material wird von unten her weggeladen. Dabei sinken der Block und mit ihm das Hangende nach. Soweit die Theorie. Jetzt muss sich das in der Praxis bestätigen. Es sind erst wenige Projekte auf dem Weg. Wenn die Projekte nicht funktionieren, könnte der Kupfermarkt schneller ins Defizit gehen, als angenommen.
Erstmals seit acht Jahren hat die Opec, die Organisation erdölexportierender Länder Länder, eine Förderkürzung beschlossen. Haben Sie damit gerechnet?
Nun, wir haben in unserem Exploration Fund die Gewichtung in Ölfirmen vor dem Opec-Meeting von 15 auf 25 Prozent erhöht. Aber es ist ohnehin nur eine Frage der Zeit, wann die Nachfrage das Angebot übertrifft. Die aktuellen Preise sind nicht durchzuhalten, um den wachsenden Verbrauch zu sättigen. Die globale Ölnachfrage liegt bei 97 Millionen Barrel pro Tag und steigt weiter. Die wichtigsten Treiber sind China und Indien. Der Ölmarkt ist jetzt schon enger als noch vor sechs Monaten erwartet. Fehlende Investitionen haben zu schnell fallenden Abfallraten in der Produktion geführt.
Aber die US-Schieferölförderer sind in der Lage, ihre Produktionsmengen rasch an Preisbewegungen anzupassen. Abzulesen ist das an der Anzahl der aktiven Bohrstellen in den USA, die wieder steigen.
Das stimmt. Die Effizienz in der Fracking-Industrie ist gestiegen, aber die Firmen haben noch Probleme, daraus positive freie Mittelzuflüsse zu erzielen. Mit Blick auf die steigende Nachfrage kann ich mir aber gut vorstellen, dass wir in ein paar Jahren mit Fracking gewonnenes Schieferöl dringend brauchen.