Sal. Oppenheim-Chef im Interview „Ich sehe nicht die Geldscheine hinter all meinen Entscheidungen“

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Viele Leute haben Aktien nicht verstanden

Ist am Rentenmarkt nicht die viel größere Blase entstanden als am Aktienmarkt?
Sicher. Wir haben kürzlich das Kurs-Gewinn-Verhältnis von zehnjährigen Bundesanleihen, das es so eigentlich nicht gibt, berechnet. Es liegt bei 550. Am Aktienmarkt haben wir eins von 15. Das zeigt, wie viel Übertreibung im Rentenmarkt drin ist.

Welchen sicheren Hafen gibt es denn noch? Gold haben Sie ja auch aus den Depots Ihrer Kunden geschmissen...
Außer Kasse haben wir im Prinzip keine Möglichkeit mehr, uns gegen Wertverluste zu schützen. Man kann nirgendwo mehr sicher überwintern, vor allem nicht auskömmlich. Früher sind Sie in den Rentenmarkt gegangen und haben fünf Prozent bekommen. Da sind Sie nicht reich geworden, aber auch nicht arm. Jetzt ist die Gefahr relativ groß, dass die Tsunami-Welle auch in den sicheren Hafen schwappt.

Die Schlacht der Ex-Milliardäre um das Erbe der Traditionsbank spitzt sich zu. Seit elf Uhr streiten Ex-Geschäftspartner wie Quelle-Erbin Schickedanz über ihre Verluste vor Gericht. Zugleich beginnt der Ausverkauf.
von Jürgen Berke, Henryk Hielscher, Cornelius Welp

Die meisten Deutschen lassen Ihr Geld lieber in Spareinlagen versauern.
Die Deutschen sind Weltmeister im Geldverdienen und strengen sich dabei auch mächtig an. Aber sie sind bei weitem keine Weltmeister, wenn es darum geht, Geld anzulegen. Die Kenntnisse diesbezüglich sind sehr schlecht, das muss man leider ganz offen sagen.

Millionen Deutsche spielen regelmäßig Lotto, mit fast garantiertem Totalverlust, aber Aktien meiden sie. Das Geld könnten sie auch monatlich in Fondssparpläne stecken.
Das hängt mit der fehlenden Finanzbildung zusammen. Viele Leute haben nicht verstanden, dass eine Aktie eine Beteiligung an einem Unternehmen ist. Wenn Sie sich direkt an einem Unternehmen beteiligen, würden Sie auch nicht erwarten, über Nacht reich zu werden. Wenn Sie aber in Aktien gehen, muss der Kurs relativ zügig nach oben gehen. Aktien sind für die Deutschen kein Vehikel, um sich an einem Unternehmen zu beteiligen, sondern Spekulationsobjekt. Befeuert wurde das zusätzlich durch den Aktien-Hype, sozusagen die Unkultur um die Jahrtausendwende. Und als sich da die Anleger die Finger verbrannt hatten, haben sie ihr Vorurteil, Aktien seien spekulativ, nur bestätigt bekommen.

Und wie ändern wir das?
Durch Ausbildung. Wir können das den jungen Menschen nur in der Schule vermitteln. Damit sie verstehen, dass man Geld nicht am Aktienmarkt anlegt, um in drei Monaten das Doppelte zurück zu bekommen. Aktien sind eine Beteiligung an einem Unternehmen, am Produktivkapital, keine kurzfristige Wette. Ich war von SAP und seiner Story damals überzeugt, weil das etwas Neues, Zukunftsweisendes war. Aus solchen Gründen investiert man in eine Aktie.

Wie haben Sie Ihren Kindern Geldanlage vermittelt?
Mein Sohn ist 16, meine Tochter 20. Die kriegen natürlich schon einiges mit, wenn ich Zuhause vom Job erzähle. Für meine Kinder habe ich, so langweilig das klingt, ein Depot eröffnet und kaufe regelmäßig bestimmte Fonds über einen Sparplan. Natürlich sind es Aktienfonds – die Kinder sind ja noch jung und haben einen langen Anlagehorizont.

Herr Leoni, vielen Dank für das Interview.

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