Schuldenobergrenze Warum Goldanleger vom Krach um den US-Haushalt profitieren

Anfang Mai dieses Jahres hatte Gold kurzzeitig einen neuen Preisrekord aufgestellt, bei 2081 Dollar je Feinunze, und der Preis nähert sich wieder dieser Marke. Quelle: AP

Wenn die USA ihre Schuldenobergrenze reißen, würden die meisten von Bloomberg befragten Investoren Gold kaufen. Auf Platz zwei der sicheren Häfen rangieren ausgerechnet US-Staatspapiere. Was steckt dahinter?

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Gold gilt bei Investoren aktuell als sicherer Hafen Nummer eins. Die Nachrichtenagentur Bloomberg hat gefragt, was Anleger kaufen würden, wenn die USA tatsächlich ihre Schuldenobergrenze reißen und eine zeitweilige Zahlungsunfähigkeit erklären würden. US-Finanzministerin Janet Yellen hatte gewarnt, dass ihrer Regierung ohne neue Schulden bereits am 1. Juni das Geld ausgehen könnte, sofern der US-Kongress die Schuldenobergrenze von aktuell 31.400 Milliarden Dollar nicht rechtzeitig anheben werde. 51,7 Prozent der befragten Profi-Investoren und 45,7 Prozent der Privatanleger nannten Gold als sicheren Hafen für den Fall des am „X Day“ drohenden Crashs.

Beim Haushaltsstreit unter der Regierung Obama hatte der US-Aktienindex S&P 500 zwischen Mai und Anfang August 2011, als die Budgeterweiterung letztlich vom US-Kongress genehmigt wurde, an die 15 Prozent verloren. Der Goldpreis, damals im Aufwärtstrend, hatte um die zehn Prozent zugelegt.

Anfang Mai dieses Jahres hatte Gold kurzzeitig einen neuen Preisrekord aufgestellt, bei 2081 Dollar je Feinunze, und der Preis nähert sich wieder dieser Marke. Neben dem Streit um den Haushalt bestimmen vor allem die weitere Entwicklung der US-Zinsen nach Abzug der Inflation und der Dollarkurs den Goldpreis. Der Außenwert des Dollars ist wie die US-Realverzinsung mit dem Goldpreis in Dollar stark negativ korreliert.

31 Billionen Dollar – die USA sitzen auf dem höchsten absoluten Schuldenberg weltweit. Vier Grafiken zeigen das ganze Ausmaß der US-Verschuldung – und verdeutlichen, wer die Verantwortung trägt.
von Julian Heißler, Anabel Schröter

Je höher der Zins und je stärker der Dollar, umso schwächer tendiert Gold. Dass die nominalen Zinssätze weiter stark genug steigen, um die Inflation wieder unter zwei Prozent zu drücken, ist aber fraglich, angesichts hoher gesamtwirtschaftlicher Verschuldung und der Gefahr eines Wirtschaftseinbruchs oder eines größeren Unfalls im Finanzsystem.

Entsprechend wenig wahrscheinlich ist es, dass Anleger mit Zinsanlagen ihr Vermögen real, also nach Abzug der Inflation, irgendwann in der Zukunft wieder spürbar mehren können. Mit zinslosem Gold konnten Anleger über längere Zeiträume den Kaufkraftverlust des Geldes zumindest immer ausgleichen.

Misstrauen gegenüber Dollarreserven

Eine Renaissance als monetäres Metall erfährt Gold zudem durch die tektonischen Verschiebungen in der Weltwirtschaft. Viele Länder, allen voran China und die Golfstaaten, haben einen Großteil ihrer Währungsreserven in US-Staatsanleihen angelegt, darauf vertrauend, es seien liquide Anlagen, die in Krisen eingesetzt werden können. Dieses Vertrauen schwindet. Der Haushaltsstreit wird das Vertrauen ausländischer Staaten und Investoren in den Dollar nicht stärken.

Eine erste Zäsur war die Entscheidung der USA und ihrer Verbündeten vom März 2022, russisches Auslandsvermögen einzufrieren. Um die Risiken vor Verlusten mit Dollar-Vermögenswerten zu begrenzen, bleibt vielen Ländern als Alternative nur der Aufbau höherer Goldreserven.

Seit der Russland-Entscheidung haben nicht-westliche Zentralbanken US-Staatspapiere in Gold getauscht. Die massiven Käufe der chinesischen Notenbank etwa zeigen, dass sich ein Teil der Welt vom Dollar als Reservewährung lösen will. Dieser Trend dürfte anhalten, den Goldpreis stützen und ihn letztlich dauerhaft über die Marke von 2000 Dollar schieben. Anschlusskäufe von Investoren könnten anschließend die Aufwärtsdynamik beschleunigen.

Die Wette mit US-Staatspapieren

Am zweithäufigsten genannt in der Bloomberg-Umfrage wurden US-Staatsanleihen. 14,0 Prozent der Profis und 15,1 der befragten Privatanleger wollen in einer US-Haushaltskrise amerikanische Treasuries kaufen. Auf den ersten Blick erscheint das widersprüchlich: Die USA gehen bankrott, und Anleger erwerben ihre Schuldtitel? Dahinter steckt zum einen die von der historischen Erfahrung getriebene Hoffnung,  dass sich Demokraten und Republikaner doch noch einigen – und die Gewissheit, dass die USA ihre Schulden schnell wieder bedienen.

Der politische Zirkus in Washington und Yellens Warnung haben am Bondmarkt bereits Wirkung gezeigt, noch in der anderen Richtung: Die Renditen kurzlaufender US-Schatzwechsel mit Laufzeiten von drei Monaten sind angezogen, sie lagen zuletzt deutlich über fünf Prozent. US-Staatsanleihen mit zehn Jahren Restlaufzeit werfen dagegen nur 3,5 Prozent Rendite ab. Der Grund für die Renditedifferenz ist klar: Sollten die USA zahlungsunfähig werden, werden Papiere mit kürzeren Restlaufzeiten als Erstes nicht bedient, sprich: je kürzer die Restlaufzeit, desto höher das Risiko. Steigende Renditen bedeuten Kursverluste, gelingt in den USA noch eine Einigung, sind umgekehrt fallende Renditen und damit Kursgewinne wahrscheinlich.

US-Starinvestor Bill Gross empfahl deshalb Anfang Mai kurzlaufende US-Schuldtitel zum Kauf. Das Risiko eines US-Staatsbankrotts sei „lächerlich“, sagte er Bloomberg TV: „Es wird immer gelöst, nicht dass es 100 Prozent sicher ist, aber ich denke, es wird gelöst.“ Zuletzt keimte wieder etwas Hoffnung auf: US-Präsident Joe Biden hatte am Wochenende ein Treffen mit Kongressführern für Dienstag angekündigt. Laut Reuters zeigte er sich optimistisch, dass rechtzeitig eine Vereinbarung zur Anhebung der Kreditobergrenze des Landes erzielt werde, um einen Zahlungsausfall abzuwenden.

Werkzeughersteller Russland enteignet Maschinenbauer DMG Mori

Weil die Bundesregierung eine Investitionsgarantie gab, fordert der Konzern jetzt Schadensersatz. Der Vorfall in Russland ist aber nicht das einzige Thema, das am Standort in Bielefeld derzeit für Wirbel sorgt.

Gehalt „Wer pfiffige Ideen hat und hart arbeitet, sollte dafür auch belohnt werden“

In Unternehmen herrscht ein verqueres Leistungsdenken, sagt Interimsmanager Ulvi Aydin. Er fordert, High Performern mehr zu zahlen als den Chefs: „Es gibt Leute, die mehr leisten als andere – das sollte man anerkennen.“

Aktien Fünf gefallene Börsenstars mit der Hoffnung auf ein Comeback

Mehrere frühere Börsenlieblinge sind jetzt günstig zu haben. Ihre Kursschwäche hat Gründe – aber es gibt gute Argumente für eine Erholung. Fünf Turnaround-Ideen für Mutige.

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

Die gegenüber Bloomberg am dritthäufigsten genannte Fluchtwährung ist Bitcoin. 7,8 Prozent der Profi-Investoren und 11,3 Prozent der Privatanleger würden hier aufstocken. Dollar – womöglich aus ähnlichen Gründen wie US-Staatsanleihen –, Schweizer Franken und japanische Yen rangieren in der Bloomberg-Umfrage dann nur noch unter ferner liefen.

Lesen Sie auch: Das würde ein Staatsbankrott der USA bedeuten

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%