In Schwellenländern sind Unternehmen entstanden, die eine Bedrohung für die Konkurrenten aus Industrieländer darstellen. Aktienexperte Carlos Graf von Hardenberg, Fondsmanager bei Franklin Templeton, erläutert, wie Anleger davon profitieren, was von Saudi-Arabiens neuem Herrscher zu halten ist und wieso sich in Simbabwe die Aktienkurse vervielfachen.
Zur Person
Carlos Graf von Hardenberg (43) ist jetzt das Aushängeschild des Fondshauses Franklin Templeton für Schwellenländer-Investments. Der 43-jährige gebürtige Hamburger lenkt seit etwa zwei Jahren die Geschicke von milliardenschweren Aktienfonds und hat in diesem Jahr offiziell Mark Mobius als Fondsmanager großer Schwellenländer-Portfolios abgelöst. Zuvor hatte er auch schon einige Jahre die Verantwortung für die so genannten Frontier-Fonds, die an noch weniger entwickelten Kapitalmärkten investieren. Hardenberg arbeitet seit Ende der 90er Jahre bei Templeton. Von 2006 bis Anfang 2016 hat er mit seiner Familie in Istanbul gelebt, jetzt in London.
WirtschaftWoche: Graf Hardenberg, ihr Spezialgebiet sind Aktien aus Schwellenländern. Saudi-Arabien zählt dazu. Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman greift gerade hart durch. Wie beurteilen Sie seine Reformvorhaben?
Herr Carlos Graf von Hardenberg: Ich halte den Weg, den er eingeschlagen hat, um das Land moderner zu machen, für glaubhaft. Es wird hier häufig nur wahrgenommen, dass Frauen Autofahren dürfen, aber es geht viel weiter mit einer Modernisierung von Bildungs- und Gesundheitswesen sowie der Infrastruktur. Das wird für lange Zeit ein großes Thema bleiben, denn mittlerweile können Ausländer auch direkte Beteiligungen an saudischen Aktiengesellschaften erwerben und müssen nicht länger den Umweg über Derivate wählen.
Könnten Sie eigentlich etwas anderes sagen, ohne fürchten zu müssen, beim nächsten Besuch an der Grenze abgewiesen zu werden?
Man muss teilweise vorsichtig sein und behutsamer Kritik vorbringen. Aber wir sind Investoren und auf uns sind die Länder mitunter angewiesen, denn wir bringen Ersparnisse dorthin. Sie wollen als letztes Leute wie uns verscheuchen. Wir stellen häufig unangenehme Fragen und schreiben auch Briefe an Aufsichtsräte, wenn uns etwas nicht gefällt. Wäre das nicht machbar, würden wir auch nicht investieren.
Trägt das Früchte?
In Korea hat Mark Mobius die Eigner von Samsung zu einem Aktienrückkauf aufgefordert und sie haben ihm zugehört und eine klare Dividendenpolitik angekündigt. Man öffnet sich etwas mehr.
Haben Sie in Saudi-Arabien investiert?
Ja, seit langem vor allem für Spezialfonds, die Großanlegern offenstehen oder den Frontier-Markets-Fonds. In den globalen Schwellenländerportfolios ist der Markt momentan nicht enthalten. Da über allem die Spannungen mit Iran, Jemen, Ägypten und Katar hängen, bin ich zurückhaltend.
Rechnen Sie mit einem erfolgreichen Börsengang des saudischen Ölkonzerns Aramco?
Als Salman vor ein paar Wochen in Riad eine Konferenz veranstaltet hat, war die Nomenklatura des weltweiten Kapitals jedenfalls schon mal dort. Entscheidend wird der Preis sein, den Interessenten beim Börsengang für das Unternehmen bezahlen sollen. Bis dato ist Aramco nicht für seine Offenheit gegenüber Investoren bekannt. Wir erwarten mehr Transparenz. Und die Corporate Governance ist uns bei allen unseren Beteiligungen sehr wichtig.
Wird Aramco eine große Rolle in Schwellenländerportfolios spielen?
Mit Aramco an der Börse würde Saudi-Arabien wahrscheinlich auf einen Schlag knapp zwei Prozent des globalen Schwellenländer-Index ausmachen. Höhere Index-Ausschläge nach oben und unten verursacht durch taktische Investoren sind sehr wahrscheinlich. Wir wollen uns an diesem taktischen Spiel nicht beteiligen, deshalb investiere ich lieber in Aktien, die gar nicht in den großen Indizes enthalten sind.