Shortseller Carson Block „Die BaFin hat sich wie ein Rüpel verhalten“

Carson Block sieht sich und seine Kollegen durch Wirecard in ein positiveres Licht gerückt. Quelle: Bloomberg

Carson Block, der Kopf von Muddy Waters, über die jüngsten Angriffe auf Nikola und Grenke, das schwierige Verhältnis zur deutschen Finanzaufsicht und seine beste Kampagne.

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WirtschaftsWoche: Herr Block, der Fall Wirecard wurde unter anderem von Shortsellern wie Fraser Perring aufgedeckt. Bekommt Ihre Branche jetzt mehr Aufmerksamkeit?
Carson Block: In Deutschland ist die Wahrnehmung von Shortsellern seit dem Fall Wirecard deutlich positiver geworden. Die Menge an Aufmerksamkeit hat sich möglicherweise gar nicht geändert, sehr wohl aber die Tonalität.

Wird die Zahl der Attacken dadurch zunehmen?
Zunächst einmal finde ich es problematisch, einen Short-Bericht als „Attacke“ zu titulieren, denn das unterstellt immer etwas Bösartiges. Von meiner Seite des Tisches betrachtet sind es die Manager, die ihre Investoren attackieren, indem sie falsch berichten oder sie geradewegs anlügen.

Und wo sehen Sie die Rolle der Shortseller?
Short-Kampagnen dienen dem Ziel, solches Verhalten zu unterbinden und das Management zu Transparenz zu zwingen. Und ja, natürlich gibt es zusätzlich zu diesem Motiv der finanziellen Gerechtigkeit auch eine kommerzielle Motivation. Bezüglich der Anzahl habe ich keine Daten, so dass ich nicht beurteilen kann, ob die Zahl der Kampagnen zugenommen hat. Sie erhalten aufgrund der Erfolge bei Wirecard und Nikola aber sicherlich mehr Aufmerksamkeit als früher.

von Saskia Littmann, Heike Schwerdtfeger

Wie sehen Sie die jüngsten Angriffe auf Grenke und Nikola?
Das Research von Hindenburg zu Nikola fand ich beeindruckend.

Fraser Perring behauptet, er habe die deutsche Finanzaufsicht BaFin im Vorfeld seines Reports über Grenke kontaktiert. Die BaFin wiederum behauptet, nie etwas erhalten zu haben – wie ist das Verhältnis zwischen Shortsellern und BaFin?
Ich bitte um Verständnis, dass ich die Aussagen von Herrn Perring nicht kommentiere. Das Verhältnis zwischen Shortsellern und BaFin zeichnet sich dadurch aus, dass es gar nicht existiert. Die BaFin hat sich gegenüber Shortsellern wie ein Rüpel verhalten, indem sie gegen jede Person, die es gewagt hat, ein deutsches Unternehmen zu kritisieren, ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren ins Rollen gebracht hat.

Die BaFin muss sich bei Wirecard Versäumnisse vorhalten lassen. Ist sie überfordert?
Die BaFin ist inkompetent und rachsüchtig, was eine sehr unglückliche Kombination ist.

Kontaktiert Muddy Waters Unternehmen, die sie shorten, vorab, wie es andere Shortseller tun?
Ich kann mich nicht dazu äußern, was andere Shortseller tun, zumal es da nach meiner Einschätzung auch kein einheitliches Vorgehen gibt. Für uns kann ich sagen: Wann immer wir den Eindruck haben, es wäre gut, bestimmte Themen besser zu verstehen, versuchen wir auch mit dem Unternehmen zu sprechen.

Ihre Arbeit ist ja alles andere als wohltätig. Was verdienen Shortseller mit einer durchschnittlichen Kampagne?
Mir ist kein Durchschnittswert bekannt. Manche Shortseller managen Fonds – so wie wir – während andere nur ein paar Hunderttausend Euro an Kapital zum Handeln zur Verfügung haben.


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Kritiker sagen, Shortseller würden Privatanlegern schaden und ihr Geld auf deren Kosten verdienen. Stimmt das?
Der Schaden wird durch Manager verursacht, die falsch berichten und ihre Investoren anlügen. Wenn Probleme nicht adressiert werden, werden sie für gewöhnlich größer, nicht kleiner. Letzten Endes werden Anleger geschädigt, die Frage ist lediglich, ob es die Anleger von heute oder von morgen sind. Wenn es die Anleger von morgen sind, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass es mehr Betroffene gibt als heute.

In Deutschland ist Muddy Waters vor allem mit einem Angriff auf das Werbeunternehmen Ströer aufgefallen. Die Aktie hat sich aber erholt, die Kampagne war nicht nachhaltig. Überrascht Sie das und glauben Sie immer noch, dass Ströers Zahlenwerk falsch ist?
Die Tatsache, dass ich von der BaFin durch eine strafrechtliche Ermittlung zum Schweigen gebracht worden bin, sollte keinesfalls als Entlastung für Ströer gewertet werden. Tatsächlich bin ich heute mehr denn je überzeugt, dass es bei diesem Unternehmen Fehlverhalten gab.

Welche Kampagne hat Ihnen am meisten Spaß gemacht?
Mein persönlicher Favorit war Sino-Forest. Im Büro war eine unglaubliche Energie zu spüren, während das Team mit einer lasergleichen Fokussierung Tag und Nacht gearbeitet hat. Und es hat uns auch Spaß gemacht. Sino-Forest war so haarsträubend, dass wir immer wieder verblüfft waren über die Beweise für Betrug, die wir gefunden haben.

Mehr zum Thema: Spekulanten, die auf fallende Kurse wetten, sind das neue Feindbild von Managern und Anlegern – dabei halten sie die Börse sauber.

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