Bernanke begründete seinen Rückzieher auch mit dem Risiko der hohen Verschuldung der USA. Das trifft den Kern. Die Schuldenobergrenze rückt näher und damit die Zahlungsunfähigkeit der Bundesregierung in Washington. Der Kongress ist unverändert tief gespalten. Zur Erinnerung: Im Zuge des Gezerres um die Anhebung der Schuldengrenze vor zwei Jahren erreichte der Goldpreis sein bisheriges Rekordhoch von 1921 Dollar je Feinunze.
In den Anleihemärkten stecken gewaltige Summen, und es gibt immer weniger Investoren, die neue Anleihen kaufen wollen oder können. Weniger Nachfrage drückt die Kurse bestehender Anleihen, im Gegenzug steigen deren Renditen. Die gingen stark nach oben, nachdem Bernanke im Mai den Einstieg in den Ausstieg aus den Gelddruckprogrammen in Aussicht gestellt hatte.
Doch die Zentralbanken in den USA, Japan und Europa können einen spürbaren Renditeanstieg nicht zulassen. Die Renditen von Staatsanleihen beeinflussen auch die Zinsen, die Unternehmen Anlegern für neue Anleihen bieten müssen. Stark steigende Zinsen könnten weder die Volkswirtschaften der Industrieländer noch ihre überschuldeten Regierungen verkraften. Die Notenbanken werden deshalb nicht weniger, sondern immer größere Mengen Anleihen aufkaufen müssen.
Ziehen die Renditen von Staatsanleihen trotz schwacher Konjunktur und niedriger Leitzinsen an, signalisierte dies, dass die Notenbanken die Anleihemärkte nicht mehr komplett kontrollieren. Zugleich drohten ihren Portfolios aus Staatsanleihen gigantische Kursverluste. Scott Minerd, Chefanlagestratege des US-Vermögensmanagers Guggenheim Partners, beziffert die unrealisierten Verluste der Fed allein aus dem Renditeanstieg in den drei Monaten bis August auf 192 Milliarden Dollar. Ein weiterer Renditeanstieg würde das Eigenkapital der Fed in Höhe von 55 Milliarden Dollar gefährden. Nur noch 1,5 Prozent der Fed-Bilanzsumme ist mit Eigenkapital unterlegt. Die EZB kommt immerhin auf 3,8 Prozent, die Bank of Japan auf knapp zwei Prozent.
Eine Notenbank mit de facto insolventer Bilanz aber läuft Gefahr, zum Spielball der Märkte zu verkommen. Schwindet das Vertrauen in Notenbanken und in die Zahlungsfähigkeit von Regierungen, dann bleibt als Alternative faktisch nur Gold.
Goldskeptiker betonen immer, steigende Zinsen seien negativ für Gold, weil Gold keine Zinsen bringt. Je mehr Zinsen andere Anlagen abwerfen, desto unattraktiver wird das zinslose Gold im Tresor. Aktuell sind die entgangenen Zinsen noch kaum der Rede wert (siehe Grafik). Anleger sollten zudem im Hinterkopf behalten, dass der Zins immer auch ein Maßstab für Bonität ist. Steigende Zinsen signalisieren eine schwächere Bonität und ein höheres Ausfallrisiko des Schuldners. Hinter Gold steht kein Schuldner, der pleitegehen könnte. Es gibt kein Ausfallrisiko.