Siltronic-Übernahme Aktionäre profitieren: Computerchips so begehrt wie Impfstoffe oder Gold

Wafer-Hersteller Siltronic profitiert von den Chip-Engpässen. Die Übernahme der Münchner kostet Konkurrent Global Wafer viel mehr - wenn sie klappt. Quelle: dpa

Auto- und Elektronikhersteller konkurrieren um Mikrochips. Gut für Aktionäre von Siltronic: Ein Übernahmeinteressent stockt sein Angebot auf.

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Der Halbleitermarkt lag im vergangenen Jahr kurzzeitig am Boden. Das Business ist als extrem zyklisch bekannt. Doch jetzt sind die Kapazitäten im Halbleitermarkt am Limit. Die Zulieferer von Wafern für Siliziumplatten, einem Vorprodukt für Mikrochips, stehen da an vorderster Front.

Keine billige Übernahme

Das betrifft etwa den 1968 gegründeten Münchner Wafer-Hersteller Siltronic, für den der taiwanesische Konzern Global Wafer bereits vor Wochen ein Übernahmeangebot abgegeben hatte. Das lag zunächst bei niedrigen 120 Euro, wurde vor kurzem auf 140 Euro aufgestockt und jetzt erneut erhöht auf 145 Euro. 

Engpässe bei der Herstellung von Computerchips ziehen Kreise bis in die deutsche Autobranche und führen etwa bei Volkswagen zu Engpässen in der Produktion. Indirekt hat der Übernahmekampf um Siltronic auch etwas mit den VW-Problemen zutun: Die schon vor der Pandemie ausgelasteten Kapazitäten in der Halbleiter- und Waferindustrie müssten durch teure Investitionen aufgestockt werden. Siltronic müsste zwischen einer halben und anderthalb Milliarden Dollar für eine neue Produktionsanlage ausgeben.

Kooperation bleibt, Synergien sollen folgen

Auch der taiwanesische Anbieter Global Wafer hätte investieren müssen, um seine Produktion aufzubauen. Durch eine Kooperation, die in eine Übernahme münden sollte, wollten beide im Markt stärker werden. Jetzt ist klar, dass die Beteiligung von Global Wafers viel teurer wird als von den Taiwanesen anfangs erwartet.

Die Autobranche ist nur einer von vielen Abnehmern, aber deren Anteil könnte steigen: Beträgt der Anteil von Halbleitern in Benzinern nur rund 400 Dollar pro Auto könnten in reinen Elektrofahrzeugen bis zu 800 Dollar verbaut werden.  Siltronic und Global Wafer wollten gemeinsam Kapazitäten auszubauen, um künftig Engpässe wie in der Autoindustrie zu vermeiden.

Autohersteller waren bei Orders zu zögerlich

Die Chipengpässe treffen jetzt die Autohersteller, weil sie im vergangenen Jahr durch den Verkaufsrückgang bei Autos ihr Chip-Bestellungen verringert hatten. Von der allerdings durchaus guten Nachfrage wurden sie offenbar überrascht. Der Konsumelektronikbereich wie auch andere Branchen hatten sich offenbar ausreichend Chips gesichert und bekommen jetzt keine Probleme.

von Matthias Hohensee, Andreas Menn, Jörn Petring

Die Halbleiterbranche ist derzeit an der Börse begehrt wie die der Impfstoffhersteller. Deshalb war die Begeisterung der Siltronic-Aktionäre auf erste Angebote von Global Wafers einzugehen nicht groß. Bislang bekamen die Taiwanesen nur etwa 37 Prozent der Aktien - da auch Wacker Chemie seinen 30 Prozent-Anteil an die Taiwanesen abgibt, hoffte man dort offenbar,  mit dem Angebot über 145 Euro mehr Aktionäre hinterm Ofen hervorzulocken. Jetzt reicht ihnen auch ein Anteil von 50 Prozent plus einer Aktie, um weiterhin mit Siltronic zu kooperieren und Synergien zu ermöglichen. Einen Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag streben sie für die nächsten drei Jahre ebenfalls nicht an, heißt es in einer Erklärung. Sie verzichten damit auf einen Zugriff auf die Gewinne. Das hatten sie vorher versucht mit dem Ansinnen die für den Beherrschungsvertag notwendigen 65 Prozent der Stimmrechte zu bekommen. 

Allianz Global Investors verringert Bestand

Auch jetzt ist der Deal noch nicht in trockenen Tüchern. Etwa Allianz Global Investors hatte seinen Anteil an Siltronic bereit kurz vor dem neuen Angebot von Global Wafers reduziert. Von hohen 4,9 Prozent auf jetzt nur noch 2,7 Prozent. Am Tag der Verkäufe lagen die Börsenkurse bei Siltronic zwischen 142 und 146 Euro. Manche Investoren rechnen inzwischen offenbar auch damit, dass die 145-Euro-Offerte noch scheitert, denn der Börsenpreis ist auf 140 Euro gesunken. Die zunächst durch das Übernahmeangebot angelockten Hedgefonds, die häufig auf höhere Angebote wetten, haben ihre Aktien entweder zu 145 Euro angedient oder verkauft. 

Banken schicken den Aktionären üblicherweise Informationen zu dem erhöhten Angebot. Etwa zehn bis zwölf Prozent der Siltronic-Aktionäre sind Privatanleger. Sie sollten ihre Aktien nicht über die Börse verkaufen – denn dann bekommen sie den niedrigen aktuellen Kurs. Sie müssen sich an ihre Bank wenden und ihr mitteilen, dass sie auf das Global Wafer-Angebot eingehen möchten oder sie halten die Aktien weiterhin mit der Aussicht auf langfristig höhere Kurse.

Deal bleibt wackelig

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Großaktionäre wie Allianz Global Investors, Vanguard oder DWS reichen Aktien meist erst kurz  vor dem dem Ablauf der Annahmeschwelle am 10. Februar ein. Und selbst wenn sie bis dahin nichts unternommen haben, gibt es noch zwei Wochen Zeit. Zaunkönige, dazu gehören etwa ETFs, die zuvor üblicherweise nicht andienen dürfen, könnten auch noch in den Wochen nach dem offiziellen Annahmetermin ihre Aktien zum hohen Preis andienen. Doch darauf sollten sich Privatanleger nicht verlassen und vorher tätig werden. Die Spekulation, jetzt bei 140 Euro an der Börse einzusteigen und auf 145 Euro zu wetten ist für Risikobereite möglich - aber hochriskant. Rückschläge in der Corona-Pandemie und bei Impfungen werden auch den Chipbereich belasten. Eins hängt vom anderen ab - unentbehrlich und an der Börse hochvolatil sind beide Bereiche.

Mehr zum Thema: Autobauer bekommen derzeit nicht so viele Halbleiter, wie sie bräuchten. Das legt mancherorts die Produktion lahm und setzt Hersteller und Zulieferer weiter unter Druck.

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