




Das Verhältnis der Deutschen zum Geld ist Gegenstand zahlloser Umfragen, Studien und Analysen. Grundtenor: Die Deutschen lieben ihr Sparbuch, ihre Lebensversicherung und festverzinsliche Geldanlagen mit null Verlustrisiko. Wenn es um Wertpapiere geht, ist die Zurückhaltung deutlich größer: Fonds gehen noch, Aktien sind den meisten Sparern schon zu riskant, Optionsscheine und andere Derivate hingegen nur etwas für Freaks und sowieso Teufelszeug. Steuern hingegen gilt es zu vermeiden wo immer es geht, auf kriminelle Steuerhinterzieher wie den frisch verurteilten Uli Hoeneß sehen viele zwar mit Schadenfreude, aber auch mit Milde und Verständnis. Und wenn es um die Währung geht, fürchtet der Deutsche nichts mehr als eine anziehende Inflation und schimpft auf die vielen Rettungsmilliarden, die auf ihre Kosten zum Erhalt des Euro ausgegeben wurden und werden. Dann doch lieber eine Immobilie oder Gold kaufen - da weiß man, was man hat, auch wenn die Inflation herangaloppiert.
So oder ähnlich klingen viele Umfrageergebnisse zum Thema Sparen und Geldanlage in Deutschland. Wenig überraschend ist dabei, dass sich zwischen zwei Untersuchungen zum Thema an der Einstellung wenig ändert. Warum auch? Sparsamkeit ist eine Tugend, soll der Dax doch ruhig Kapriolen schlagen.
Gerade erst hat die Zeitung "Die Welt" über eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Bank of Scotland berichtet, die die fast schon stoische Gelassenheit der Deutschen in Bezug auf ihr Geld eindrucksvoll zu bestätigen scheint: Mehr als die Hälfte der Deutschen rechnet noch immer die Euro-Preise in D-Mark um, zumindest bei größeren Anschaffungen. Wer es genauer wissen will: Frauen rechnen deutlich öfter in D-Mark um als Männer, Hausfrauen mehr als doppelt so oft wie Beamte, Alte doppelt so oft wie Junge, Hauptschüler doppelt so oft wie Abiturienten. In Brandenburg wünschen sich doppelt so viele Bürger (39 Prozent) die D-Mark zurück wie in Bayern, mehr als ein Viertel aller 1650 Befragten wünscht sich eine erneute Währungsreform. Nicht einmal die Hälfte glaubt, dass Deutschland von der Einführung des Euro profitiert hat.
Wenn es um Geld geht, ist der Sparer in seinem Denken eher unflexibel, oft altmodisch und geschichtsbewusst. Die Hyperinflation vor Einführung der D-Mark im Jahr 1949 hat sich in das kollektive Bewusstsein gebrannt, der Euro ist auch zwölf Jahre nach seiner Einführung noch immer umstritten – und ruft mit der Alternative für Deutschland (AfD) sogar eine neue Bundespartei auf den Plan, die aus dem Stand beachtliche Erfolge feiert, indem sie Euro-Skeptiker gezielt anspricht.
Dass die Deutschen ihre Ersparnisse immer noch lieber auf Sparbuch, Tagesgeld- oder Girokonto liegen lassen, belegt erneut der Spar- und Konsumindex der Comdirect, der Direktbank-Tochter der Commerzbank. Zumindest gibt es aber einen schwachen Trend: weniger Geld auf irgendwelchen Sparkonten, dafür mehr Konsum. 78 Prozent der Befragten gaben im Februar an, Sparbücher, Tagesgeldkonten und Co. für die Anlage ihrer Ersparnisse zu nutzen, drei Prozent weniger als im Januar. 58 Prozent bekannten, ihr Guthaben einfach auf dem Girokonto zu belassen, 27 Prozent bewahrten ihre Ersparnisse gar in bar auf. Der Sparanteil der Privathaushalte ging dabei um 0,2 Prozent auf 6,4 Prozent zurück. „Viele Deutsche sind offenbar der Meinung, dass sich gegenwärtig Sparen nicht lohnt. Sie geben ihr Geld lieber aus“, konstatiert Sabine Münster, Leiterin Banking bei der Comdirect. Dennoch gaben nur 17 Prozent der Befragten an, gar nicht zu sparen.
Dass sich die Deutschen nur sehr langsam von tradierten Sparformen wie Sparbuch und Lebensversicherung lösen und – wie in anderen Ländern durchaus üblich – für eine höhere Rendite nur ungern höhere Verlustrisiken eingehen, ist nachvollziehbar. In Zeiten solider Zinsen von mehr als drei oder sogar vier Prozent haben sie gute Erfahrungen mit diesen Produkten gemacht, die Rückzahlungsgarantie und Einlagensicherung gaben den Sparern ein gutes Gefühl. Das Empfinden großer Sicherheit für die Ersparnisse hält offenbar an. Dass sie dabei praktisch keine Rendite oder sogar Kaufkraftverluste erleiden, werden sie erst realisieren, wenn Sie ihre Ersparnisse auflösen – irgendwann in mitunter ferner Zukunft, wenn überhaupt. Da die Deutschen bereits auf rund fünf Billionen Euro Geldvermögen sitzen, ist der Handlungsdruck offenbar gering. Bis es soweit ist, hat sich womöglich die Verzinsung deutlicher bewegt, als die Einstellung deutscher Sparer.