Man kann es drehen und wenden, wie man will - einen Kauf von Bundesanleihen sollten Anleger sich im aktuellen Umfeld wohl besser zweimal überlegen. Investoren, die heimische Staatspapiere bis Fälligkeit halten möchten, müssen sich mit äußerst mageren Renditen begnügen. So rentieren Bundesanleihen mit einer Laufzeit von fünf Jahren aktuell mit gut 0,4 Prozent per annum. Unterm Strich - also nach Abzug der Inflation - vernichten Anleger mit diesen Bonds somit ihr Vermögen. Dass auf Kursgewinne spekulierende Investoren auf ihre Kosten kommen werden, ist aufgrund des ohnehin schon niedrigen Renditeniveaus ebenfalls eher unwahrscheinlich. Als Pro-Argument kann höchstens noch das Thema Liquidität herangezogen werden.
Auch das Potenzial von Staatsanleihen aus der Peripherie der Eurozone und von Corporate Bonds könnte mittlerweile sehr begrenzt sein. Schließlich ist im Zuge der schon seit Jahren anhaltenden Niedrigzinsphase die Nachfrage nach höher rentierlichen Anleihen kräftig angestiegen - und damit einhergehend die Rendite sukzessive geschrumpft. Die Aussage von EZB-Präsident Mario Draghi im Sommer 2012, wonach die EZB bereit sei "alles Notwendige zu tun, um den Euro zu erhalten", verlieh den Kursen der Randstaaten-Staatsanleihen in den letzten Monaten einen zusätzlichen kräftigen Schub.
Hohe Wachstumsraten...
Auch Anleihen der aufstrebenden Schwellenstaaten konnten in den vergangenen Monaten ordentlich Boden gut machen und von der Suche nach höher rentierlichen Assetklassen profitieren. Dennoch weisen Schwellenländeranleihen immer noch ein vergleichbar attraktives Risiko-Rendite-Profil auf.
Für ein Engagement sprechen auf der einen Seite Diversifikationsvorteile und auf der anderen Seite Wachstumsraten, von denen die westlichen Industrienationen nur träumen können. So werden etwa die entwickelten Staaten Asiens im laufenden Jahr wohl um über sieben Prozent wachsen. Mut macht zudem, dass viele der prosperierenden Schwellenländer ihre in der Vergangenheit teils ausufernden Inflationsraten in den Griff bekommen haben. So stiegen beispielsweise die Preise in Indonesien zwischen 1995 und 2004 im Schnitt jährlich um mehr als 13 Prozent. In 2012 betrug die Teuerungsrate hingegen nur noch 4,3 Prozent - ein Niveau, das auch in den kommenden Jahren gehalten werden sollte.
Solide Staatshaushalte
Ein sicheres Gefühl verleiht auch die vielerorts rückläufige Staatsverschuldung. So stehen die Schwellenländer im Schnitt mittlerweile nur noch mit rund 40 Prozent der Wirtschaftsleistung in der Kreide. Die Verschuldung der westlichen Industrienationen ist bereits aufgrund der Banken-, Finanz- und Staatsschuldenkrisen in den vergangenen Jahren angestiegen – und wird weiter steigen, voraussichtlich auf durchschnittlich rund 115 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in 2016 (G20-Länder). Die damit einhergehenden höheren Zinsaufwendungen werden das künftige Wachstum der westlichen Volkswirtschaften bremsen und die ohnehin bereits zu beobachtende Verschiebung hin zu den Schwellenländern zusätzlich beflügeln.
Zwar bedarf es des Blicks in die Kristallkugel, um die künftige Entwicklung zu prognostizieren. Doch die Chancen, dass viele Schwellenländer auch in den kommenden Jahren vergleichsweise kräftig wachsen werden, stehen nicht schlecht. So profitieren etwa Brasilien, Russland und zahlreiche Staaten Afrikas und Asiens von den hohen Rohstoffvorkommen. Die günstige Bevölkerungsstruktur sowie die steigende Produktivität der Unternehmen könnten das Wachstum zusätzlich stützen. Und: Sollte die Wirtschaft wider Erwarten schwächeln, hätten die Staaten aufgrund der gestiegenen Devisenreserven und der gesunkenen Verbindlichkeiten genügend Spielraum, um gegenzusteuern.
Immer mehr Investment-Grade-Ratings
Stabile Wachstumsaussichten und sinkende Verbindlichkeiten - ein Mix, der auch an großen Ratingagenturen nicht spurlos vorüberzieht. So wurde in den vergangenen Monaten die Kreditwürdigkeit der Philippinen und der Türkei von gleich zwei der drei großen Bonitätsprüfer in den Investment-Grade-Bereich hochgestuft. Mittlerweile erhält weit über die Hälfte aller Neuemissionen aus den Emerging Markets ein Investment-Grade-Rating. Daher werden auch immer mehr Schwellenländeranleihen in die großen Benchmark-Indizes aufgenommen - steigende Nachfrage inklusive.
Dass in den vergangenen Monaten und Jahren zahlreiche Schwellenländerwährungen zum Euro aufwertet haben und angesichts der attraktiven Aussichten immer noch Luft nach oben haben, ist die logische Konsequenz. Mit Lokalwährungsanleihen ist also somit eine noch höhere Rendite möglich als mit in Euro denominierten Bonds.
Risiken reduzieren
Doch Vorsicht: Wo hohe Renditen locken, sind auch die Risiken nicht fern - das gilt auch für Schwellenländeranleihen. So lässt etwa nicht nur die politische Stabilität in einigen Emerging Markets weiterhin zu wünschen übrig. Anhaltende Streiks von Minenarbeitern in Südafrika oder der aktuelle "türkische Frühling" in den Großstädten sind ein gutes Beispiel dafür. Unter Druck geraten die Kurse auch sobald die Nervosität an den internationalen Kapitalmärkten ansteigt. Grund: Dann schichten Investoren nach wie vor im großen Stil ihre Schwellenländer-Investments in vermeintlich sichere Anleihen der westlichen Industriestaaten um. Dieses haben die letzten Wochen rund um das Thema "Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik in den USA" bewiesen (liquiditätsgetriebener Abverkauf).
Auch Investments in Emerging Market Anleihen sind keine Einbahnstraße für Investoren. Insbesondere sind Südafrika, Türkei oder Brasilien (schwächeres Wachstum, höhere Inflation) unter Druck geraten. Dass Anleger die Entwicklungen der Emerging Markets genauestens verfolgen und analysieren, ist daher unumgänglich. Allerdings können das die meisten Privatanleger aus Zeitgründen und aufgrund des fehlenden Know-hows nicht leisten.
Das Allokationsmodell meiner Kollegen aus dem Konzernbereich Taktische Asset Allokation, das unter anderem auf Momentum- und Makroindikatoren basiert, sieht seit einigen Wochen (rechtzeitig) ein Verkaufssignal für Emerging Market Anleihen. Aus strategischen Gesichtspunkten bieten sich nach dem liquiditätsgetriebenen Abverkauf einige interessante Investitionsmöglichkeiten.
Derzeit eignen sich dafür die Länder Mexiko, Indien (positiver fundamentaler Ausblick), Südafrika (fundamentale Erholung) und Russland (Ölexporteur, Überschüsse). Im Rahmen unserer ETF-Vermögensverwaltung, für den Privatkunden mit ausgewogenem Risikoprofil, sind aktuell die globalen Schwellenländeranleihen mit 4 Prozent gewichtet.