Staatsverschuldung „Auch in den 70er Jahren kam die Inflation ohne Vorwarnung“

Eine hohe und steigende US-Staatsverschuldung wird letzten Endes private Investitionen verdrängen und damit das Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen bremsen. Quelle: AP

Vor seinem Tod am 6. Februar hat George P. Shultz, ehemaliger US-Finanzminister und Außenminister, einen letzten Kommentar verfasst, in dem er vor den Gefahren warnte, die durch den enormen Anstieg der US-Regierungsausgaben in den letzten Jahren, auch während der Covid-19-Krise, entstanden sind. Ende der 1960er-Jahre gaben die Indikatoren in den USA keinen Hinweis auf den anschließenden rasanten Anstieg der Inflation und der Zinssätze. Das könnte erneut passieren.

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Viele in Washington scheinen inzwischen zu glauben, dass die US-Bundesregierung unbegrenzt viel Geld ausgeben kann, ohne dass dies schädliche wirtschaftliche Folgen hat. Sie irren sich. Exzessive Staatsausgaben schaffen schwerwiegende wirtschaftliche und nationale Sicherheitsrisiken. Amerikas leichtfertige Ausgabenpolitik muss aufhören.

Die Coronakrise hat den jüngsten Anstoß für Staatsausgaben gegeben, sogar bis zu dem Punkt, die amerikanische Denkweise in Richtung Sozialismus zu lenken – eine Doktrin, die dem Wohlergehen der Menschen schon immer geschadet hat. Manche behaupten allerdings, es gäbe keinen Grund, sich Sorgen über übermäßige Ausgaben zu machen. Schließlich, so argumentieren sie, zeigen die Zinssätze auf Rekordtief offenbar keine Anzeichen für einen Anstieg. Die Wirtschaft lief bis zum Ausbruch der Pandemie gut und wird sich nach deren Ende zweifellos kräftig erholen. Und liegt auch nur ein Hauch von Inflation in der Luft?

Dieses Denken ist gefährlich kurzsichtig. Die grundlegenden Gesetze der Ökonomie sind nicht außer Kraft gesetzt worden. Verschwenderische Staatsausgaben haben ausnahmslos schädliche Folgen. Eine hohe und steigende US-Staatsverschuldung wird letzten Endes private Investitionen verdrängen und damit das Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen bremsen. Die fortgesetzte Gewährung des Deficit Spending durch die US-Notenbank Federal Reserve wird unweigerlich zu einer steigenden Inflation führen. Die Finanzmärkte werden anfälliger für Turbulenzen werden, was die Wahrscheinlichkeit eines weiteren großen Wirtschaftsabschwungs erhöht.

George P. Shultz (im Bild), ehemaliger US-Außenminister (1982-89), Finanzminister (1972-74) und Arbeitsminister (1969-70), war ein Fellow an der Hoover Institution. Er starb am 6. Februar 2021 im Alter von 100 Jahren. John F. Cogan ist Senior Fellow an der Hoover Institution und Fakultätsmitglied im Public Policy Program der Stanford University. John B. Taylor, ehemaliger Unterstaatssekretär des US-Finanzministeriums (2001-05), ist Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Stanford University und Senior Fellow an der Hoover Institution. Er ist Autor von Global Financial Warriors und Co-Autor (mit George P. Shultz) von Choose Economic Freedom. Quelle: REUTERS

Die derzeitige relative Ruhe an den Finanzmärkten und die niedrige Verbraucherpreisinflation sind kein Grund, sich zurückzulehnen. Frühere Perioden mit starkem Inflationsanstieg, schnell steigenden Zinsen und Finanzkrisen folgten auf Perioden mit übermäßiger Verschuldung wie ein plötzlicher Wind, ohne Vorwarnung.

Das Buch Choose Economic Freedom von Shultz und Taylor zeigt, dass die Wirtschaftsindikatoren in den USA Ende der 1960er-Jahre keinen Hinweis auf den anschließenden rasanten Anstieg der Inflation und der Zinssätze in den frühen 1970er-Jahren gaben. Ebenso lieferten die Finanzmärkte in den Jahren unmittelbar vor der Großen Rezession von 2007-09 kaum Hinweise auf das darauffolgende Unheil.

Was also sollten die heutigen politischen Entscheidungsträger in den USA tun? Höhere Steuersätze sind nicht die Antwort. Schon vor dem Ausbruch der Pandemie hätte jeder Steuersatz auf Bundesebene um ein Drittel erhöht werden müssen, um das aktuelle Niveau der Bundesausgaben zu finanzieren, ohne die Staatsverschuldung zu erhöhen.

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