Stelter strategisch

30 Prozent Minus mit US-Aktien?

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Beeindruckender Zuwachs von 12,9 Prozent pro Jahr

Über einen kürzeren Zeitraum haben Stimmungen an den Börsen und die Steigerung der Profitabilität einen deutlich größeren Einfluss, wie das Beispiel der vergangenen sieben Jahre zeigt. Seit 2010 haben die US-Börsen, gemessen am S&P 500 einen beeindruckenden Zuwachs von 12,9 Prozent pro Jahr erzielt, der sich so erklären lässt:

- Ausschüttungen (Dividenden, Aktienrückkäufe): 2,8 Prozent p.a.

- Wachstum der Unternehmen: 3,1 Prozent p.a.

- Steigerung der Profitabilität (Umsatzmarge): 3,2 Prozent p.a.

- Höhere Bewertung an der Börse (Multiple): 3,8 Prozent p.a.

Während Ausschüttungen und Wachstum ähnlich wie auf lange Sicht zur Aktienrendite beigetragen haben, liegt die Wirkung von Profitabilitätssteigerungen und der Erhöhung des Multiples deutlich höher. Unternehmen haben also vor allem über Kostensenkungen und financial engineering also den Ersatz von teurem Fremdkapital durch billige Kredite – die Marge gesteigert und die Anleger waren angesichts der tiefen Zinsen bereit, immer mehr für Aktien zu bezahlen.

Rendite von Aktien ist prognostizierbar

Der Charme dieser Analyse ist, dass man nicht nur die vergangene Entwicklung erklären, sondern auch künftige Entwicklungen modellieren kann. Damit wird transparent, was man glauben muss, um einen bestimmten Ertrag zu erwarten. Nimmt man zum Beispiel an, dass sich die US-Aktien in den kommenden Jahren ähnlich gut entwickeln wie seit 2009, so muss man nicht nur von weiterem Wachstum, sondern auch von weiter gesteigerter Profitabilität und vor allem immer höheren Bewertungen ausgehen. Mehr als unwahrscheinlich.

Während es durchaus realistisch ist, auf lange Sicht von ähnlich guten Beiträgen aus Ausschüttungen und Wachstum auszugehen, ist es bei Profitabilität und Bewertung sehr unwahrscheinlich:

- Spiegelbildlich zur höheren Profitabilität der Unternehmen sinkt die Lohnquote in der Volkswirtschaft. In den letzten Jahrzehnten ist dies ein in der gesamten westlichen Welt zu beobachtender Trend, der sich jedoch seinem Ende nähern dürfte. Neben der zunehmenden Kritik an ungleicher Vermögens- und Einkommensverteilung dürfte der Rückgang der Erwerbsbevölkerung, die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer stärken.

- Bereits heute sind US-Aktien so teuer wie (fast) nie in der Geschichte. Es mag sein, dass sich die Entwicklung noch ein paar Monate fortsetzt. Historisch war es jedoch immer so, dass sich die Bewertung wieder dem langfristigen Durchschnitt anpasst.

Natürlich kann niemand vorhersagen, über welchen Zeitpunkt diese Anpassung erfolgt. Es gibt auch Stimmen, die mit Blick auf die zunehmende Konzentration der Unternehmen davon ausgehen, dass sowohl Margen wie auch Bewertung strukturell auf einem höheren Niveau verharren. Ob auf einem Niveau von heute, wäre dennoch sehr unwahrscheinlich.

GMO hat die zu erwartende Rendite mit US-Aktien für die kommenden sieben Jahre unter der Annahme modelliert, dass sich an den langfristigen Faktoren (Ausschüttungen, Wachstum) wenig ändert – das Wachstum dürfte wegen der demografischen Entwicklung tiefer ausfallen als in der Vergangenheit -  und Marge und Bewertung zum langfristigen Durchschnitt konvergieren. Ergebnis: minus 3,9 Prozent jährlicher Ertrag in den kommenden Jahren.

Auf in die Schwellenländer

Dabei handelt es sich nicht um eine Prognose, sondern um eine Annahme, die eintreten kann oder auch nicht. Die Wahrscheinlichkeit von Verlusten ist jedoch deutlich größer, als von weiteren Gewinnen. Aus strategischer Sicht ein eindeutig schlechtes Risiko-Return Verhältnis.

Viel besser sieht es hingehen in den Schwellenländern aus. Für diese zeigt das Modell eine deutlich höhere Ertragserwartung für die kommenden Jahre. Auch das ist natürlich keine Garantie, sondern eine Abschätzung von Risiko und Ertrag. Wie sehr die Politik des billigen Geldes weltweit die Bewertung von Assets verzerrt hat, sieht man daran, dass GMO nur noch in den Schwellenländern einen positiven Ertrag für möglich hält.

Das Ergebnis ist konsistent mit der bereits im Frühjahr an dieser Stelle diskutierten Studie des Vermögensverwalters CEAMS aus der Schweiz. Auch dieser hat basierend auf einer fundamentalen Analyse vorgerechnet, dass Schwellenländer, Japan und bedingt Europa deutlich bessere Perspektiven bieten. Fügt man hinzu, dass die Anleger weltweit noch untergewichtet in Schwellenländern und Japan sind, ist die Schlussfolgerung eindeutig: runter mit dem Anteil an US-Werten und mehr Anteil im Rest der Welt.

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