Stelter strategisch

Das Ende von Papier- und Schuldgeld?

Daniel Stelter Quelle: Presse
Daniel Stelter Unternehmensberater, Gründer Beyond the Obvious, Kolumnist Zur Kolumnen-Übersicht: Stelter strategisch

Der Aufstieg von Bitcoins ist auch die Folge eines Vertrauensverlustes in unser Geldsystem. Dieser ist sicherlich berechtigt. 2018 könnte schon die nächste Euro-Krise vor der Tür stehen.

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Die Kryptowährung Bitcoin Quelle: REUTERS

Vorige Woche habe ich mich an dieser Stelle kritisch mit der Wertentwicklung von Bitcoins befasst. Dass die Gebrüder Winklevoss, bekannt durch ihren Rechtsstreit mit Mark Zuckerberg über die Gründung von Facebook und von Hollywood im Film The Social Network nicht gerade als intellektuelle Leuchten portraitiert, mit Bitcoins Milliardäre geworden sind, ändert an dieser Einschätzung nichts. Sie haben elf Millionen US-Dollar aus der Abfindungszahlung von Zuckerberg vor etwas mehr als vier Jahren in Bitcoins angelegt. Heute, nach einer Preissteigerung um sagenhafte 10.000 Prozent, ein Betrag von über einer Milliarde. Nicht schlecht.

Abnehmendes Vertrauen in Geldordnung

Ein maßgebliches Argument der Anhänger von Kryptowährungen ist, dass es sich hierbei um Geld handelt, welches nicht auf Kreditbeziehungen basiert und nicht von Staaten und Notenbanken manipuliert werden kann. In der Tat wirken Kryptowährungen eher deflationär als inflationär und es würde weder zu Inflation, übermäßig steigenden Vermögenswerten noch zu Spekulationsblasen kommen. Nur in unserem schuldbasierten Geldsystem ist es denkbar, dass sich über Jahre die Vermögenswerte nachhaltig schneller bewegen als die realwirtschaftliche Aktivität. Reich werden mit Leverage ist dann nicht so leicht möglich, wie in den vergangenen 46 Jahren, seitdem wir die letzte Bindung zu Gold als beschränkenden Faktor aufgegeben haben.

"Bleiben Sie weg. Das ist tödlich."
Axel Weber, Präsident der Schweizer Bank UBSDer ehemalige Präsident der Bundesbank ist Bitcoin gegenüber sehr skeptisch. „Das kommt wahrscheinlich von meinem Hintergrund als Notenbanker“, sagte er. Eine Währung müsse allgemein akzeptiert sein, als Wertaufbewahrung dienen und als Zahlungsmittel sowie für Transaktionen verwendet werden können. „Bitcoin ist nur eine Transaktionswährung“, sagte Weber. Ihren Kunden rate die UBS bewusst von Bitcoins ab. Sie hätten keinen intrinsischen Wert und die Bank sehe keine darin keine Substanz. Quelle: REUTERS
Jamie Dimon Quelle: dapd
Warren Buffett:Der US-Starinvestor hat vor Bitcoin und anderen Digitalwährungen gewarnt. „Ich kann mit annähernder Sicherheit sagen, dass sie ein böses Ende nehmen werden“, sagte der 87-jährige Börsen-Guru am Mittwoch im Sender CNBC. Wann es soweit sein werde, könne er allerdings nicht sagen. Buffett spekuliert mit seiner Investmentfirma Berkshire Hathaway nach eigenen Angaben bislang noch nicht aktiv auf einen Crash. Die Frage, ob er mit sogenannten Futures gegen Kryptowährungen wette, verneinte Buffett. Er würde aber mit langfristigen Optionsgeschäften - etwa über einen Zeitraum von fünf Jahren - auf Kursverfall setzen, wenn dies möglich wäre. Buffett räumte jedoch auch offen ein, sich mit Bitcoin und Co. nicht sonderlich gut auszukennen. „Doch ich denke, was derzeit abläuft, wird definitiv böse enden“, so die Investorenlegende. Quelle: AP
Lars Rohde, Notenbankchef von Dänemark„Bleiben Sie weg. Das ist tödlich“, so Dänemarks Nationalbankgouverneur Lars Rohde. „Ich sehe Bitcoin als Tulpenmanie, was eine außer Kontrolle geratene Blase ist“, sagte er im Dezember 2017 in einem Interview. Die Tulpenmanie in den Niederlanden gilt als erste dokumentierte Spekulationsblase der Welt. In den 1630er Jahren waren dort die Tulpenpreise auf astronomische Höhen gestiegen, bevor sie 1637 abrupt einbrachen.
Felix Hufeld, Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) Quelle: dpa
Deutsche Bundesbank Jens Weidmann Quelle: REUTERS
Valdis Dombrovskis:Die EU-Kommission warnt vor Risiken der Cyberwährung Bitcoin für Investoren und Verbraucher. Es bestehe die Gefahr, dass diese ihr gesamtes Vermögen verlören, sagte der Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis. Die Investoren sollten realisieren, dass der Bitcoin-Kurs jeden Moment fallen könnte. "Virtuelle Währungen wie Bitcoin sind nicht wirklich Währungen." Dombrovskis sagte, er habe die Bankaufseher der EU aufgefordert, ihre Warnungen zu Bitcoin auf aktuellen Stand zu bringen. Quelle: REUTERS

Spiegelbildlich zu diesem Aufschwung der Vermögenswerte ist auch die weltweite Verschuldung auf nie geahnte Werte gestiegen. Kritiker wie die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich weisen immer lautstärker darauf hin, dass wir uns in einer Spirale abnehmender Zinsen und steigender Geldmengen befinden, nur mit dem Ziel einen Zusammenbruch unseres Schuldenturmes und damit auch der Vermögensblasen zu verhindern. Auf Dauer kann dies nicht gut gehen. Und das wissen wir alle.

Kein Schuldgeld ist sicher

Insofern ist es nur konsequent, aus dem bestehenden System zu flüchten. Krachen die Schuldner, verlieren die Gläubiger und damit letztlich all jene, die ihre Ersparnis in Kreditgeld aufbewahren. Konten bleiben keine sichere Aufbewahrungsstelle. Zu groß die Gefahr bei der nächsten Runde der „Bankenrettung“ an den Kosten beteiligt zu werden, zu groß die Gefahr, dass es doch noch gelingt, dass Vertrauen in die Geldordnung so zu zerrütten, dass eine Hyperinflation die Folge ist.

Ob Bitcoin und Co. dafür die richtige Antwort sind, bezweifle ich sehr. Sie basieren zwar auf einer guten Logik und einer interessanten Technologie, dennoch ist die Bewertung nicht konsistent zur Bewertung anderer Wertaufbewahrungsmittel, wie beispielsweise dem Gold. Ganz nach dem Motto: wenn wir schon dem bestehenden Geldsystem kritisch gegenüberstehen, dann bitte konsequent. Statt also der Blase in den Kryptowährungen hinterherzulaufen, sollten die Skeptiker den Bestand an Gold und Silber in physischer Form aufstocken.

Dabei gilt die Skepsis all jenen Schuldgeldsystemen, in denen die Verschuldung relativ zum Bruttoinlandsprodukt zu hoch ist. In diesen Regionen besteht die größte Notwendigkeit und damit Gefahr, über eine Entwertung des Geldes die Schuldenlast zu drücken.

Der Markt für Kryptowährungen boomt, ein Bitcoin kostet mehr als 10.000 Dollar. Experten warnen vor einer gefährlichen Spekulationsblase. Doch manche Ökonomen widersprechen - und sehen darin das Geld der Zukunft.
von Malte Fischer

Ist der Euro gar nicht so schlecht?

Was dann zu der Frage führt, wie denn eine Rangordnung der Schuldgeldwährungen aussehen würde. Ist der Euro – wie von mir an dieser Stelle immer wieder betont - wirklich so schlecht oder sind nicht US-Dollar, Pfund, Rubel und Renminbi mindestens genauso schlecht? Selbst der Schweizer Franken wird von einer Notenbank repräsentiert, die wie keine andere in der Welt die eigene Bilanz relativ zum Bruttoinlandsprodukt aufgebläht hat, um eine weitere Aufwertung des Frankens zu verhindern.

Die erste Aussage dazu ist leicht: alle diese Schuldgeldsysteme sitzen im gleichen Boot. Zunächst versuchen die Notenbanken über eine relative Abwertung einen (kurzfristigen) Vorteil zu erzielen. Auf Dauer unterscheiden sie sich nur in der Geschwindigkeit der Entwertung und dem Verlauf der Krise. Hier nun kommt meine Skepsis bezüglich des Euro zum Tragen.

Der Euro hat gegenüber den anderen Währungen verschiedene Nachteile:

  • Er dient nicht einem einzigen Land, sondern mehreren Ländern mit divergierenden Interessen (Gläubiger/Schuldner). Dies macht eine Reform so schwer.
  • Die EZB handelt zwar für den Euro, verbindet damit aber zwangsläufig eine Umverteilung zwischen Ländern, was die Reaktionsfähigkeit auf Krisen einschränkt.
  • Der Euro wird am Ende politisch scheitern, weil eines oder mehrere Länder die mit dem Euro verbundenen echten oder empfundenen Nachteile nicht mehr akzeptieren wird.

Der Euroraum ist deshalb mit Blick auf die sich abzeichnende nächste Phase der Schuldgeldsysteme besonders schlecht aufgestellt. Es kann dabei sogar sein, dass er temporär weiter und deutlich gegenüber den anderen Währungen aufwertet, was aber kein Zeichen besonderer Euro-Qualität wäre, sondern nur ein Symptom rascherer Entwertung in anderen Regionen, zulasten der Wirtschaft hier. Im Wettlauf nach unten ist der Euro – man mag es kaum glauben – verglichen mit anderen im Nachteil.

Wenn die Politik Börsen crashen lässt
Geopolitische Ereignisse lassen die Wall Street nicht kalt. Quelle: dpa
Politische Krisen lassen sich auch am Verhalten des Börsenmarktes ablesen. Quelle: dpa
Als der Ukraine-Konflikt 2014 begann, büßte der amerikanische Aktienmarkt in sechs Verkaufstagen nur 2,0 Prozent ein. Quelle: dpa
1979 marschierte die sowjetische 40. Armee in Afghanistan ein Quelle: dpa
Um 3,9 Prozent gingen die Kurse and er US-Börse 1961 mit dem Bau der Berliner Mauer in 25 Verkaufstagen zurück. Quelle: dpa
1991 vertreiben amerikanische Streitmächte den Irak aus Kuwait Quelle: dpa
Um 5,3 Prozent in sieben Verkaufstagen gingen die Kurse 2003 beim zweiten Irakkrieg zurück. Quelle: dpa

Nächste Eurokrise schon 2018

Schon im kommenden Jahr kann der Euro wieder unter Druck geraten. Die derzeitigen Umfragen versprechen für Italien eine Mehrheit für EU- und Euro-skeptische Parteien. Nun wissen wir, dass die Umfragen nicht unbedingt eintreten müssen und auch, dass Parteien und Politiker nach Wahlen nicht immer das tun, was sie zuvor versprochen haben. Wir wissen auch, dass Italien wohl eher uns Deutsche (erfolgreich) erpressen wird, als den Euro zu verlassen. Dennoch ist es ein weiteres Warnsignal, dass der Euro eben nicht auf Dauer überleben kann. Die „Rettung“ wird immer teurer.

Taktisch müssen wir uns als Geldanleger auf die nächste Phase der Eurokrise einstellen. Strategisch auf die nächste Phase der Krise unseres Schuldgeldsystems. Die Erfahrung spricht dafür, dass auf diese mit noch mehr und noch billigerem Geld reagiert werden wird. Spätestens dann ist ein Umstieg in werthaltige Sachwerte angezeigt. Aktien, Immobilien und Gold gehören dazu. Bitcoins wohl eher nicht.

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