Stelter strategisch
Die EZB häuft Anleihen verschuldeter Staaten an, um den Euro zu retten. Quelle: dpa

Die endlose Euro-„Rettung“ wird teuer

Daniel Stelter Quelle: Presse
Daniel Stelter Unternehmensberater, Gründer Beyond the Obvious, Kolumnist Zur Kolumnen-Übersicht: Stelter strategisch

So oder so führt an der Monetarisierung der Schulden in der Euro-Zone kein Weg vorbei. Stellen wir uns darauf ein, dass es teuer wird - und nicht gut für unser Geld wird.

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Jens Weidmann will also EZB-Präsident werden. Das Handelsblatt stellte dazu richtig fest: „Es spricht einiges für den 50-Jährigen: Er hat als Ökonom und Geldpolitiker einen hervorragenden Ruf, ist als ehemaliger Wirtschaftsberater von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) politisch gut vernetzt. Und: Als einziges großes Euroland stellte Deutschland noch nie den EZB-Präsidenten.“

Dennoch wage ich heute schon die Prognose: Weidmann wird es nicht werden. Nicht, weil ihm die Kompetenz fehlen würde und auch nicht, weil er Deutscher ist. Der Grund ist ein anderer: er darf es nicht werden, weil seine geldpolitischen Überzeugungen mit dem kurz- und mittelfristigen Weiterbestehen des Euro nicht vereinbar sind. Langfristig wird der Euro wegen seiner Konstruktionsmängel ohnehin nicht überleben.

Zeit kaufen kann ausschließlich die EZB und allein die EZB könnte ein halbwegs geordnetes Ende des Euro organisieren. Dazu müsste man allerdings alle ordnungspolitischen Grundsätze über Bord werfen und Maßnahmen ergreifen, im Vergleich zu denen die bisherigen Interventionen der EZB harmlos erscheinen. Undenkbar, dass dies mit Jens Weidmann möglich wäre. Selbst die Bundesregierung dürfte hinter den Kulissen seine Bewerbung hintertreiben, weil die Verantwortlichen genau das wissen und darauf hoffen, dass der große Knall eines Euro-Zerfalls von der EZB noch aufgeschoben werden kann. Koste es was es wolle.

Der Euro funktioniert nicht

Wir haben es mit zwei grundlegenden Problemen in der Euro-Zone zu tun: einer sehr hohen Verschuldung der Privatsektoren einiger Länder, hohen Staatsschulden in anderen und hohen Gesamtschulden in den meisten. Zum anderen hat der Boom in den heutigen Krisenländern und Frankreich dazu geführt, dass die Lohnstückkosten deutlich gestiegen sind, während sie in Deutschland stagnierten und erst in jüngster Zeit wieder zulegten. Damit hat sich die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands innerhalb der Euro-Zone deutlich verbessert, was es den anderen Ländern so schwer macht, aus eigener Kraft die Rezession zu überwinden und vor allem, die (untragbare) Schuldenlast abzubauen.

Notwendig wäre eine Verringerung der zu hohen staatlichen und privaten Schulden, eine Sanierung der Banken und eine deutliche Anpassung der Lohnkosten nach unten in den Krisenländern.

Nichts davon ist in den vergangenen Jahren erfolgt. Der IWF hat vorgerechnet, dass es statt einer Konvergenz eine zunehmende Divergenz der Wirtschaften gegeben hat. Im Klartext: der Euro funktioniert nicht.

Italien dürfte der Knackpunkt sein

Dennoch halten die Politiker krampfhaft am Euro fest. Gerade Deutschland wird bis zur Selbstaufgabe alles für den Euro tun. Zum einen, wegen unserer Geschichte, zum anderen, weil wir der Illusion unterliegen, der Euro würde unserer Wirtschaft nützen. Eine These die man angesichts der explodierenden Target-2-Forderungen durchaus hinterfragen muss. In Wahrheit ist der Euro ein Subventionsprogramm für unsere Exportindustrie, welches wir selber bezahlen.

Leider wurde die deutsche Politik für ihre Weigerung, die Probleme der Euro-Zone grundlegend anzugehen, kurzfristig sogar belohnt. Tiefe Zinsen und ein schwacher Euro befeuern die Konjunktur und machen es leicht, ein schwarze Null auszuweisen. Eine falsche Wirklichkeit, aus der wir schmerzhaft erwachen werden.

Anders sieht es in Italien aus. Das Land steckt seit der Einführung des Euro in einer Dauerkrise und wenngleich diese viele Ursachen hat, ist es politisch attraktiv, die Ursache am Euro und der deutschen Exportpolitik festzumachen. Der – vorerst? - verhinderten Regierung von Lega und Cinque Stelle können wir dahingehend dankbar sein, dass sie die Illusion der erfolgreichen Euro-Rettung beendet hat. Die Krise ist wieder da.

Vorbereitung tut not!

Zwar dürften die Italiener auf erfolgreiche Erpressung der anderen Euro-Staaten setzen und mehr Schulden und vermutlich auch Transfers herausschlagen. Zugleich hat die EZB bereits so viele italienische Staatsanleihen gekauft und die Zinsen so tief gedrückt, dass es noch Jahre dauern würde, bis sich höhere Zinsen auf Staatsanleihen im Budget bemerkbar machen. Italien hat also Zeit.

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