Stelter strategisch

US-Dollar: Totgesagte leben länger

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Die nächste Krise naht

Hinter der Stärke des Euro dürfte außerdem die Erwartung der Investoren stehen, dass die Zinsen auch in Europa früher und stärker steigen. Die EZB dürfte angesichts der offensichtlichen Verbesserungen und der zunehmenden politischen Konvergenz kein Argument haben, die aggressive Geldpolitik fortzusetzen. Damit fällt ein wesentlicher Grund für die tieferen Zinsen weg und das Zinsniveau dürfte sich real dem der USA annähern. Dies vorwegnehmend ist der Euro gestiegen, was aber umgekehrt auch bedeutet, dass es der größte Teil des Anstiegs relativ zum Dollar schon hinter uns liegt.

Dabei ist das mit der Stabilität des Euro so eine Sache. Nüchtern betrachtet hat nur die Geldschwemme der EZB verbunden mit dem Versprechen, niemanden Pleite gehen zu lassen, den Euro bis jetzt am Leben erhalten. Die Vorschläge, die derzeit zur weiteren Stabilisierung durch die Medien geistern, doktern eher an Neben- und Scheinthemen herum und sollen einer vermehrten Umverteilung den Weg bereiten, ohne die eigentlichen Probleme zu lösen.

Aus diesem Grunde dürfte ein Anstieg der Zinsen im Euroraum die alten Probleme wieder aufbrechen lassen. Zu hoch ist die Verschuldung und zu gering bleibt das Wachstum. Die Aufwertung des Euro ist für Länder wie Italien schon jetzt eine Last.

Die Märkte blicken ausgesprochen entspannt auf die Parlamentswahlen in Italien am 4. März. Vielleicht zu unrecht. Die führenden Oppositionsparteien sind Euro-kritisch und sehen gerade in Deutschland eine der Hauptursachen für den Niedergang. Forderungen nach einem Schuldenerlass durch die EZB könnten die Eurokrise über Nacht wieder akut werden lassen.

Prominente Spekulanten wie der größte Hedgefonds Bridgewater wetten mit Milliardenbeträgen gegen italienische Banken und Industrieunternehmen. Eine Wette, die so oder so aufgehen könnte. Im Falle eines Zinsanstiegs ist Italien schnell am Rande der Zahlungsunfähigkeit. Im Falle einer radikalen Anti-Euro-Politik droht ebenfalls der Kollaps an der Börse. Der Euro dürfte jedenfalls deutlich verlieren.

Der Dollar vor dem Comeback

Nur ein erneutes beherztes Eingreifen der EZB, im Sinne einer potenzierten Fortsetzung des „whatever it takes“, würde dann die Lage noch stabilisieren. Damit wäre allerdings der derzeitigen Euro-Stärke ebenfalls die Grundlage entzogen. Das Geldmengen- und Schuldenwachstum würde wieder über dem in anderen Regionen der Welt liegen und der Abwertungswettlauf ginge in die nächste Runde.

Gut möglich also, dass wir vor einer deutlichen Rallye im Dollar stehen, weil die nächste Schwäche im Euro bevorsteht. Aus Investorensicht bedeutet dies, nicht mehr auf den Zug der Dollarpessimisten aufzuspringen und lieber die temporäre Stärke des Euro dazu zu nutzen, in andere Währungen zu diversifizieren.

Der US-Dollar ist da sicherlich nicht die erste Wahl. Aber er gehört dazu.

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