Ein weiterer Aspekt ist die demografische Entwicklung. Früher war man überzeugt, dass alternde Gesellschaften eher sparen als konsumieren. Nach dem Motto: die älteren Leute haben weniger Lust auf Konsum und die größten Ausgaben im Leben eines Menschen fallen mit der Familiengründung zusammen. Empirisch gibt es an dieser These jedoch zunehmend Zweifel. Es ist nur zu natürlich, dass ältere Menschen von ihren Ersparnissen leben und diese über die Zeit abbauen. Ihre Sparquote ist also negativ. Schön lässt sich das in Japan beobachten, wo die gesamtwirtschaftliche Sparquote seit Jahren fällt. Recht parallel zum Rückgang der Erwerbsbevölkerung.
Die demografischen Daten haben das Sparen in der Welt seit 1980 sehr unterstützt. So errechnen die Analysten von Barclays, dass der Ersparnisüberhang der Babyboomer bis zu zwei Prozentpunkte des Zinsrückgangs der vergangenen drei Jahrzehnte erklärt. Dies wird sich aber nicht fortsetzen. Mit dem Eintritt ins Rentenalter beginnen die Babyboomer, ihre Ersparnisse abzubauen, während gleichzeitig die Anzahl an Erwerbstätigen zurückgeht. Mit jedem Prozentpunkt mehr Senioren im Rentenalter steigt der Zins nach dieser Analyse um 1,15 Prozentpunkte. Kapital würde Mangelware, da Ersparnisse konsumiert werden müssen. Strukturell bedeutet eine ältere Gesellschaft demnach höhere Zinsen. 4:2.
Was Investoren für die lukrativste Geldanlage halten
Das Meinungsforschungsinstitut Forsa befragt einmal jährlich im Auftrag von pro aurum die Deutschen nach ihren Anlagestrategien. Hier die Ergebnisse vom Juni 2015 - im Vergleich zu den Vorjahren. Zuerst wurden den Bürgern fünf Geldanlagen genannt, mit der Bitte, anzugeben, welche davon aus ihrer Sicht derzeit am besten als langfristige Geldanlage mit mindestens drei Jahren Laufzeit geeignet ist.
Gold platziert sich zum fünften Mal in Folge an erster Stelle, diesmal allerdings deutlicher vor Aktien, die seit 2011 Zuwächse erzielten, aber aktuell in der Anlegergunst gesunken sind: 30 Prozent der Bürger würden sich heute für Gold entscheiden, weil sie vermuten, dass diese Anlage nach mindestens drei Jahren Laufzeit im Vergleich zu den vier anderen Geldanlagen den meisten Gewinn bringt. Gold konnte somit um zwei Prozentpunkte zulegen.
Nur noch 23 Prozent halten Aktien für besonders lukrativ, wenn es um langfristige Geldanlagen geht. Im Vorjahr hatte dieser Wert mit 27 Prozent offenbar einen Gipfel erreicht.
Es folgen Fondsanteile mit zwölf Prozent. Fonds sind in der Gunst der Anleger wieder leicht gegenüber dem Vorjahr gestiegen. 2013 hatte dieser Wert mit 13 Prozent noch ein Hoch erreicht, war aber 2014 auf elf Prozent zurückgefallen.
Fest- beziehungsweise Termingeld hielten sieben Prozent der Befragten für die lukrativste langfristige Geldanlage. Seit 2011 ist diese Anlageklasse deutlich ins Hintertreffen geraten, damals glaubten noch 22 Prozent der Befragten, Termin- und Festgelder würden auf drei Jahre betrachtet den meisten Gewinn abwerfen.
Drei Prozent nannten Anleihen als aussichtsreichste Anlageklasse, im Vorjahr waren es nur zwei Prozent. Anleihen spielen somit für Privatanleger praktisch keine Rolle. Ernüchternd: Knapp jeder vierte Bürger (24 Prozent) kann nicht sagen, welche dieser Anlagen am besten geeignet wäre, um langfristig möglichst viel Gewinn zu erzielen. Die Angaben "weiß nicht" oder "keine davon" kamen bereits in den Vorjahren ähnlich häufig vor.
Inflationäre Zeiten
Gestützt wird die Analyse von Barclays durch eine Studie der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich. Diese hat sich mit einer anderen, damit zusammenhängenden Frage beschäftigt. Sind alternde Gesellschaften eher deflationär, führt also abnehmende Nachfrage zu sinkenden Preisen, oder eher inflationär? Das Ergebnis ist interessant. Die Forscher vergleichen die Relation der arbeitenden zur nicht arbeitenden Bevölkerung. Demnach hatten wir in den vergangenen Jahren auch deshalb rückläufige Inflationsraten, weil ein großer Teil der Bevölkerung erwerbstätig war. Die geburtenstarken Jahrgänge waren aktiv, die Anzahl der Rentner begann erst langsam zu steigen, während die Anzahl der Kinder deutlich zurückging. Nun steigt der relative Anteil der nicht erwerbstätigen Bevölkerung jedoch deutlich an. Diese relative Verschiebung wird, so die Erwartung der Forscher, den Preisdruck erhöhen. Höhere Inflation dürfte auch höhere Zinsen mit sich bringen. 4:3.
Oder liegt es nur einfach daran, dass die Investoren nach den Erfahrungen der Finanzkrise und den geopolitischen Risiken einfach nur „Katastrophenangst“ haben, wie es der Wirtschaftsforscher Kenneth Rogoff ausdrückt? Er schätzt, dass ein guter Teil des Zinsrückganges auf diesen Effekt zurück zu führen ist. Weicht die Angst mit der Zeit, steigen auch die Zinsen. 4:4.
Verbleibt ein letzter Gedanke: wenn alle das Gleiche erwarten, kommt das Gegenteil. Denken wir nur an die einheitliche Meinung zu Jahresbeginn, ein Verhältnis von 1:1 von Euro zu Dollar wäre nur eine Frage der Zeit. Zwischenzeitlich hat der Euro eine prächtige Rally hingelegt. Mit Blick auf die Zinsen kann das nur bedeuten: wer auf ewig tiefe Zinsen setzt, lebt gefährlich.