Stelter strategisch

Wenn Notenbank-Helikopter Geld abwerfen - außer in Europa

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Folgen für die Geldanlage

Damit reiht Dalio sich ein in die lange Liste von Ökonomen und Zentralbankern, die das bisher Undenkbare fordern: Die direkte Finanzierung der Staaten durch die Notenbanken durch frisch geschaffenes Geld, welches den Staaten geschenkt wird. Idealerweise verbunden mit einer Vernichtung der Staatsschulden die bereits von den Notenbanken aufgekauft wurden. Japan ist auf dem besten Wege in dieses Szenario, dient die Intervention der Notenbank doch realistischer Weise nur diesem Ziel. Wie sonst lassen sich Milliarden-Interventionen ohne nennenswerte realwirtschaftliche Folgen erklären? Der japanische Staat jedenfalls wird seine Schulden niemals bedienen. Gleiches gilt für die USA und Europa.

Was der Helikopter-Einsatz für die Geldanlage bedeutet, habe ich schon vergangenen September an dieser Stelle diskutiert. Was ich dabei noch nicht bedacht habe, sind die Folgen unterschiedlicher Geschwindigkeiten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Engländer und Amerikaner – von den Japanern ganz zu schweigen – sehr pragmatisch die Rotoren anwerfen werden. Dabei sollte man sich von allem Zinserhöhungsgerede der Fed nicht in die Irre leiten lassen. Kommt der Rückfall in die nächste, kältere Phase der Eiszeit ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Fed in diese Richtung schwenkt. Aber die EZB wird sich, aller berechtigten Kritik an ihrer Rolle zum Trotz, nicht so leicht auf diesen Kurs bringen lassen. Sie agiert bekanntlich nicht für ein einzelnes Land, und der Währungsraum ist heterogener als eine hypothetische Währungsgemeinschaft aller Staaten, die mit dem Anfangsbuchstaben „M“ beginnen, wie JP Morgan bereits 2012 vorrechnete. Zwar wäre es der EZB theoretisch möglich, jedem Bürger direkt Geld zu schenken, in der Praxis dürfte eine solche Idee die Währungsunion in ihren Grundfesten erschüttern. Ein Aufschrei ginge durch Deutschland, und es würde schon einer deutlichen Vertiefung der Krise bedürfen, bevor die deutsche Politik und Öffentlichkeit diesen Weg mitginge.

Die Folgen? Nun, da hilft ein Blick in die Geschichte der großen Depression. Es ging jenen Staaten damals am schnellsten wieder besser, die den Goldstandard aufgaben und durch drastische (notenbankfinanzierte) Konjunkturprogramme gegensteuerten. Zunächst Japan, dann Großbritannien und schließlich den USA, die bei der Gelegenheit auch gleich den privaten Goldbesitz verboten. Länder, die nicht auf diesen Kurs einschwenkten verharrten dagegen in tiefer Depression - auch ausgelöst durch die relative Aufwertung.

Starten also in den kommenden Jahren nur in den angelsächsischen Ländern und Japan die Helikopter, bedeutet dies: einen (sehr) starken Euro, Rezession in Euroland, fallende Aktien und Zinsen und perspektivisch ein Zerfall der Eurozone. Wie man sich auf letzteres vorbereitet, habe ich hier erläutert. Zusätzlich empfiehlt sich der Kauf ausländischer Aktien mit Absicherung des Währungsrisikos, physisches Gold, Aktien von Goldminen und Staatsanleihen von Deutschland. Ja, letzteres klingt angesichts negativer Renditen bis in mittlere Laufzeiten irre. Aber es wird sich bei Deflation und Euro-Stärke als nicht so blöd erweisen.

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