Stelter strategisch
Goldbarren in einem Tresor. Quelle: dpa

Gold – Totgesagte leben länger

Daniel Stelter Quelle: Presse
Daniel Stelter Unternehmensberater, Gründer Beyond the Obvious, Kolumnist Zur Kolumnen-Übersicht: Stelter strategisch

Zuletzt wurde 2001 so massiv wie derzeit gegen Gold spekuliert – das Ergebnis ist bekannt. Taktisch und praktisch spricht einiges für Gold.

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Gold hat kein gutes Jahr hinter sich. Notierte das Edelmetall zu Jahresanfang noch über 1350 US-Dollar, so lag der Kurs in den vergangenen Tagen um 1200 Dollar, immerhin ein Rückgang um 11 Prozent. Auch in Euro gerechnet, machte die Anlage in Gold keine Freude: rund sechs Prozent Verlust seit Jahresbeginn.

Kein Wunder, dass die Kritiker des Edelmetalls wieder Aufwind bekommen. Wann, wenn nicht in Zeiten von Handelskriegen, politischer Unsicherheit, anziehender Inflation und zurückkehrender Eurokrise sollte Gold als sicherer Hafen gesucht sein? Doch es ist es nicht. Ein Beweis dafür, dass es sich eben auch beim Gold um eine Blase handelt? Eine Blase, die nunmehr schon mehr als 6000 Jahre anhält?

Die größte Blase der Menschheitsgeschichte?

Genau diese These hat vor einiger Zeit der Chefökonom der Citibank, William Buiter, in einer Studie aufgestellt. Darin weist er zu Recht darauf hin, dass der Wert von Gold, wie auch der Wert jeder Papierwährung, von dem Glauben möglichst vieler Wirtschaftsakteure abhängig ist, dass es Wert besitzt. Kommen Zweifel auf, dass Gold den Wert behalten wird, werden Leute andere Wertaufbewahrungsmittel bevorzugen. Damit sinken der Umlauf und der Wert weiter – bis auf null. Gold ist für Buiter damit so gut und so schlecht wie alles andere, was Menschen zur Wertaufbewahrung verwenden. Nicht besser ist als die Steinscheiben, die einst auf der Pazifikinsel Yap als Währung verwendet wurden.

Konsequent zu Ende gedacht, ist für Buiter der fundamental gerechtfertigte Gleichgewichtspreis von Gold und allen Papierwährungen null. Deshalb kann es auch keinen richtigen Wechselkurs zwischen beiden geben. Der Preis für Gold ist so gesehen immer willkürlich. Da können die Goldfans noch so sehr die explodierenden Bilanzsummen der Notenbanken und weltweiten Geldmengen anführen. Aus der Tatsache an sich, dass es von einem inhärent wertlosen Geld mehr gibt als von einem anderen ebenso inhärent wertlosen Geld, lässt sich nicht ableiten, dass der Preis des einen fallen und des anderen steigen muss. Auch hier wirken die Erwartungen der Marktteilnehmer stärker, was sich auch daran zeigt, dass Wechselkursprognosen regelmäßig schief liegen.

So überzeugend die Argumentation von Buiter ist, so sehr denke ich, dass sie hinkt. Im Unterschied zu den Papierwährungen ist die Goldmenge fixiert. Es kann nicht beliebig mehr erzeugt werden. Die Gesamtmenge an Gold auf der Erde ist bekannt und die Förderung bringt nur noch geringe Zuwächse. Damit hat Gold eine nennenswerte Beschränkung, die Papierwährungen, aber auch Steinen, fehlt. Hinzu kommt, dass Gold relativ kompakt ist, was den Transport erleichtert und es zudem nicht verfällt. Diamanten erfüllen dieses Kriterium zwar auch, allerdings hängt der Wert sehr stark von der Güte und Verarbeitung ab. Gold ist homogener, weltweit leicht zu erkennen und damit fungibel.

So mag es stimmen, dass Gold in einer Blase ist, die nunmehr schon 6000 Jahre andauert. Für mich Grund genug, an die Fortsetzung der Blase zu glauben, was allerdings nicht ausschließt, dass Gold – wie in diesem Jahr geschehen – im Wert sinkt. Für den Langfristinvestor, der Gold als Versicherung gegen Katastrophen im Portfolio hält, ist es letztlich egal, wo der offizielle Kurs ist. Er hat es gekauft, um es zu vergessen.

In der hier immer wieder gepredigten Assetallokation auf Liquidität/Anleihen, Aktien, Immobilien und eben Gold kommt die Frage nur einmal im Jahr auf den Tisch, wenn man die prozentuale Verteilung wieder auf die Sollstruktur bringt, also jene Position reduziert, die gut gelaufen ist und jene nachkauft, die hinterher hinkt.

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