Stelter strategisch

US-Dollar: Totgesagte leben länger

Seite 2/3

Grundlage für künftige Turbulenzen an den Märkten

Dass es anders kam, wird vor allem auf die immer offener protektionistische Politik der US-Regierung zurückgeführt. Da diese lauthals einen schwachen Dollar befürwortet und vor ersten Einschränkungen im Handel nicht zurückschreckt, fürchten die Investoren die Folgen und meiden schon alleine deshalb den US-Dollar. Auch sind Finanzassets außerhalb des Dollarraumes relativ billiger und ziehen damit mehr Investorengelder an, die dann in zweifacher Weise profitieren: von steigenden Preisen und von einem Währungsgewinn. Beide Faktoren haben jedoch nur einen zeitweisen Einfluss auf den Kurs einer Währung. Dauerhaft gelingt es nicht, eine Währung schwach zu reden. Kapitalströme sind ebenfalls nur temporär und legen die Grundlage für künftige Turbulenzen an den Märkten.

Der Dollar Carry-Trade als Zeitbombe

Nicht nur die Investoren schichten Geld aus dem Dollar in andere Währungen um. Auch Schuldner setzen auf eine anhaltende Schwäche und nutzen die (noch) tiefen Zinsen um sich günstig in US-Dollar zu verschulden. Besonders gefährlich wird es, wenn Schulden in einer Währung aufgenommen werden um in einer anderen Währung zu spekulieren. Lange Zeit hat man dies mit dem Yen gemacht. Günstige Yen-Kredite wurden dazu genutzt, höher verzinsliche Assets in anderen Währungen zu kaufen. Auch der Schweizer Franken war entsprechend beliebt, wobei gerade die Erfahrungen aus den letzten Jahren zeigen, wie gefährlich diese Spekulation – Carry Trade genannt – ist.

Immerhin rund 9.000 Milliarden Dollar Schulden sollen Staaten und Private außerhalb der USA in US-Dollar gemacht haben. Solange die Zinsen tief bleiben und solange der US-Dollar an Wert verliert, ein sicheres Geschäft.

Für die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) ist der Wechselkurs des US-Dollars mittlerweile einer der wichtigsten Indikatoren für die Stimmung an den Finanzmärkten. Ein schwacher US-Dollar und spiegelbildlich ein starker Euro korrespondieren demzufolge mit erhöhter Risikobereitschaft der Akteure. Die Börsen steigen, die Kreditvergabe nimmt zu, vielleicht profitiert gar die Realwirtschaft ein wenig.

Der Euro gilt als „gerettet“

So gesehen passt die Dollar-Schwäche der letzten 12 Monate ins Bild. Weltweit hatten wir einen Boom, getragen von billigem Geld und zweifellos zunehmender Risikobereitschaft. Weshalb sonst sollten die liquiden Mittel in den Portfolios der Investoren so gering sein wie noch nie und die Wertpapierkredite („Margin Debt“) auf einem Allzeit-Höchststand?

Was für Anleger dieses Jahr gefährlich werden könnte
Die US-Notenbank Federal Reserve in Washington. Quelle: AP
Rote Beleuchtung von Sperrpollern an der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main (Hessen). Quelle: dpa
Eine Frau wirft in Köln (Nordrhein-Westfalen) ihren Wahlzettel in eine Urne. Quelle: dpa
Israelische Soldaten feuern in Bethelehem (Palästinensische Autonomiegebiete) mit Tränengas-Granaten auf palästinensische Demonstranten. Quelle: dpa
Ein Broker auf dem New Yorker Börsenparkett. Quelle: REUTERS
Ein Schild in der schweizerischen Stadt Zug. Quelle: dpa

Ein steigender Dollar signalisiert der BIZ zufolge eine abnehmende Risikobereitschaft. Gleichzeitig kann ein steigender Dollar zu erheblichen Problemen in den Finanzmärkten führen und damit die Flucht aus dem Risiko verstärken. Assets werden weltweit verkauft, um US-Dollar zu kaufen und Schulden in US-Dollar zu reduzieren. Viele Auslöser für eine solche Entwicklung sind denkbar, von internationalen Konflikten über einen rascher als erwarteten Anstieg der Zinsen in den USA bis zu Zeichen finanzieller Instabilität, die ich vor allem im Bereich der hoch verschuldeten Unternehmen erwarte.

Richtigerweise ist es nicht nur eine Dollarschwäche, die wie erleben, sondern auch eine Eurostärke. Die Wirtschaft im Euroraum wächst so schnell wie lange nicht mehr, die politischen Signale aus Deutschland gehen in Richtung „Solidarität“ – gemeint ist, dass deutsche Steuerzahler für bankrotte Staaten und Banken einstehen, obwohl sie laut EZB deutlich ärmer sind als die Privathaushalte in Italien, Spanien, Portugal und Frankreich – und der politische Wille an der Währungsunion festzuhalten ist ungebrochen.

Da stört es die Investoren aus aller Welt wenig, dass Länder wie Portugal und Italien und hochverschuldete Unternehmen im Euroraum weniger Zinsen bezahlen als der amerikanische Staat. Winken doch weitere Währungsgewinne und die Inflationsraten liegen – auch wegen des starken Euro – unter jenen in den USA.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%