
Im Juli habe ich mich das letzte Mal mit Gold beschäftigt. Seither gab es zwar einige Ausschläge in beide Richtungen, aber der Trend zeigt weiter nach unten. Auch Argumente für diesen Preisverfall werden geliefert: Inflation nicht in Sicht, Krisen überwunden, Zinsen – zumindest in den USA – im Aufwind. Auch Star-Investor Warren Buffett muss als Begründung herhalten: wenn sogar ein konservativer Investor wie er nichts von Gold halte, weshalb sollte man es dann kaufen, so die breit geäußerte Meinung.
Zum Autor
Daniel Stelter war von 1990 bis 2013 Unternehmensberater bei der Boston Consulting Group (BCG), zuletzt als Senior Partner, Managing Director und Mitglied des BCG Executive Committee. Seit 2007 berät Stelter internationale Unternehmen zu den Herausforderungen der fortschreitenden Finanzkrise. Zusammen mit David Rhodes verfasste er das 2010 preisgekrönte Buch „Nach der Krise ist vor dem Aufschwung“. Weitere Bücher folgten, so eine Replik auf das Buch „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ des französischen Ökonomen Thomas Piketty unter dem Titel „Die Schulden im 21. Jahrhundert“. Im Februar 2016 erscheint sein neues Buch, „ Eiszeit in der Weltwirtschaft“. Stelter ist Gründer des auf Strategie und Makroökonomie spezialisierten Forums „Beyond the Obvious“, das Antworten auf die wirtschaftlichen und finanzpolitischen Fragen unserer Zeit sucht.
Gold ist ein international akzeptierter Sachwert
Richtig ist: Gold nimmt tatsächlich an der allgemeinen Entwicklung des Wohlstands nicht teil. So stimmt es zwar, dass man sich im alten Rom für den Gegenwert einer Unze Gold eine gute Toga kaufen konnte, während man heute für 1.000 Euro einen guten Anzug bekommt. In Relation zum verfügbaren Einkommen sind Anzüge heute jedoch deutlich günstiger als Togen im alten Rom. Der Fortschritt hat den Wohlstand deutlich vergrößert.
Besonders eindrücklich wird dieser Nachteil von Gold, wenn man auf vergangene Jahrtausend zurückblickt. Wer im 15. Jahrhundert Gold gekauft hat und dieses in der Familie über Generationen immer weiter vererbt hat, erzielte über 500 Jahre einen realen Verlust von rund 90 Prozent.
Dies ist auch der Hintergrund für die Abneigung Warren Buffets. Gold ist unproduktiv, so wie auch Kunst, Oldtimer, Wein und ähnliche Sammlerstücke. Deren Wert basiert ausschließlich auf der Erwartung einer Wertsteigerung, die wiederum von der Erwartung weiterer Wertsteigerung getrieben sind. Je tiefer das Zinsniveau, desto höher ist der potenzielle Preis, weil die Opportunitätskosten entsprechend geringer sind. Wer nun also mit Blick auf die Mini-Zinserhöhung in den USA und die angeblich abnehmenden Krisengefahren vom Gold abrät, sollte das gleiche auch mit Kunst und anderen Sachwerten tun. Aus dem Blickwinkel der Geldanlage wäre alles gleichermaßen falsch.
Jetzt die besten Jobs finden und
per E-Mail benachrichtigt werden.
Wenn man aber aus der berechtigen Angst um sein Vermögen in Sachwerte diversifizieren möchte – und ich würde angesichts der ungelösten Schuldenkrise und der Politik der Notenbanken dringend dazu raten – dann ist Gold naheliegender als diese exotischen Anlageklassen. Der wesentliche Vorteil von Gold liegt darin, dass es homogen, international akzeptiert und relativ kompakt ist. Je homogener und kompakter ein Gut, desto besser kann es im Krisenfall genutzt werden.