Stelter strategisch

Meine Top-Ten-Prognosen für 2017

Daniel Stelter Quelle: Presse
Daniel Stelter Unternehmensberater, Gründer Beyond the Obvious, Kolumnist Zur Kolumnen-Übersicht: Stelter strategisch

Niemand kann ernsthaft Vorhersagen für Dax, Zinsen und Euro für 2017 treffen. Alle, die es dennoch versuchen, ersetzen den Zufall durch den Irrtum. Darum heute einmal etwas anderes: meine Top-Ten-Prognosen für 2017.

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Ein Fernglas ist auf die Bankentürme Frankfurts gerichtet. Quelle: dpa

Diese Kolumne heißt „Stelter strategisch“, nicht „Stelter taktisch“. Aus gutem Grund habe ich mich in den letzten Jahren mit kurzfristigen Empfehlungen zurückgehalten. Den Wenigsten gelingt es, durch ständige Umschichtungen in ihrem Anlageportfolio den Markt dauerhaft zu schlagen. Die in meinen Augen einzig erfolgversprechende Anlagestrategie besteht darin, kostengünstig an der strategischen Asset-Allokation - wie sie hier und anderswo immer wieder gepredigt wird - festzuhalten: Aktien, Immobilien, Gold und Cash beziehungsweise Anleihen.

Einige Ausnahmen von der Regel „keine Kurzfristempfehlungen“ erwiesen sich als „goldrichtig”. Ich denke an meinen Appell im Dezember 2015 auf Gold und Goldminen zu setzen, der spätere Hinweis Gewinne mitzunehmen, meine Empfehlung bei Ölaktien zu bleiben im Frühjahr diesen Jahres und vor einigen Wochen das Pfund wieder in Betracht zu ziehen. Anderseits hätte man ruhig die Deutsche Bank kaufen sollen bei zehn Euro. Habe ich aus prinzipiellen Überlegungen heraus nicht gemacht – Banken sind keine Qualitätsinvestments – und mir so 80 Prozent Gewinn entgehen lassen. Dabei hätte damals eine Kaufempfehlung dem einzigen Grundsatz entsprochen, den ich bei der taktischen Geldanlage für plausibel halte: immer das Gegenteil von dem zu tun, was alle sagen und denken.

Die Großen der Anlageszene nutzen eine Liste der Top-10-Prognosen für das Neue Jahr zum Marketing. Nachdem ich nun mehr als ein Jahr an dieser Stelle schreibe und die Wiwo mich immer noch schreiben lässt, was ich mag – siehe meine Idee der radikalen Entschuldung über die Abwertung allen Geldes gegenüber Gold letzte Woche - ist es an der Zeit, meine eigene Top-10-Liste zu veröffentlichen. Das Schöne an diesen Listen: sie müssen nicht in sich schlüssig sein. Niemals werden alle Top 10 gleichzeitig eintreffen. Die Trefferquote sollte allerdings schon bei über 50 Prozent liegen. In einem Jahr schauen wir zurück. Versprochen.

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Aktien Quelle: Fotolia
Bargeld und Bankeinlagen Quelle: Fotolia
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Gold Quelle: Fotolia
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Lebensversicherungen Quelle: dpa
Sparbuch Quelle: Fotolia

Hier meine Top 10 für 2017:

1. Die Deflation kehrt zurück
Zurzeit beginnt eine breite Diskussion zur Rückkehr der Inflation. Zum einen liegt das an der Hoffnung, die neue US-Regierung könnte mit ihren Maßnahmen die US-Wirtschaft beleben und die Inflationsrate nach oben treiben. Eine Idee, die hier schon vor der Wahl diskutiert wurde (Mit Trump kommt die Reflation). Zum anderen entfällt die preissenkende Wirkung des tiefen Ölpreises. Da das Öl schon vor einem Jahr billig war, entfällt der Basiseffekt. Deshalb ist es durchaus möglich, dass in den kommenden Monaten höhere Inflationsraten gemeldet werden. Dies dürfte aber nur ein vorübergehendes Phänomen sein. Dafür sprechen viele Gründe: der Anstieg der Zinsen führt zu einer Abschwächung der Wirtschaft, der starke US-Dollar erhöht den Druck auf die Emerging Markets, China muss die eigene Wirtschaft über Exporte stärken und die grundlegenden Probleme von schrumpfenden Erwerbsbevölkerungen und schwachem Produktivitätswachstum bleiben ungelöst. Im Herbst 2017 reden wir wieder von Deflation.


2. Die USA stürzen in die Rezession
Der Aufschwung der US-Wirtschaft ist – obwohl im historischen Vergleich schwach – schon sehr alt. Alles hängt am US-Konsumenten, der trotz geringer Lohnsteigerungen immer noch auf Schulden setzt. Höhere Zinsen und kurzfristig höhere Inflation belasten die Kaufkraft der Konsumenten und die Bilanzen der deutlich höher verschuldeten Unternehmen, die um ihre Erträge trotz steigender Zinsen und starkem Dollars zu verteidigen, Kosten senken und Arbeitsplätze abbauen. Die ohnehin tiefen Investitionen gehen noch weiter zurück. Der Druck auf die neue US-Regierung, wie versprochen mit Protektionismus zu reagieren, wird zunehmen.

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3. Der US-Dollar verliert
Nach einem mehrjährigen Aufschwung des US-Dollar-Index sind alle Marktbeobachter der Meinung, dies müsse so weitergehen. Alleine dies spricht für eine Trendwende oder zumindest eine Pause in der Entwicklung des US-Dollars. Die Rezession in den USA und die damit verbundene Abkehr von Zinserhöhungen führt zu einer neuen Phase des Abwertungswettlaufs. Die USA wussten noch immer am besten, wie man das spielt. Der Euro wird daraufhin, allen Problemen der EU und der Eurozone zum Trotz, steigen und die Probleme in Europa verschärfen.


4. Gespaltenes Jahr für Anleihen
2017 kann man mit Anleihen wieder gut Geld verdienen. Nachdem im ersten Halbjahr die Zinsen auf 10jährigen US-Treasuries über drei Prozent gestiegen sind, kommt es in der zweiten Jahreshälfte zu einer massiven Rallye. Ende 2017 liegt der Zins dann bei 1,5 Prozent. Dies widerspiegelt die wirtschaftliche Abkühlung, die gestiegene Deflationsgefahr und den Versuch der Notenbanken noch aggressiver die Wirtschaft zu beleben. Doch nicht alle Anleihen profitieren. Anleihen von Schuldnern schlechter Bonität erleiden deutlichere Abschläge, der Risikozuschlag gegenüber sicheren Staatsanleihen nimmt wieder deutlich zu, ausgelöst durch die Rezession und zunehmende Zahlungsausfälle.


5. Verluste an den Börsen
Nach einem guten Jahresauftakt realisieren die Aktienmärkte rasch, dass sich eine wirtschaftliche Abkühlung andeutet. Die Märkte drehen, angeführt von den USA nach unten. Die zyklischen Werte werden gemieden, die Qualitätsaktien und Dividendenpapiere können sich relativ besser entwickeln. Dennoch stehen die Börsen Ende 2017 unter den Höchstständen vom Jahresbeginn.

Gold, Euro, EZB, Türkei und Bundestagswahl

6. Einstiegschance bei Gold
Zunächst bekommen die Skeptiker recht. In einem Umfeld steigender Zinsen und eines festen Dollars wird Gold nicht gesucht, die Preise bleiben trotz zwischenzeitlicher Erholung unter Druck. Erst mit dem erneuten Öffnen der monetären Schleusen zur Bekämpfung der sich immer offener zeigenden Rezession und den wieder zunehmenden Sorgen um das Weltfinanzsystem zieht Gold wieder deutlich an und ist am Ende einer der Gewinner des Jahres.


7. Der Verfall der Eurozone geht weiter
Während zunächst alle Aufmerksamkeit der italienischen Bankenkrise und den sich abzeichnenden Neuwahlen gilt, kommt es in Holland zum Wahlsieg der Partei für die Freiheit, angeführt von Geert Wilders. Diese bildet mit der bisherigen Regierungspartei VVD eine Koalitionsregierung und betreibt den Ausstieg aus EU und Euro. Grundlage bildet dafür ein bereits im Jahr 2014 vom britischen Forschungsinstitut Capital Economics erstelltes Gutachten, welches eine bessere Entwicklung Hollands außerhalb des Euro prognostiziert. Für Anfang 2018 ist eine Volksabstimmung geplant, in der über einen Austritt abgestimmt wird. Ungefähr zeitgleich mit einer ähnlichen Abstimmung in Italien. Einziger Trost aus Sicht der Pro-Europäer ist der Wahlsieg des konservativen Reformers François Fillon, der sich in der Stichwahl knapp gegen Marine Le Pen durchsetzt, weil selbst die linken Wähler angesichts dieser Alternative den Konservativen unterstützten. Ob Fillon wie versprochen Reformen durchsetzen kann, bleibt angesichts der Generalstreiks, die das Land seither erlebt, zweifelhaft.


8. Die EZB lässt letzte Hemmungen fallen
Angesichts der zunehmenden politischen Spannungen in EU und Euroraum, der Abschwächung der Weltwirtschaft und des erstarkenden Euro geht die EZB aufs Ganze. Statt wie noch im Frühjahr erwartet zum Jahresende aus dem Programm auszusteigen, folgt die EZB dem Beispiel Japans und beginnt neben Anleihen auch Aktien direkt aufzukaufen. Diese Käufe unterminieren das Vertrauen der Kapitalmärkte zusätzlich. Deshalb erklärt sich die EZB bereit, direkt Anleihen der EU zur Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen und weiteren Zukunftsprojekten zu kaufen. Das Helikopter-Geld wird Wirklichkeit. Mit diesem Billionen-Programm hofft man, die Stagnation zu überwinden. Zugleich wächst der Unmut in den Gläubigerländern weiter.

So stehen Banken zu Öko-Geldanlagen
Verbraucherzentrale Quelle: dpa
Die Mehrheit der Banken bietet nachhaltige Investments an   Quelle: imago images
Investmentfonds Quelle: imago images
Zins- und Sparanlagen Quelle: Handelsblatt
Versicherungen Quelle: dpa
Risiko-Beteiligungen sind vergleichsweise selten Quelle: dpa
Kleinkredite Quelle: REUTERS

9. Der Deal mit der Türkei platzt
Im Laufe des Jahres verschlechtert sich das Verhältnis der EU zur Türkei zusehends. Immer offensichtlicher wird die türkische Strategie im Nahen Osten und die Bereitschaft, die türkischen Interessen notfalls auch militärisch durchzusetzen. In der Folge wird die Zusammenarbeit der EU mit der Türkei, die die Migrationsströme begrenzen sollte, gekündigt. Die Balkan-Route wird wieder zum bevorzugten Weg für die Einwanderer aus Afrika und dem Nahen Osten.


10. In Deutschland regiert Schwarz-Rot-Grün
Nach einem der intensivsten Wahlkämpfe der bundesdeutschen Geschichte erzielen weder die große Koalition, noch Schwarz-Grün oder Rot-Rot-Grün eine Mehrheit. Die deutlich erstarkte AfD, eine stabile Linke und eine in den Bundestag zurückgekehrte FDP erschweren die Regierungsbildung. So bildet sich eine große Koalition der Verlierer, nachdem die SPD sich geweigert hat, eine Koalition mit der FDP einzugehen.

In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern ein besinnliches Weihnachtsfest und alles Gute für das Neue Jahr. Spannend wird es sicherlich. Am 12. Januar 2017 meldet sich Stelter strategisch wieder.

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