Stelter strategisch
Börsencrash: So sollten Anleger jetzt investieren

Reich werden im Crash ist nicht so leicht

Daniel Stelter Quelle: Presse
Daniel Stelter Unternehmensberater, Gründer Beyond the Obvious, Kolumnist Zur Kolumnen-Übersicht: Stelter strategisch

Die Börsen reizen zur Spekulation auf den großen Einbruch in diesem Herbst. Ein heißes Spiel. Statt auf das Platzen der Blase wetten, sollten Anleger lieber in die entgegengesetzte Richtung investieren.

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Neuer Rekord im S&P 500. Wer wie ich immer skeptischer wird angesichts rekordhoher Bewertungen, Unternehmen, die nichts Besseres mit ihrem Geld anzufangen wissen als eigene Aktien zurückzukaufen, und einer Wirtschaft, die in den USA einen letzten Rausch erlebt, mag daran denken, auf einen Crash zu wetten.

Es lohnt sich bekanntlich, wenn man richtig liegt. Der Milliarden-Gewinn von John Paulson der im großen Stil gegen die Subprime-Papiere wettete, die von dummen Investoren – gerade auch aus Deutschland, Stichwort IKB – gekauft wurden, ist legendär. Er und andere wurden im Buch und Film „The big short“ verewigt.

Starke Nerven

Buch und Film zeigen allerdings auch, dass man starke Nerven und geduldige Investoren haben muss, wenn man diese Spekulation mit fremdem Geld macht. Es kann deutlich länger dauern, als man denkt, bis die Märkte der eigenen Einschätzung folgen. Ich erinnere mich an die Diskussion mit einem Kollegen im Sommer 1999. Schon damals war die US-Börse heillos überbewertet. Dennoch war es viel zu früh, auf fallende Kurse zu setzen. Es ging noch einige Monate beschleunigt aufwärts. Schon John Maynard Keynes wusste, dass Märkte länger falsch liegen könnten als man selber das Geld hat, gegen sie zu wetten.

Auch in der Finanzkrise hat nicht mehr viel gefehlt und die Spekulanten gegen den Markt wären pleite gegangen, kurz vor dem Crash. Nichts dürfte frustrierender sein, als mit der richtigen Meinung sein Geld zu verlieren, nur weil man ein paar Monate zu früh dran war.

Das hat auch damit zu tun, dass man selbst in einer perfekten Blase mit der richtigen Strategie am Ende als Verlierer dastehen kann. Genau dies zeigt Rob Arnott von Research Affiliates in einer faszinierenden Studie “Yes, it’s a bubble – so what„. Als Beispiel nimmt er eine Blase, die nicht so bekannt ist und zwar die der Börse von Simbabwe während der Hyperinflation.

In nur drei Monaten (August – Oktober 2008) stürzte der Simbabwe-Dollar von 10 auf 1000 pro US-Dollar. Was zunächst positiv für die dortige Börse war. Die Bevölkerung flüchtete angesichts der Hyperinflation in Sachwerte und die Aktien verfünfhundertfachten sich innerhalb von nur acht Wochen. Das führte zu der Situation, dass sich die Aktien in US-Dollar gerechnet verfünfzigfachten. Die Freude war nur von kurzer Dauer. In den nächsten zwei Wochen verlor die Börse von Simbabwe 85 Prozent, während der Wert der Währung sich nochmals drittelte. In US-Dollar gerechnet verlor die Börse so 95 Prozent.

Der deutsche Aktienmarkt – eine Geschichte in Superlativen
In den Fokus rückte der Dax erst mit dem Börsengang des Staatsunternehmens Deutsche Telekom. Quelle: dpa
Die späten 1990er Jahre waren die Boomphase der Dotcom-Unternehmen. So ziemlich alles, was an der Börse mit Telekom und dem Internet zu tun hatte, wurde gekauft. Quelle: AP
Der Dax brach zwischen März 2000 und März 2003 um fast 75 Prozent ein. Die Kleinanleger waren Hauptleidtragende der Kapitalvernichtung. Quelle: dpa
Die durch überbordende Immobilien-Spekulationen und die Pleite der Investmentbank Lehman Brothers ausgelöste Wirtschaftskrise 2007/08 führte zum nächsten Crash. Quelle: dpa
Die wohl irrwitzigste Kursrally kam 2008: Die VW-Stammaktie schoss in nur zwei Tagen von 360 auf 1005 Euro. Der Grund: Porsche hatte sich fast eine Dreiviertel-Mehrheit an VW gesichert. Quelle: imago images
Von den 30 heutigen Dax-Unternehmen ist laut der Deutschen Börse die Hälfte seit Beginn dabei. Quelle: REUTERS
Das ist der MDax. Der zweitwichtigste deutsche Index mit aktuell insgesamt 50 Unternehmen aus den traditionellen Industriebranchen wurde 1996 von der Deutschen Börse geschaffen. Quelle: dpa

Danach ging es erst richtig los. Die Hyperinflation gewann an Fahrt. Die Kaufkraft zehntelte sich innerhalb einer Woche und die Börse fiel um 99 Prozent! In US-Dollar ein Verlust von 99,9 Prozent. Dann hörte die Börse in Simbabwe auf, zu existieren.

Wer das hat kommen sehen, hätte doch richtig Geld verdienen müssen, könnte man meinen? Die offensichtliche Strategie wäre doch gewesen, Aktien aus Simbabwe leer zu verkaufen. Ganz so wie die Vorbilder aus dem Big Short. Tatsächlich ist es aber nicht so leicht, wie Arnott vorrechnet. Während eine Blase nicht so schwer zu identifizieren ist, wie gemeinhin gerne angenommen, ist es nämlich viel schwerer daraus einen Gewinn zu schlagen. Das hat damit zu tun, dass Blasen am Ende noch mal so richtig aufgepumpt werden können. Selbst wenn man gewusst hätte, dass der Markt in drei Monaten auf Null fällt, hätte man auf dem Weg dahin sein Geld verloren. Niemand hält eine zwischenzeitliche Verfünfzigfachung durch.

Riskant und teuer

Auf fallende Kurse zu setzen riskant und teuer. Die möglichen Verluste sind, so man wirklich leer verkauft und nicht mit Optionen arbeitet, unbegrenzt. Doch auch wenn Optionen nur zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen, ist das schmerzhaft genug. Die Zeit spielt gegen einen und ist ein Faktor, den man nicht beeinflussen kann. Wäre die Finanzkrise nicht 2008, sondern erst 2010 ausgebrochen, wären Paulson und Co. namenlose Spekulanten, die viel Geld verloren haben, weil sie zu früh dran waren.

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