Bleibt keine andere Wahl, als das Schuldenproblem offen anzugehen. Am vernünftigsten wäre es natürlich, die faulen privaten und staatlichen Schulden durch Schuldenschnitte zu reduzieren. Die Schuldner würden nur einen Teil der Verpflichtungen erfüllen, die Gläubiger entsprechend verlieren. Das wäre die fairste Vorgehensweise, tragen doch auch die Gläubiger eine Mitschuld, wenn sie unsoliden Staaten, Banken oder Unternehmen Kredit gewähren. Praktisch wäre eine schwere Rezession die Folge, da die Banken alleine in der Eurozone mindestens 1000 Milliarden verlieren würden.
Aus diesem Grunde habe ich schon 2011 die Möglichkeit diskutiert, dass die Staaten durch Vermögensabgaben den Schuldenabbau finanzieren. Auch diese sind natürlich nicht populär, haben aber den Vorteil, dass sie geordnet vollzogen und damit die gesamtwirtschaftlichen Folgen begrenzt werden können.
Nun, im Jahre zehn seit Ausbruch der Finanz- und im achten Jahr der Eurokrise, kommt das Thema erneut auf die Agenda. In Deutschland wenig beachtet, hat France Strategie, ein staatsnaher französischer Think Tank vorgeschlagen, die Staatsschulden der Eurozone durch Abgaben auf Immobilien zu finanzieren. Der Staat soll – so der Vorschlag – Miteigentümer werden und dafür jährlich eine Verzinsung bekommen. Zahlen die Eigentümer nicht jährlich, sollen Einmalzahlungen bei Verkauf oder Erbschaft anfallen. Verbunden wird diese Überlegung mit der Forderung nach mehr „Solidarität“ und Umverteilung innerhalb der Eurozone.
Immobilien trifft es immer
Schon in früheren Beiträgen habe ich auf die Gefahren der Geldanlage in Immobilien hingewiesen. Zwar gehören Immobilien in jedes diversifizierte Portfolio, allerdings muss man sich der erheblichen Gefahren des Zugriffs des Staates bewusst sein. Mietpreisbremse und neuerdings „Milieuschutz“ geben einen Vorgeschmack auf das, was noch kommen könnte.
So ist es keineswegs neu, Immobilien mit Zusatzabgaben zu belegen. In der Weimarer Republik wurde die Hauszinssteuer eingeführt, um Immobilienbesitzer nach der Hyperinflation höher zu besteuern. Die Nazis haben später die Möglichkeit geschaffen, die Steuerschuld auf einen Schlag zu bezahlen, die sogenannte Hauszinsabgeltungssteuer. So innovativ ist France Strategie nun also wahrlich nicht.
Auf den ersten Blick leuchtet es ein, dass sich die Überlegungen auf Immobilien fokussieren. Steht doch der Wertzuwachs der Immobilien hinter dem von Thomas Piketty und anderen bedauerten Zuwachs an weltweiten Vermögen. Rechnet man die Immobilien heraus, gibt es das Problem nicht.
Auf den zweiten Blick wird es problematischer. Hinter der Entwicklung der Immobilienpreise steht – für Leser dieser Kolumne keine Neuigkeit – der Anstieg der Verschuldung. In unserem Geldsystem können Banken faktisch unbegrenzt Kredite vergeben und damit neues Geld schaffen. Am liebsten machen sie das zur Finanzierung von „risikofreien“ Assets, also vor allem Immobilien. Somit leihen wir uns immer mehr Geld, um uns wechselseitig zu immer höheren Preisen vorhandene Vermögenswerte zu verkaufen. Ohne den Anstieg der weltweiten Verschuldung, wäre der Boom der Immobilien gar nicht möglich gewesen.
Käme es nun zu der Sondersteuer auf Immobilien darf getrost davon ausgegangen werden, dass die Preise von Immobilien deutlich unter Druck geraten. Damit würden die Sicherheiten der Banken an Wert verlieren und nicht wenige Immobilienbesitzer in Schwierigkeiten geraten. Folge wäre somit auch bei diesem Vorgehen eine (erneute) Bankenkrise.
Vermögen bleiben gefährdet
Will man diesen Effekt verhindern, muss man alle Vermögen besteuern, um die Last breit zu verteilen. Vermutlich dient die Idee den Beratern des französischen Präsidenten Macron ohnehin nur als Versuchsballon um eine andere Forderung politisch durchsetzbar zu machen: die direkte Staatsfinanzierung durch die EZB. Immer mehr scheint die Politik in der Eurozone zu erkennen, dass die Krise ohne eine echte Verringerung der Schulden nicht überwunden werden kann. Will man keine Schuldenschnitte oder Vermögensabgaben einführen, was angesichts der unklaren realwirtschaftlichen Folgen mit erheblichen Risiken verbunden wäre, bleibt nur der massive Einsatz der Geldpolitik, um letztlich über eine Zerrüttung des Vertrauens in Geld eine Inflation zu erzeugen.
Das Wörterbuch der EZB: Die Schlüsselwörter der Notenbanker - und was sie bedeuten
Die Konjunktur verbessert sich.
Bezogen auf die Inflation, heißt dies, die EZB lässt sich von kurzfristigen Sprüngen durch höhere Ölpreise nicht beeindrucken. Erst wenn die Inflation, mehrere Monate lang bei zwei Prozent liegt, ist eine Zinserhöhung denkbar.
Die EZB ist mit ihrem geldpolitischen Kurs zufrieden. Keine Zinsänderungen.
Die EZB hält die Konjunkturlage für instabil. Die Zinsen bleiben niedrig.
Die EZB will die Finanzmärkte beruhigen und bereitet sich auf Interventionen vor, sollten sich Konjunktur und/oder Inflation anders als gewünscht entwickeln.
Die EZB hält ihren aktuellen Kurs für angemessen und plant in nächster Zeit keine Änderungen.
Diesen Begriff verwendet die EZB mit Blick auf Inflationsfaktoren, etwa Löhne und Kapazitätsauslastung. Erst wenn beide steigen, ist mit höheren Leitzinsen zu rechnen.
Die Geldmenge M3 (Bargeld, Sicht-, Termin- und Spareinlagen, Geldmarktfonds, Bankschuldverschreibungen) wächst zu schnell. Eine geldpolitische Straffung wird opportun.
Hier kommt meist ein warnender Unterton ins Spiel. Die EZB sieht Risiken für die Preisstabilität und ist geneigt, die Zinsen bald zu ändern.
Die EZB signalisiert, dass es aus ihrer Sicht noch zu früh ist, die Zinsen zu ändern.
Ein Signalwort. Auch an die eigene Adresse: Die EZB ist handlungsbereit. Beim nächsten Treffen ist mit einer Zinsänderung zu rechnen.
Steigerung von wachsam. Die EZB befindet sich in erhöhter Alarmbereitschaft. Es gibt eine starke Bereitschaft, die Zinsen zu ändern.
Aus Sicht des Vermögensbesitzers bleibt die Initiative aus Frankreich ein Weckruf erster Ordnung:
- Umverteilung und Schuldensozialisierung bleiben das Kernziel unserer Partnerländer im Euro.
- Finanziert werden soll die Solidarität über Steuern auf Vermögen, die tief in Eigentumsrechte eingreifen.
- Sollte es nicht dazu kommen, wird auf die Monetarisierung der Schulden gesetzt.
So oder so bleibt es beim Ziel der Verringerung der Schulden – und damit der Vermögen. Europa bleibt ein schlechter Platz für Kapitalbesitzer. Zeit, die Konsequenzen zu ziehen.