Diesem Angebot an Kapital steht nach Einschätzung der Experten eine sinkende Nachfrage gegenüber:
- So sind in den vergangenen Jahren die Preise von Investitionsgütern deutlich gefallen, was unter anderem auf die digitale Revolution zurückzuführen ist. Deshalb benötigen Unternehmen weniger Kapital, um ihre Investitionen zu finanzieren. – Auch hier hat sich in den vorigen Wochen nichts geändert. Preissteigerungen sind (noch) nicht in Sicht.
- Derweil sind die Investitionen der Staaten deutlich zurückgegangen, was an der schon bestehenden hohen Schuldenlast der Staaten liegt. – Hier liegt die große Änderung gegenüber dem Zeitpunkt vor der Wahl, vorausgesetzt das Programm wird Wirklichkeit. Und selbst wenn Trump wie angekündigt eine Billion US-Dollar ausgibt, dürfte der Effekt über Jahre verteilt sein.
- Das geringere Wirtschaftswachstum, verursacht durch den Rückgang der Erwerbsbevölkerung und deutlich geringere Produktivitätszuwächse, wirkt zusätzlich dämpfend auf Investitionen. - Die Entwicklung dieser beiden Faktoren hat sich in den vergangenen Monaten ebenfalls nicht geändert. Wenn, dann dürfte die Politik von Trump diese Faktoren erst über Zeit verändern.
Korrektur im Abwärtstrend?
Doch nicht nur die genannten Faktoren sprechen gegen eine Trendwende bei den Zinsen. Es gibt einen viel banaleren Grund, der für eine moderate Zinsentwicklung spricht. Wir können uns in der Weltwirtschaft schlichtweg keine höheren Zinsen leisten. Bekanntlich waren wir noch nie so hoch verschuldet wie heute. Eine beabsichtigte Folge der (Notenbank-)-Politik der letzten Jahre und Jahrzehnte. Wir sind mit maximaler Hebelwirkung unterwegs und es darf nichts schiefgehen. Da das Umfeld sich nicht ändert und die Wachstumsaussichten sich angesichts der fundamentalen Faktoren nicht signifikant verändern lassen, sind steigende Zinsen genau das was schiefgeht.
Wann immer die Zinsen in den vergangenen Jahrzehnten angezogen haben, kamen Schuldner unter Druck und die Aktienmärkte auch. So stiegen die Zinsen vor dem Crash 1987, vor der Asien- und der Russlandkrise, selbst vor der Subprime-Krise 2007. Warum sollte es heute anders sein? Wer jetzt denkt, es liegt an einer anderen Politik der Notenbanken, den erinnere ich nur an die Tatsache, dass diese letztlich den Märkten folgen und nicht wie vielfach angenommen die Trends setzen. Sie machen es zwar schlimmer – vor allem im Trend nach unten – doch alleine Schuld sind sie nicht.
Unbestritten ist jedoch, dass die Zinsen immer wieder immer tiefer gesenkt wurden, um die neue Krise zu bekämpfen. So wird es auch bei der Krise sein, die sich durch die höheren Zinsen anbahnt. Mag der Dow Jones auch neue Rekorde feiern, billig ist er schon lange nicht mehr. Natürlich kann man den Markt nicht timen und ich würde auch dringend von einseitigen Wetten abraten. Dennoch spricht mehr denn je für unser ausgewogenes Portfolio aus Cash, Aktien, Immobilien und Gold. Letzteres ist gerade nicht sehr en vogue. Das dürfte sich im nächsten Krisendurchgang auf dem Weg in noch negativere Zinsen wieder ändern.