Strategie von Stiftungen Ausweg aus dem Anlagedilemma

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Höchste Zeit umzuschwenken

Deutsche Anleger bangen um ihr Geld
Wie sehen die deutschen Anleger die Euro-Krise? Worauf setzen sie bei der Altersvorsorge? Zum dritten Mal führte das Gothaer Asset Management in Zusammenarbeit mit der GfK Marktforschung eine repräsentativen Studie durch, die das Anlageverhalten der Deutschen beleuchten sollte. Die Ergebnisse sind zum Teil widersprüchlich. Was wollen die Anleger? Quelle: dpa
Wovor fürchten sich die Anleger am meisten? Die Studie zeigt: Fast die Hälfte (47,3 Prozent) der Bundesbürger sieht die steigende Inflation als größtes Problem an. 34,5 Prozent haben Sorge, dass sie ihren Lebensstandard nicht halten können. Ein Auseinanderbrechen der Währungsunion befürchten lediglich 18 Prozent. Quelle: dpa
Die Sicherheit ihrer Geldanlage hat für die Deutschen nach wie vor höchste Priorität. Für 60,3 Prozent der Befragten ist dieser Aspekt entscheidend, das sind ungefähr genauso viele wie im Vorjahr. Eine möglichst hohe Rendite spielt dagegen nur für 11,4 Prozent der Bürger eine vorrangige Rolle. Quelle: dpa
Laut Umfrage war die Risikobereitschaft der Deutschen noch nie so gering wie heute. Auf die Frage, ob sie bereit seien, bei der Geldanlage ein höheres Risiko einzugehen als früher, antworteten 93,4 Prozent der Befragten mit Nein. Quelle: dpa
Trotz minimaler Zinsen bleibt das Sparbuch mit einem Anteil von 42,4 Prozent die liebste Anlageform der Deutschen. Rund 30 Prozent legen ihr Vermögen überhaupt nicht an. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
Ein Risiko will kaum jemand eingehen. Fonds (8,8 Prozent) und Einzelaktien (4,8 Prozent) liegen abgeschlagen auf den hinteren Rängen. Das ist angesichts der wachsenden Furcht vor der Geldentwertung umso überraschender. Quelle: dpa
Auch eine Geldanlage außerhalb Europas ist für die meisten (88,9 Prozent) kein Thema, daran ändert auch die Krise offenbar nichts. Dabei raten Experten stets dazu, das Geld bei der Anlage möglichst breit zu streuen. Quelle: dpa

Aus dieser Vorgabe interpretieren viele Banken und Anlageberatern fälschlicherweise, dass eine Stiftung ihr Kapital mündelsicher anlegen muss, dass es gesetzliche Begrenzungen für eine Aktienquote gibt und dass bestimmte Anlageklassen als Investitionsobjekte gänzlich ausgeschlossen sind.

Konsequenz: Die Anlageprofis scheuen das offene Gespräch mit den Entscheidern der Stiftung. Sie bleiben aus Unwissenheit oder Vorsichtsgründen bei ihren herkömmlichen Empfehlungen mit der Folge, dass Stifter und Stiftungsvorstände heute häufig sehr unzufrieden mit der Performance des Stiftungsportfolio sind und letztlich auch reale Vermögenseinbußen hinnehmen müssen. Die geplanten Ausschüttungen an den gewählten Stiftungszweck bleiben aus und das Ziel, zum Beispiel den Bau eines Kinderheims zu unterstützen, kann nicht erfüllt werden.

Die größten Stiftungen in Deutschland

Dies ist vor allem ein Problem von kleinen Stiftungsvermögen, denn häufig werden sie nicht von professionellen Stiftungsberatern betreut, sondern von Anlageberatern, die sich ansonsten um das Privatvermögen "normaler" Kunden kümmern. Die Besonderheiten einer Stiftung sind hier in einigen Fällen gar nicht bekannt. Es gibt zwar mittlerweile in Deutschland knapp 20.000 private Stiftungen. Aber nur wenige Banken haben sich dem Thema bereits näher gewidmet und sich auf die Bedürfnisse der Stiftungen spezialisiert und weisen die erforderliche Erfahrung und Kompetenz auf.

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Jetzt fordert diese Indifferenz ihren Tribut. Aus dem Sicherheits-Rendite-Dilemma kann man sich nur mit Hilfe professioneller Unterstützung und einem individuell angepassten Anlagekonzept befreien. Stiftungen können in gewissen Umfang Risiken tragen, weil sie einen sehr langfristen Anlagehorizont haben. Damit sind grundsätzlich auch Aktien, Aktienfonds, Mittelstandsanleihen, Rentenanlagen aus Schwellenländern, Immobilienanlagen oder selbst risikoreichere Anlagen kein Problem - sofern es sich um eine vertretbare Beimischung handelt. Die Risiken sollten möglichst breit gestreut werden. Hierbei ist besonders zu beachten, das Anlageformen gewählt werden, die eine regelmäßige Ausschüttung bieten, dividendenstarke Aktien beispielsweise. Die Ausschüttungen dienen einerseits der Erfüllung des Stiftungszwecks, andererseits haben dividendenstarke Aktienwerte in der Vergangenheit bewiesen, dass sie auf lange Sicht schwankungsärmer sind als andere Aktien.

Stiftungen und risikobehaftete Anlagen schließen sich also per se nicht aus - im Gegenteil. Mit einem breiten Anlagemix lassen sich auch in der Niedrigzinsphase ausschüttungsfähige Erträge generieren. Gleichzeitig ist professionelle Beratung heute mehr gefragt denn je. Das A und O liegt dabei in einer kompetenten Beratung der Entscheidungsgremien. Der Stiftungsberater muss genauestens prüfen, inwieweit die Anlagen für die Stiftung geeignet sind und die Entscheider über die Funktionsweise der Anlagen, deren Kosten, Chancen und vor allem Risiken umfassend aufklären.

Stiftungsvorstände sollten somit stets nur Anlageformen wählen, die sie selbst nachvollziehen und verstehen können. Für dieses notwendige Umschwenken ist es jetzt höchste Zeit: Ein Aussitzen der Niedrigzinsphase ist inzwischen auch für andere institutionelle Anleger wie Versicherungen und Pensionskassen keine Option mehr.

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