Timeless Investing Dieses Fintech will das Trade Republic für NFTs werden

Seltene Sneaker – wie dieser Nike Air Jordan – sind eines der beliebtesten Assets bei Timeless. Quelle: Timeless Investment

Bei Timeless können Anleger über NFTs in seltene Sneaker, Uhren und gar Dinosaurierzähne investieren. Die Nutzerzahlen steigen rasant. Doch Kritiker warnen vor riskanter Spekulation.

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Nike-Schuhe in verschiedenen Farben und Ausführungen zieren den Instagram-Kanal, fürs Foto perfekt in Szene gesetzt. Garniert wird der Account mit Ablichtungen von edel-glänzenden Golfschlägern und teuren Uhren. All diese Objekte verkauft das Berliner Start-up Timeless Investments. Denn seltene Sammlerstücke, ist Gründer Jan Karnath überzeugt, sind wahre Renditebringer – und sollten daher heutzutage Teil einer Anlagestrategie sein.

Tatsächlich haben sich Sachwerte zu einer beliebten Anlageklasse entwickelt. Besonders seltene Sneaker beispielsweise wechseln teils für sechsstellige Beträge ihren Besitzer. Und manche Nautilus-Uhr wird für 100.000 Dollar gehandelt. Die Sammlerstücke, die Timeless in seiner Smartphone-App anbietet, sind für einen einzelnen Privatanleger in der Regel unerschwinglich. Die Idee von Timeless: Anleger kaufen nicht das komplette Sammlerstück, sondern Anteile für je 50 Euro.

Angefangen hat Karnath vor gut einem Jahr mit Sneaker und Uhren. Inzwischen finden Anleger dort allerlei Kuriositäten: Neben Pokémon-Karten, einem originalen Alien-Kostüm von Lady Gaga und signierten Songtexten vom US-Rapper Tupac können sie nun auch in den Zahn eines Tyrannosaurus Rex investieren.

„Invest in things you love“ lautet der Slogan von Timeless. Geldanlage als emotionales Erlebnis also. „Bei uns finden Anleger Investments, für die sie sich interessieren und mit denen sie sich wirklich beschäftigen“, sagt Karnath. Und zumindest das Nutzerinteresse scheint den Erfolg zu bestätigen: Binnen eines Jahres haben sich 160.000 Nutzer auf der Plattform registriert. Zum Vergleich: Trade Republic, eine der größten Smartphone-Broker Deutschlands, zählt etwa eine Million Nutzer. Doch Timeless bedient nur eine kleine Anlagenische. Allerdings hat bislang bloß etwa jeder fünfte Nutzer tatsächlich bei Timeless investiert. Das dürfte aber vor allem daran liegen, dass Anleger schnell sein müssen, wenn sie sich für ein Investment interessieren, beschwichtigt Karnath. Meist seien die Anteile innerhalb weniger Minuten ausverkauft.

Insbesondere seit Ende vergangenen Jahres sei das Nutzerinteresse bei Timeless gestiegen, beobachtet Geschäftsführer Karnath. Das dürfte wohl auch daran liegen, dass das Geschäft auf dem neuen großen Hypethema der Anlagewelt beruht: NFTs.

Das Akronym steht für non-fungible Token, im Prinzip also digitale Echtheitszertifikate. Eigentümer eines NFTs werden nach dem Kauf auf der Blockchain vermerkt. Bei Timeless werden die einzelnen Anteile als NFT verkauft und die Anteilsbesitzer anschließend auf der Blockchain als Eigentümer eingetragen.

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Noch im Frühjahr will das Fintech eine Besonderheit auf der Plattform lancieren: das NFT eines Mutant Bored Ape – ein digitales Bild eines Affen. Sie sind ist quasi der kleine Bruder des Bored Ape Yacht Club (BAYC), eine NFT-Kollektion, die besonders beliebt und teuer ist. Jüngst wurde das Bild eines digitalen Affen für fast drei Millionen Dollar verkauft. Die Mutant Bored Apes sind noch deutlich günstiger: Die Preise liegen bei etwa 50.000 Dollar. Karnath sieht hier Potenzial. Für 50 Euro pro Anteil können Anleger demnächst bei Timeless Miteigentümer des Affen-NFTs werden.

Kritiker hingegen bezeichnen den NFT-Hype als große Geldvernichtungsmaschine. Auch Michael Grote von der Frankfurt School of Finance ist skeptisch. Sneaker und Co. sieht er weniger als wirkliche Geldanlage, sondern als Hobby. Noch verheerender fällt sein Urteil in Bezug auf digitale Kunstwerke aus: „NFTs sind Spekulation in Reinform.“ Anders als bei Aktieninvestments würde mit dem Anlegerkapital nichts Produktives geschaffen. Rendite ließe sich nur erzielen, wenn jemand anders bereit sei, mehr Geld für das digitale Kunstwerk auszugeben.

NFT-Investments: Die Gewissheit, Geld zu verbrennen?

Schon heute sind die meisten NFTs keine großen Renditebringer. Dass NFTs so stark Wert zulegen wie der Bored Ape Yacht Club, ist eher die Ausnahme. Die meisten Anleger verlieren ihr Geld, weil es keine Käufer gibt, so Grote. „Wenn man unbedingt in NFTs investieren will, dann mit der Gewissheit, Geld zu verbrennen“, kritisiert er die neue Anlageklasse. Timeless-Chef Karnath sieht das naturgemäß anders: „Die Wertzuwächse des vergangenen Jahres zeigen, dass man diese Assetklasse ernstnehmen sollte.“

Im Sommer vergangenen Jahres hat Timeless eine Trading-Funktion integriert. Seitdem können Anleger ihre Anteile bei Timeless auch untereinander handeln. Andernfalls hält Timeless die Sachwerte für mehrere Jahre, so die Idee, und verkauft diese anschließend. Anleger sollten ihr Kapital plus Rendite dann ausgezahlt bekommen.

Ist das noch Geldanlage? Anleger können bei Timeless in einen Dinosaurierzahn investieren. Quelle: Timeless Investment

Timeless gibt für seine Sachwerte keine Renditeprognosen ab. Solch eine Angabe sei unseriös, so Karnath. Der Wert mancher Uhr beispielsweise steigert sich um zehn Prozent pro Jahr. Sicher ist das aber nicht. Timeless-Anleger müssen allerdings auf hohe Erträge hoffen, um die Gebühren wieder reinzuholen. Pauschal müssen sie eine Servicepauschale in Höhe von zwei Prozent pro Anteil zahlen – also einen Euro pro Anteil von 50 Euro. Mit dieser Servicepauschale macht Timeless Gewinn. Sie fällt auch an, wenn Anleger via Trading-Verfahren einen Sammlerstück-Anteil erwerben.

Hinzu kommt ein Verwahrentgelt. Timeless muss die gekauften Sneaker und anderen Sammlerstücke schließlich lagern. Die Kosten liegen hier bei zwei bis sechs Prozent – abhängig von der Assetklasse. Sneaker und Uhren sind in der Lagerung relativ günstig, Oldtimer dagegen teuer. Insgesamt müssen Anleger bei Timeless also mit Kosten in Höhe von vier bis acht Prozent rechnen.

Dass teure Sneaker und Sammelkarten in den nächsten Jahren an Wert zunehmen, davon ist Timeless-Gründer Karnath natürlich überzeugt. Die junge Anlegergeneration schreibe den Sammlerstücken schließlich einen Wert zu. Wie lange das so bleibt? Anleger müssen hoffen, dass ihre Sneaker-Anteile lange beliebt bleiben. Briefmarken oder Telefonkarten sammelt mittlerweile kaum noch jemand.

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