Übergeswapt
Das Bild von Frankfurt am Main, vor allem bekannt für seine Banken, ändert gerade in der Coronakrise. Quelle: dpa

Die Coronakrise stärkt Deutschland als Standort für Fondsmanager

Ausgerechnet die Coronakrise, die so viele verunsichert, bringt Anlegern mehr Chancen für Investitionen in Fonds. Ein neues Gesetz gibt Fondsmanagern mehr Handlungsspielraum - und das kommt auch Anlegern zugute.

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Frankfurt am Main, die Stadt der Banker, wandelt sich gerade enorm: In den Hochhäusern wird mit einer Rumpfmannschaft gearbeitet, die Anzugträger sind fast vollständig aus dem Straßenbild verschwunden. Dafür sind die Parks voll mit Familien, Joggern und Fahrradfahrern, was in merkwürdigem Kontrast zu den anhaltenden schlechten Nachrichten aus der Wirtschaft steht. Anleger von Aktien und Fonds sind jetzt verunsichert, denn die derzeit volatilen Märkte führen zu Wertschwankungen der Fondsanteile, vor allem dann, wenn Wertpapiere wie Aktien mit im Portfolio sind. Bei vielen Anlegern kommt nun Panik auf: Was wird aus den Fonds, aus meiner Altersabsicherung, meiner Immobilie?

Durchhalten ist jetzt mehr als angesagt. Für die Fondsbranche und damit für die Anleger gibt es seit einiger Zeit Hilfestellung vom Gesetzgeber und der Finanzaufsicht. So wurde Mitte Februar, nahezu unbemerkt, ein Gesetz mit einem sehr langen Namen auf den Weg gebracht: Das „Gesetz zur Einführung von Sondervorschriften für die Sanierung und Abwicklung von zentralen Gegenparteien“ sieht Regelungen vor, die tatsächlich nicht so technisch sind, wie es klingt. Ende März wurde dieses vielversprechende Gesetz dann verabschiedet. Unter anderem sieht es eine Änderung des Kapitalanlagegesetzbuchs vor, das den rechtlichen Rahmen für die Fondsbranche in Deutschland setzt. Künftig sind Teilgesellschaftsvermögen für alle Fonds möglich und das sogenannte Swing Pricing ist nun erlaubt.

Swing klingt ja eigentlich gut. So ein bisschen Schwingen auf einer Schaukel würde den ganzen Stress bestimmt mildern. Zur Erklärung: Swing Pricing ist eine international übliche Methode, die Transaktionskosten verursachergerecht zu verteilen, wenn ein Anleger Anteilsrücknahmen verlangt oder Anteile erwerben möchte. Bisher war das Szenario so: Der Anleger gibt Fondsanteile zurück, Anlagegegenstände wie Aktien müssen verkauft werden. Dabei fallen Kosten an, die nicht der Anleger trägt, sondern der Fonds – und damit alle Anleger. Und Kosten sind nie gut, vor allem wenn sie unfair erscheinen.

Jetzt ist das Szenario so: Der Anleger gibt die Fondsanteile zurück, die Anlagegegenstände müssen noch immer verkauft werden, aber die anfallenden Kosten können jetzt dem Anleger auferlegt werden. Gar nicht mehr so unfair. Der Vorteil: Dem Fonds bleibt dann mehr Geld, das für alle angelegt wird. Eine reizvolle Möglichkeit, die das Swing Pricing nun für Fonds bietet. Es gibt nur eine Ausnahme, nämlich Immobilienfonds. Und dafür gibt es gute Gründe: Bei Erwerb oder Verkauf von Immobilien fallen einfach zu hohe Transaktionskosten an, als dass einer diese allein tragen sollte.

Es muss nicht mehr das Ausland sein

Ein weiterer Vorteil des Gesetzes ist, dass alle Fonds künftig Teilgesellschaftsvermögen auflegen können. Im Ausland ging dies schon lange. Der Fondsstandort Deutschland wird nun also gestärkt – ein äußerst günstiger Nebeneffekt des neuen Gesetzes. Jetzt können unter einem Dach verschiedene Anlagestrategien verfolgt werden, auch wenn diese rechtlich und haftungsrechtlich strikt voneinander getrennt sind. Das spart Kosten, weil nun nur noch ein Fonds aufgelegt werden muss, wo vorher zwei Fonds gebraucht wurden. Endlich! So werden voraussichtlich mehr Fonds in Deutschland aufgelegt werden, weil nun der Schritt ins Ausland weniger attraktiv ist.

Weitere Erleichterungen werden Fondsmanagern daneben derzeit von den Aufsichtsbehörden auf europäischer und nationaler Ebene gewährt. Die größte: Wie fast alle in etwaigen anderen Branchen sind nun auch die Fondsmanager ins Homeoffice gewechselt – und dürfen von dort aus handeln. Außerdem darf es jetzt aufgrund von Corona bei der Erstellung und der Prüfung der Berichte von Fondsmanagern zu Verzögerungen kommen, um ein bis zwei Monate, und währenddessen ist nicht mit aufsichtsrechtlichen Sanktionen zu rechnen. Außer in dem Fall, in dem weder die nationalen Aufsichtsbehörden noch die Anleger über die Verzögerung informiert werden. Ein kurzer Anruf oder eine Mail und die Sache ist erledigt. Stress gespart.

Es gibt somit einen kleinen Lichtblick in der Coronazeit: Sowohl Aufsicht als auch Gesetzgeber denken an den Anleger und geben den Fondsmanagern dieses Landes Instrumente an die Hand, um die Investitionen zu schützen. Durchhaltevermögen ist die Anlagestrategie der Stunde. So lässt sich vieles überstehen. Ganz sicher auch die gespenstische Stille in den Hochhäusern von Frankfurt.

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