Übertriebene Regulierung Die Rendite ist wie festgenagelt

Nach der Finanzkrise haben Kontrolleure die Regeln am Markt vielfach verschärft – zu oft zum Leidwesen der Anleger. Sechs Regeln für Profi-Investoren, die Anleger schützen sollen, aber das Gegenteil bewirken.

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Anlegerschutz nach der Finanzkrise: Verschärfte Regeln am Markt sind oft zum Leidwesen der Anleger. Quelle: Getty Images

Der Kronzeuge ist nicht einer dieser jungen Wilden, die jeder Mode hinterherrennen.
Friedrich von Metzler ist Bankier aus einer Familie, die sich seit dem Jahr 1674 mit ihrem Fach beschäftigt. Sie hat Kriege, Depressionen und Höhenflüge überstanden. Klar ist, wenn ein Spross dieser Familie eine kritische Beobachtung wiederholt, dann macht er das mit Bedacht: „Eine schärfere Regulierung“, sagt der Bankier oft, „bringt oft nur Scheinsicherheit und mag Auswüchse begrenzen. Eine Überregulierung ist aber eher gefährlich und lenkt von den wirklichen Risiken ab.“

Der Satz ist Salz in die Wunden der Anleger, die seit der Finanzkrise tief verunsichert sind. Handeln nicht die Kontrolleure von Zentralbank, Bundesbank und Finanzaufsicht zu ihrem Besten? Scheinsicherheit? Gefährliche Überregulierung? Welche Risiken meint dieser Kronzeuge, der doch schon qua Geburt ein Finanzmarktversteher sein sollte? Die WirtschaftsWoche hat sich auf die Suche begeben. Sechs Regeln sind es, die sich Finanzmarktkontrolleure ausgedacht haben, um Anleger zu schützen, mit denen sie aber tatsächlich das Gegenteil erreichen.

Die starken und schwachen Lebensversicherer
Platz 12: Ergo Leben Quelle: dpa
Platz 11: Provinzial Nordwest Quelle: dpa
Platz 9: Aachen-Münchener Leben Quelle: Presse
Platz 9: Generali Leben Quelle: dpa
Platz 7: Bayern-Versicherung Quelle: dpa
Ebenfalls Platz 7: Zurich Deutscher Herold Quelle: dpa
Platz 6: Cosmos Leben Quelle: Presse

Das Ende der Lebensversicherung

Mit 74 Millionen Verträgen ist die Lebensversicherung eine der beliebtesten Anlagen. Dumm nur, dass derzeit Millionen Sparer zusehen, wie die Rendite dieser Policen wegen des Niedrigzinses schmilzt: dieses Jahr voraussichtlich auf unter drei Prozent. Ein Grund dafür ist, dass die Lebensversicherer das Geld der Sparer nur zu durchschnittlich 4,3 Prozent in Aktien anlegen, der Löwenanteil liegt in Zinspapieren. Der niedrige Aktienanteil ist nicht Ergebnis übertriebener Vorsicht — sondern vom Gesetzgeber so verlangt. Weil die Lebensversicherer für ihre Policen das Versprechen abgeben, dass sich die um die Kosten geminderten Beiträge der Sparer jedes Jahr mit einem garantierten Zins vermehren, müssen sie dieses Geld besonders sicher anlegen. Derzeit liegt der Garantiezins für Neukunden bei 1,25 Prozent, 2017 soll er auf 0,9 Prozent sinken. Auf den ersten Blick ist das wenig, aber die Lebensversicherer haben noch Policen im Bestand mit einem Garantiezins von bis zu vier Prozent.

Damit die Versicherer auch diese Garantien erfüllen können, greift das Regulierungspaket „Solvency II“, das die Konzerne zwingt, Aktienanlagen mit Eigenkapital zu unterlegen. Daran fehlt es jedoch vielen Versicherern, wofür wiederum eine Vorschrift sorgt: Die sogenannte Mindestzuführungsverordnung schreibt den Konzernen vor, wie stark sie ihre Kunden an Überschüssen beteiligen müssen. Das Geld, das sie verteilen, fehlt ihnen, um Eigenkapital zu bilden. „Versicherer, die über wenig Eigenmittel verfügen, geraten durch Solvency II und die Vorschriften zur Überschussbeteiligung in eine Zwickmühle“, sagt Hermann Weinmann, BWL-Professor an der Hochschule Ludwigshafen.

Auch kleinere Lebensversicherer, die sich von Solvency II befreien können, werden reguliert. Eine Verordnung regelt bis ins Kleinste, wie das Vermögen anzulegen ist. So dürfen Versicherer beispielsweise insgesamt nicht mehr als 35 Prozent in nachrangige Darlehen, Genussrechte, Aktien und andere Unternehmensbeteiligungen investieren. Wenn sie das Geld der Sparer bedroht sehen, können die Aufseher die Quote sogar auf nur zehn Prozent beschränken.

Die Folge der Regulierung sind Produkte ohne oder mit abgespeckten Garantien. Sicherer sind die nicht.

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